VfB Stuttgart gegen 1. FC Union Berlin Wie der VfB ein verloren geglaubtes Spiel dreht
Die Stuttgarter gewinnen dank einer fulminanten zweiten Hälfte mit 3:2. Dabei sticht nicht nur der Joker Nick Woltemade. Es gibt auch andere Gründe für den Sieg.
Die Stuttgarter gewinnen dank einer fulminanten zweiten Hälfte mit 3:2. Dabei sticht nicht nur der Joker Nick Woltemade. Es gibt auch andere Gründe für den Sieg.
Was für ein Spiel! Der VfB Stuttgart hat eine nach dem Wechsel spektakuläre Begegnung für sich entschieden – mit 3:2 (0:1). Doch dafür benötigte der VfB mit den leisen internationalen Ansprüchen alles an Energie und Willenskraft. Denn die strapazierte Mannschaft von Sebastian Hoeneß lag bereits mit 0:2 zurück. Dann kam ein Mann mit voller Wucht: der eingewechselte Nick Woltemade erzielte zwei Tore zum Ausgleich, ehe Atakan Karazor der erlösende Siegtreffer gelang.
Damit rückt der VfB in der Tabelle nach vorne. Zunächst ging es aber erst einmal darum, Räume zu schaffen. Dafür war Präzision im Passspiel und auch Schnelligkeit beim Umschalten nach vorne gefordert. Denn die Gäste aus Berlin knüpften ein enges Defensivnetz. Dazu trat die Mannschaft von Union-Coach Bo Svensson aggressiv und laufstark auf. Die Stuttgarter versuchten es mit Ballbesitzfußball und auch Geduld.
Ein Durchkommen gab es anfangs nicht, jedenfalls nicht im entscheidenden Drittel. Dabei vertraute Trainer Hoeneß auf eine Startelf, die er gegenüber dem Pokalerfolg in Regensburg (3:0) auf sechs Positionen verändert hatte. Es war die stärkste Formation, die aktuell möglich ist. Alexander Nübel stand wieder zwischen den Pfosten und in der Abwehr besetzten Leonidas Stergiou und Maximilian Mittelstädt die Außenposten. Im Mittelfeld nahm Karazor seine angestammte Rolle im Zentrum ein und Josha Vagnoman kam über die rechte Seite. Auch er sollte Ermedin Demirovic in der Angriffsspitze unterstützen.
Der Torjäger kam dann zum vermeintlich ersten Abschluss – nach einem Pass in die Tiefe von Enzo Millot (22.). Trotz der Abseitsstellung von Demirovic zeigte diese Aktion, wie es gegen die Eisernen aus Köpenick gehen könnte. Eine Lücke fanden die Gastgeber bis zur Pause jedoch nicht. Der VfB-Taktgeber Angelo Stiller probierte es zwar mit Chipbällen – aber ohne Erfolg. Nur Millot wirkte im Mittelfeld umtriebig, die Flügel mit Chris Führich und Josha Vagnoman in den offensiven Rollen lahmten dagegen. Es regierte die Ereignislosigkeit im Strafraum der Berliner.
„Ehrlich gesagt, war es schwer anzuschauen, was wir in der ersten Hälfte gespielt haben. Das war mutlos“, sagte Hoeneß. Zudem leisteten sich die Stuttgarter nach eine Unachtsamkeit in der Abwehr. Diese nutzte Danilho Doekhi per Kopf zum 1:0 (37.). Der Nationaltorwart Nübel sah nicht gut aus. Doch zuvor waren seine Vorderleute zu passiv bei der Flanke von Andras Schäfer. In Summe ergab das einen Rückstand, der zum einen vermeidbar war und der zum anderen die Aufgabe enorm erschwerte.
In der Halbzeit reagierte Hoeneß und brachte den Angreifer Woltemade für den Verteidiger Stergiou – ein klares Signal, wohin es laufen sollte. Nur Union hielt sich nicht daran. Schnell hieß es 0:2. Robert Skov flankte und Rani Khedira berührte den Ball leicht mit dem Kopf, der schließlich im Netz landete (48.). Und dann? Schlug der VfB zurück. Woltemade behielt die Nerven, umkurvte den Schlussmann Frederik Rönnow und traf (51.).
Die Stuttgarter blieben dran, dank Woltemade. Der Joker stach gleich noch einmal. Überlegt gelang dem Schlaks der Ausgleich (59.). In beiden Szenen wusste sich der 22-Jährige geschickt anzustellen. Damit nahm die Partie eine Wende. Das Hoeneß-Team drehte im emotionalen Hoch auf.
Was jedoch auch zur Wahrheit gehörte: Die Union-Fans zeigte eine Choreografie mit Rauch und Raketen, was zu einer Spielunterbrechung kurz nach dem ersten Woltemade-Tor führte. Danach lief bei den Berlinern nicht mehr viel und beim VfB wurde es deutlich besser. Vor allem mit Woltemade, Demirovic und Millot ging es vorwärts.
Doch es blieb dem Kapitän vorbehalten, seine Mannschaft in Führung zu bringen – auf Einladung des Gästekeepers. Rönnow spielte Karazor das Spielgerät in die Beine und der Deutsch-Türke erzielte sein erstes Bundesligator (68.). Hinten lenkte er kurz darauf bei einer Rettungsaktion das Spielgerät an die Latte (71.). Die Aufregung wollte offenbar kein Ende nehmen. Auch nicht im Gästeblock, wo es einen medizinischen Notfall gab. Aus Respekt stellten die Anhänger deshalb in der Schlussphase die Unterstützung der Teams ein. Nach dem Abpfiff hieß es, der Zustand der Person sei stabil.