Auch gegen Genk werden die Stuttgarter am Donnerstagabend vor leeren Rängen spielen. Die Europa League haut keinen vom Hocker. Und das liegt nicht nur daran, dass beim VfB Stuttgart derzeit nicht alles rund läuft.

Stuttgart - Er wird wieder den dunklen Anzug aus dem Schrank holen und eine Krawatte um den gebügelten Hemdkragen binden. Auch optisch dokumentiert Bruno Labbadia gerne, dass Spiele im Europapokal für ihn etwas ganz Besonderes sind. Es mache großen Spaß, sich mit internationalen Mannschaften zu messen, sagt der VfB-Trainer und schwärmt vor den Duellen mit dem KRC Genk von dem „Hexenkessel“ und den „euphorischen Fans“, die auf sein Team warten – allerdings frühestens im Rückspiel nächste Woche in Belgien.

 

Die Mercedes-Benz-Arena in Stuttgart, wo heute Abend (21.05 Uhr/Sky) das Hinspiel im Sechzehntelfinale der Europa League stattfindet, wird wieder die ganze Tristesse eines gähnend leeren Fußballstadions entfalten. Nur 8000 Karten hat der VfB im Vorverkauf abgesetzt. Dass der Club zumindest auf 15 000 Zuschauer hofft, liegt daran, dass Genk fast 4000 Gästefans mitbringt. Die Europa League in Stuttgart – sie ist seit Jahren ein großes Missverständnis. Ein ganzes Jahr lang kämpft der VfB immer darum, mitspielen zu dürfen – und stellt dann betrübt fest, dass es in Stuttgart kaum einen interessiert.

Warum kommen so wenige Zuschauer?

„Es hat mit unserer sportlichen Situation nichts zu tun, dass in der Europa League so wenig Leute ins Stadion kommen“, sagt Labbadia. Im Bad habe er sich gestern Morgen daran erinnert, wie er vor Jahren einmal ein VfB-Spiel gegen Standard Lüttich besucht habe – und auch damals sei das Stadion leer gewesen. Lediglich 47 800 Besucher kamen insgesamt im vergangenen Herbst zu den drei VfB-Heimspielen in der Gruppenphase – weit weniger als die Hälfte des Zuspruchs in Mönchengladbach und Hannover.

Natürlich gibt es ein paar Gründe für die schwache Resonanz, die dem VfB nicht anzulasten sind: die späte Anstoßzeit etwa oder die frostigen Temperaturen. „Allerdings sind wir auch selbst daran schuld, dass viele Zuschauer zu Hause bleiben“, sagt der Innenverteidiger Georg Niedermeier: „Wir müssen jetzt die Voraussetzungen dafür schaffen, dass beim nächsten Mal wieder mehr kommen.“

Auch in der Bundesliga sind die Lücken im Stadion angesichts der schwachen Leistungen und der fünf Niederlagen hintereinander zuletzt immer größer geworden. Wie so oft in der Vergangenheit kommt der internationale Auftritt also auch diesmal zu einem Zeitpunkt, an dem es für den Verein Wichtigeres gibt – auch das gehört zum ewigen Missverständnis Europa League.

Warum die Europa League trotzdem wichtig ist

Labbadia („Auf den Punkt gebracht: Das nächste Spiel ist das Wichtigste“) will nicht den Eindruck entstehen lassen, dieser Wettbewerb habe derzeit stark nachrangige Bedeutung. Doch steht außer Frage, dass das Hauptaugenmerk neben der Bundesliga, die am Sonntag mit dem Spiel in Hoffenheim weitergeht, vor allem auf dem DFB-Pokalwettbewerb liegt. Dort hat der VfB vor dem Viertelfinale am 27. Februar gegen den VfL Bochum die große Chance, mit zwei bis drei Siegen die gesamte Saison zu retten. Dass es hingegen international richtig weit gehen könnte, das mag beim VfB vermutlich niemand ernsthaft glauben. Bei neun Europapokalteilnahmen seit dem Jahr 2001 war jedes Mal spätestens nach dem Februartermin Endstation.

Trotzdem sagt Niedermeier tapfer: „Ich sehe uns in der Favoritenrolle.“ Und Bruno Labbadia, der auf Daniel Didavi (Rückschlag nach Knieverletzung) und womöglich auch Christian Gentner (Bluterguss am Schienbein) verzichten muss, erklärt: „In der Europa League gibt es die Vorgeschichte mit fünf Niederlagen nicht. Da zählt nur der Augenblick.“

Die voraussichtlichen Aufstellungen:

VfB Stuttgart: Ulreich – Sakai, Tasci, Niedermeier, Boka – Kvist, Gentner (Holzhauser) – Harnik, Okazaki, Traoré - Ibisevic.

KRC Genk: Köteles – Ngcongca, Simaeys, Koulibaly, Tshimanga – Kumordzi – Buffel, Gorius, Hyland, de Ceulaer – Vossen.

Schiedsrichter: de Sousa (Portugal).