Die Vergangenheit hat Ruh! Völlig losgelöst feiern die Fans. Die Spieler beglückwünschen sich. Es herrscht Euphorie. 6:2 – war das der Befreiungsschlag, auf den der Verein so lange und so sehnsüchtig gewartet hat? Das Spiel gegen Hoffenheim in der StZ-Analyse.
Stuttgart - Die Vergangenheit hat Ruh! Völlig losgelöst feiern die Fans. Die Spieler beglückwünschen sich. Offensichtlich fallen Lasten von ihnen ab. Es herrscht Euphorie. Mittendrin ist Thomas Schneider. Das passt. Er will ja unbedingt Begeisterung auslösen und nach vorne schauen, was er gleich nach seinem Amtsantritt vor einer Woche betont hat. Nach dem Derby gegen Hoffenheim blickt der neue Trainer des VfB aber auch sicher mal gerne kurz zurück – auf aufregende 90 Minuten und vielleicht sogar auf einen Neuanfang, den der Club da gemacht hat.
6:2 – war das nach schwierigen Monaten der Befreiungsschlag, auf den der Verein so lange und so sehnsüchtig gewartet hat? „Wir sind als Einheit aufgetreten“, sagt Schneider. Ist die komplizierte Vergangenheit hiermit bewältigt? Hat die Zukunft begonnen? Wird sie unkomplizierter?
Die Antworten folgen in den nächsten Wochen, aber dass sich diese Fragen überhaupt stellen, hätte um 15.30 Uhr wohl kaum einer im Stadion gedacht. Um 17.30 Uhr strahlt jedoch nicht nur Schneider. Leicht war es für ihn nicht, da er die Altlasten seines Vorgängers Bruno Labbadia mit übernommen hat – in Form der trüben Stimmung und des Fehlstarts in die Bundesligasaison mit null Punkten aus den ersten drei Begegnungen. Eine schlechtere Auftaktbilanz gab es für den VfB noch nie.
Glänzender Einstand des Trainers
Das war die Hypothek für die vierte Partie dieser Runde gegen Hoffenheim. Die Mannschaft stand unter Druck, zumal nach dem Aus in der Europa League gegen Rijeka, das den Club viel Geld gekostet hat. Deshalb können die drei Millionen Euro, die der VfB für Serdar Tasci von Spartak Moskau kassiert, nur zu einem geringen Teil in einen Nachfolger des Kapitäns investiert werden – wenn überhaupt. Vilson vom brasilianischen Zweitligisten SE Palmeiras kommt jedenfalls nicht. „Wir sind uns nicht einig geworden“, sagt der Manager Fredi Bobic.
Der verletzte Tasci wurde vor dem Anpfiff gegen Hoffenheim vom VfB verabschiedet. Er hinterlässt eine Lücke in der Innenverteidigung, die auch wegen der Verletzung von Georg Niedermeier zur Problemzone wurde. Schneider weiß das seit Rijeka. Er reagierte, indem er Benedikt Röcker auf die Bank setzte. Dafür rückte Daniel Schwaab in die Abwehrmitte. Für „frischen Wind“ im Vergleich zu Rijeka wollte Schneider sorgen, etwa mit Moritz Leitner, Alexandru Maxim und Timo Werner, die Martin Harnik, Cacau und Ibrahima Traoré ersetzten. Der Plan ging auf. So war es ein Sieg der Mannschaft, aber auch ein Erfolg für den Trainer, der einen glänzenden Einstand in der Liga gefeiert hat.
Leitner sorgte für die erste gefährliche Aktion. Sein Schuss verfehlte das Tor noch (10.). Zwei Minuten später machte es Antonio Rüdiger besser. Nach einem schnell ausgeführten Freistoß von Leitner auf Maxim landete der Ball bei ihm – und im Netz: 1:0, das erste Bundesligator des Abwehrspielers. Und Hoffenheim? Anthony Modeste verfehlte das Ziel (18.). Mehr hatten die Gäste nicht zu bieten – im Gegensatz zum VfB.
Der VfB setzte sich souverän gegen seinen Gegner durch
Beispiele? Wieder leistete Maxim die Vorarbeit, dieses Mal mit einer Ecke. Jetzt stand Vedad Ibisevic richtig und traf per Kopfball (19.). Das war ein anderes Team als unter Labbadia – frischer, frecher, fröhlicher. Und selbstbewusster. So folgte die Antwort auf den Hoffenheimer Anschlusstreffer durch Kevin Volland (26.) prompt. Maxim nutzte einen Fehler des Keepers Koen Casteels zum 3:1 (28.). Es war Zug drin – zwischendurch auch bei den Hoffenheimern. Aber der VfB schaffte es, den Rhythmus des Gegners zu stören. Dazu setzte er Nadelstiche wie in der 44. Minute, als der unbekümmerte Werner, 17, den Ball über das Gehäuse setzte.
Das war erst der Anfang. Das Beste kam noch – wie das 4:1, das erneut Ibisevic erzielte (47.). Noch schöner war die Aktion von Maxim, der Casteels mit einem Kunstschuss überwand (55.). Dann hatte Werner seinen Auftritt. Eine Maßflanke – und es hieß: Ibisevic, zum Dritten (63.). 6:1. Das zweite Hoffenheimer Tor durch Firmino (87.) interessierte nur noch die Statistiker.
„Es hat einfach Spaß gemacht“, sagt Ibisevic. Das ist die Gegenwart. War da in der Vergangenheit vielleicht was?