Warum es für den VfB Stuttgart jetzt nicht so leicht ist, in der Tabelle wieder nach oben zu kommen, wie für Borussia Mönchengladbach vor vier Jahren.

Stuttgart - Wenn es nach Robin Dutt geht, wird es beim VfB Stuttgart morgen noch nicht entscheidend besser, aber vielleicht ja übermorgen oder überübermorgen. Auf jeden Fall bittet der Sportvorstand nach dem 1:0 gegen Ingolstadt um Geduld. „Wir sind ganz am Anfang unseres Wegs, der sich einige Jahre hinziehen wird“, sagt er. Auf diese Weise will Dutt auch den Druck von seiner Mannschaft und seinem Trainer Alexander Zorniger nehmen. Aber natürlich hätte er nichts dagegen, wenn der Prozess zügiger zum Abschluss gebracht werden könnte – so wie in Mönchengladbach.

 

In der Saison 2010/11 stand die Borussia am Abgrund. Der Sturz in die zweite Liga drohte – wie beim VfB in der vergangenen Runde. Dann übernahm der Trainer Lucien Favre das Kommando, der den Club in letzter Minute retten konnte – die Wende. Zwölf Monate später erreichte das Team als Tabellenvierter die Qualifikation für die Champions League, und seitdem gehört die Borussia zur Spitze in der Liga. Das ist auch das Ziel des Wegs, den Dutt und der VfB gerade beschreiten. Aber am Niederrhein hat die Entwicklung nicht bis übermorgen oder überübermorgen gedauert. Warum nicht?

Die Aufräumarbeiten gehen weiter

Für Dutt hat die Antwort damit zu tun, dass die Aufräumarbeiten beim VfB komplizierter und vielschichtiger sind als damals in Mönchengladbach, wo der Spielerkader nach dem Klassenverbleib im Sommer 2011 zunächst kaum verändert wurde. Der VfB hat dagegen aktuell einen Umbruch vorgenommen, der nicht beendet ist. So werden auch nach dieser Saison wieder Profis wie wohl Daniel Didavi und Martin Harnik gehen, andere kommen. Weitere Veränderungen könnte es auch an höheren Stellen im Verein geben, da etwa die Verträge des Chefscouts Ralf Becker und des Torwarttrainers Andreas Menger auslaufen. Ob und mit wem die Zusammenarbeit fortgesetzt wird, ist ungewiss.

Die Borussia konnte einst dagegen auf Kontinuität setzen, weil sie sich nicht in einem solchen Unruhezustand befunden hat wie heute der VfB, der nicht nur in seiner Mannschaft einen Schnitt machte, sondern auch im Aufsichtsrat und im Vorstand. Das muss sich alles erst nach und nach finden, wobei laut Dutt immer mit Rückschlägen zu rechnen ist. Zumal der VfB noch den Ansatz verfolgt, ein Spielsystem einzuführen, das für alle Teams bis in den Jugendbereich gilt. Auch dieses Unterfangen wird nicht schnörkellos verlaufen, was zuletzt die Partien in Hoffenheim (2:2) und gegen Ingolstadt gezeigt haben. Da war nicht mehr viel zu sehen von der offensiv-attackierenden Philosophie mit Pressing und Gegenpressing – eine Strategie, die Zorniger als alternativlos bezeichnet. Doch dafür gibt es Gründe, denn in Daniel Ginczek, Christian Gentner und Filip Kostic fehlten Spieler, die für die Umsetzung des Trainerkonzepts elementar wichtig sind. Ohne dieses Trio heiligte der Zweck die Mittel.

Gladbach holt gute Neuzugänge

So konnte Gladbach insgesamt schneller wachsen. Die finanzielle Seite kam hinzu, nachdem 2012 der Transfer von Marco Reus nach Dortmund 17 Millionen Euro in die Kasse spülte. Dafür wurden ein Jahr später Max Kruse und Raffael verpflichtet – zwei Treffer. Sollten Didavi und Harnik den VfB im Juli verlassen, fließt kein Geld, weil beide nicht mehr vertraglich gebunden sind.

Dennoch benötigt Dutt dann Ersatz, um die nächsten Schritte auf dem Weg zurücklegen zu können. Wirtschaftlich sind aber keine großen Sprünge drin. So ist er darauf angewiesen, entweder Talente aus dem eigenen Nachwuchs nach oben zu führen oder Spieler zu entdecken, die noch nicht auf der Liste reicherer Clubs stehen. Das ist schwierig – eine Erfahrung, die der VfB bereits im August gemacht hat, als ein Innenverteidiger gesucht wurde. Viele Möglichkeiten gab es nicht, und ob Toni Sunjic jetzt die gewünschte Verstärkung ist, erscheint nach den bisherigen Eindrücken fraglich.

Die Borussia setzte dagegen seit 2011 auf die richtigen neuen Leute. So schaffte es die Mannschaft in dieser Runde auch, ihren Fehlstart auszubügeln. Womöglich hat der VfB da gegen Ingolstadt jedoch auch einen Anfang gemacht. In Stuttgart dauert eben alles etwas länger. Aber Hauptsache, es wird überhaupt mal besser, denkt sich Dutt.