Nach den Ausschreitungen beim Fußballderby am Sonntag wollen Polizei, Stadt und VfB Stuttgart dringend miteinander sprechen. Es geht um die Sicherheit im Stadion.

Lokales: Wolf-Dieter Obst (wdo)

Stuttgart - Wie kann es sein, dass trotz intensiven Vorkontrollen und 900 Ordnern im Stadion ein ganzes Arsenal von Böllern, Leuchtraketen und Bengalofeuer im Gästeblock abgefeuert werden kann und ein Fußballspiel kurz vor dem Abbruch steht? Zur Beantwortung dieser Frage ist am Montag in zahlreichen Terminkalendern geblättert worden. „Die Polizei wird das Gespräch mit den anderen Sicherheitsverantwortlichen suchen“, sagt Polizeisprecher Stefan Keilbach. „Da könnte ein ernstes Wort gesprochen werden“, sagt Stadt-Sprecher Sven Matis. „Man wird darüber beratschlagen, was man vielleicht an der einen oder anderen Stelle mehr tun kann“, heißt es beim VfB .

 

Die Manöverkritik wird wohl nächste Woche stattfinden – nach Ostern und vor dem nächsten Heimspiel gegen Union Berlin am 24. April. Nach den Ausschreitungen aus dem Lager des schwarzen Blocks des Karlsruher SC beim schwäbisch-badischen Derby am Sonntag geht es freilich auch um die Gretchenfrage: Muss bei einem Hochrisikospiel die Freiheit des normalen Fußballfans noch weiter beschnitten werden?

Selbst Ordner geraten ins Visier

Die Sicherheitsfirma, die seit Jahren mit dem VfB zusammenarbeitet und gut 900 Ordner stellte, war zu einer Stellungnahme nicht zu erreichen. Die Geschäftsführung des Fellbacher Unternehmens verwies an den Auftraggeber VfB. Dabei war die Lage offenbar auch für die Ordner selbst äußerst brisant. „Wir mussten uns mehrfach schützend zurückziehen, wurden mit polnischen Böllern, Bechern und Feuerzeugen beworfen“, sagt ein Ordner, der unmittelbar am Zaun der KSC-Fans eingesetzt war. Man habe trotzdem die Arbeit gemacht, „während wir unsere Atemwege mit Handschuhen vor dem Rauch schützen mussten“.

Wegen des laufenden Verfahrens könne man sich nur begrenzt zum Thema äußern, heißt es beim VfB. „Wir haben aber alles getan, was in unserer Macht steht“, so ein Sprecher. Beim VfB ist zu hören, dass die einzige Alternative Vollkontrollen wie auf dem Flughafen seien – dies aber völlig unrealistisch sei. „Letztlich sind die Kontrollen auf Fans ausgelegt“, sagt einer, der namentlich nicht genannt werden will, „und nicht auf Kriminelle.“

Auf der Heimfahrt wird ein Zündler gefasst

Dass die Pyrotechnik immer kleiner und handlicher wird, dass Körperöffnungen nicht kontrolliert werden, erleichtert den Böller-Schmugglern ihr Werk. Ein Ordner konnte im Stadion jedenfalls deutlich beobachten, wie im unteren Drittel des Gästeblocks einige Rowdys ihre Knallkörper aus der Unterhose wieder auspackten.

„Die Zahl der Feuerwerkskörper war ganz schön erschreckend“, sagt Stefan Praegert vom städtischen Ordnungsamt. Der Ordnungsdienst sei Sache des Veranstalters VfB, sagt er, jedoch sei alles vorher eng mit der städtischen Behörde abgestimmt gewesen. Das habe bisher stets sehr gut funktioniert, sagt Praegert, „nur in diesem Fall nicht so gut“. Die Besprechung werde zeigen, wo und wie man „nachsteuern“ könne.

Immerhin kann die Bundespolizei ihren ersten Ermittlungserfolg vermelden: Einer der zahlreichen Zündler aus den KSC-Fanreihen ist identifiziert. Dabei handelt es sich um einen 18-Jährigen, der bei der Ankunft am Sonntagvormittag am Stuttgarter Hauptbahnhof in der Menge einen Böller zündete. „Der Verdächtige wurde dabei gefilmt und bei der Rückfahrt um 17.20 Uhr von unseren Einsatzkräften wiedererkannt“, sagt Bundespolizei-Sprecher Daniel Kroh. Gegen ihn werde wegen Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz ermittelt.

Schaden in den Zügen über 100.000 Euro

Die Suche nach den KSC-Randalierern, die in einer S-Bahn die Deckenverkleidung demolierten, dauert an. „Die Täter haben sich vermummt und die Videokameras abgeklebt“, sagt Kroh.

Nun werden andere Filmsequenzen ausgewertet. Die Bahn AG hat den Schaden in drei Zügen auf „deutlich über 100 000 Euro“ beziffert. Freilich waren nicht nur die KSC-Hooligans die Bösen. So haben offenbar VfB-Ultras in Karlsruhe das dortige Institut für Technologie der Universität mit einem großen Graffito beschmiert. Außerdem sucht die Polizei Unbekannte, die am Sonntag gegen 17 Uhr in der Heilbronner Straße in Feuerbach einen Mercedes-Transporter angriffen, in dem KSC-Fans saßen. Das Fahrzeug wurde mit Tritten verbeult, die Windschutzscheibe zerstört.