Der Präsident des Bundesligisten VfB Stuttgart hört am 3. Juni auf. Fredi Bobic wird in den Vorstand berufen.

Stuttgart - Natürlich freut sich Günter Sawitzki an diesem Abend auch einmal. Etwa, als dem früheren Nationaltorhüter, der zwischen 1956 und 1971 insgesamt 330 Spiele für den VfB Stuttgart bestritten hat, die Ehrenmitgliedsmedaille des Clubs überreicht wird. Es ist ein festlicher Rahmen und ein festlicher Akt, aber von einer festlichen Stimmung ist am Dienstag wenig zu spüren. Angesichts der Turbulenzen in der Vereinsführung blutet den Kämpen im Saal vielmehr das Herz. Erst recht, als Gerd Mäuser das Mikrofon ergreift. In seiner Rede verniedlicht er die Probleme wieder einmal und erwähnt mit keiner Silbe, was am nächsten Tag geschehen wird. 80 Jahre alt hat Sawitzki werden müssen, um ein solches Chaos zu erleben.

 

Mäuser ist 55 und hat zum VfB keine so gewachsene und emotionale Beziehung wie Sawitzki. Aber er ist seit Juli 2011 der Präsident – ein Amt, das er jetzt jedoch die längste Zeit besetzt hat. 18 Stunden nach der Auszeichnung von Sawitzki verschickt der VfB eine Pressemitteilung mit einer Stellungnahme des Aufsichtsratschefs Dieter Hundt. Er teilt erstens mit, dass sein Gremium in der Sitzung am Samstag einstimmig beschlossen habe, den Manager Fredi Bobic sofort zum Vorstandsmitglied zu berufen. Die Beförderung von Bobic gewährleistet, dass der Vorstand weiter wie in der Satzung gefordert aus mindestens zwei Personen besteht. Zweitens erklärt Hundt, dass Mäuser angekündigt habe, zum 3. Juni 2013 zurückzutreten. Die Neuwahl des Präsidenten erfolge in der Mitgliederversammlung am 22. Juli. Den 3. Juni hat Mäuser wohl gewählt, weil am 1. Juni das Pokalfinale in Berlin stattfindet. Wenn der VfB am Mittwoch gegen Freiburg gewinnt, ist er dabei – und Mäuser hätte noch einen besonderen Auftritt.

Mangelhafte interne Kommunikation

Das Aus von Mäuser zeichnete sich spätestens seit der Samstagsrunde des Aufsichtsrats deutlich ab (die StZ berichtete). Zu groß war auf allen Ebenen die Ablehnung gegenüber dem früheren Porsche-Marketingchef, der sich mit seiner rigiden Art beim VfB und um den VfB herum zwischen alle Stühle gesetzt hatte. Um die Trennung von Mäuser zu besiegeln, war dann kein weiteres Treffen des Kontrollgremiums mehr nötig.

Dennoch war auch der Mittwoch geprägt von manchen Irritationen. So wussten nach StZ-Informationen kurz vor der Verkündung der Entscheidung noch nicht alle Aufsichtsratsmitglieder, was gleich in ihrem Verein passieren würde. Andere Institutionen im Club waren ebenfalls ratlos und wurden vor vollendete Tatsachen gestellt. Eine interne Kommunikation hat offensichtlich kaum stattgefunden. Das ist der Zustand, in dem sich der VfB befindet – was dann auch die Begeisterung bei dem Ehrenabend von Sawitzki am Dienstag ganz erheblich gedämpft hat.

Die weitere Richtung ist unklar

Sicher ist nur, dass nichts sicher ist. Dieter Hundt muss einen Nachfolger von Mäuser suchen. In welche Richtungen seine Überlegungen gehen, kann momentan keiner beim VfB sagen. Allem Anschein nach ist es so, dass Dieter Hundt darüber bis jetzt nur mit Dieter Hundt spricht. Womöglich gelangt er dann zu der Erkenntnis, dass es jeder von ihm vorgeschlagene Kandidat sehr schwer haben wird, auf der Mitgliederversammlung gewählt zu werden. Denn Hundt hat wie Mäuser im Umfeld kaum noch Kredit.

Eine Stimmenmehrheit ist wohl nur zu erzielen, wenn es Hundt gelingt, eine VfB-Ikone ins Rennen zu schicken – beispielsweise Jürgen Klinsmann, was indes total unrealistisch ist. Hermann Ohlicher und Karlheinz Förster würden diesem Profil auch entsprechen, aber sie haben bereits abgewinkt. Vielleicht würde sich trotzdem ein Anruf lohnen, wie bei Dieter Hoeneß. Theoretisch denkbar wäre auch eine Art Doppelspitze mit Fredi Bobic und einem Wirtschaftsspezialisten wie Dieter Spöri. Klar ist nur: Sawitzki wird es nicht.