Um die Ausgliederung der Fußballer in eine AG auf der Mitgliederversammlung vom Sommer 2017 im Sinne der Clubführung zu beeinflussen, soll der VfB Mitgliederdaten an Dritte weitergereicht haben. Im Zentrum eines Berichts des „Kicker“ steht dabei VfB-Kommunikationschef Oliver Schraft.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Wurden beim Fußball-Bundesligisten VfB Stuttgart beginnend mit dem Jahr 2016 Mitgliederdaten an Dritte verschickt mit dem Ziel, die eigene Anhängerschaft im Sinne der Clubführung zu beeinflussen? Geschah dies mit Blick auf die Mitgliederversammlung vom Sommer 2017, in der es um die Ausgliederung der eigenen Profifußballsparte in eine AG ging? Dies ist der Verdacht, der nach einem Bericht des Fachmagazins „Kicker“ von diesem Montag im Raum steht.

 

Der VfB-Vorstandschef Thomas Hitzlsperger hat dazu auf Twitter bereits Stellung bezogen:

Er schreibt dazu: „Liebe VfB-Fans, wir nehmen den Kicker-Artikel sehr ernst. Inhaltlich werden wir Stellung beziehen, sobald uns entsprechende Informationen zur Verfügung stehen. Bis dahin bitte ich um Verständnis und einen fairen Umgang.“

Das Ziel: Ein Ja zur Ausgliederung

Ein Rückblick: Es stand aus Sicht des VfB einiges auf dem Spiel mit Blick auf den Sommer 2017. Damals bog das zentrale Projekt in der Amtszeit des aktuellen Stuttgarter Präsidenten Wolfgang Dietrich auf die Zielgerade. Die Ausgliederung der Profifußballer aus dem Gesamtverein in eine AG sollte den Weg für einen Ankerinvestor freimachen. Die Daimler AG war bereit, für 11,75 Prozent der Anteile 41,5 Millionen Euro an Kapital bereit zu stellen.

Letztlich wurde das Projekt vom Präsidenten Wolfgang Dietrich und seinem Team erfolgreich abgeschlossen, denn auf der Mitgliederversammlung in der Mercedes-Benz-Arena entschieden sich 84,2 Prozent der Anwesenden für die Ausgliederung.

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Allerdings, so der aktuelle Bericht des „Kicker“, sollen im Vorfeld dieses eindeutigen Votums von Vereinsseite Mitgliederdaten an Dritte weitergeleitet worden sein. Unter anderem mit dem Ziel, über die angeblich von neutraler Hand gesteuerte Fanseite „Fokus VfB“ möglichst viele der eigenen Mitglieder positiv im Sinne eines Ja-Votums zur Ausgliederung zu beeinflussen. So sollte die als unabhängig wahrgenommene Seite „Fokus VfB“ subtil die Botschaften der Clubführung präsentieren. Denn in Wahrheit zog der VfB ab 2016 bei „Fokus VfB“ die Fäden. Der geistige Vater dieses Projektes soll dabei der VfB-Kommunikationschef Oliver Schraft gewesen sein, der dieses Vorgehen laut interner Papiere „glaubwürdiges Guerilla-Marketing“ genannt haben soll.

Die Fanseite „Fokus VfB“

Ursprünglich war die Fanseite „Fokus VfB“ 2015 in den sozialen Medien auf Facebook von dem VfB-Fan Andreas Schlittenhardt gegründet worden. PR-Unternehmer Schlittenhardt lebte auf dieser Seite sein Fan-Dasein mit eher unterhaltenden Elementen aus, ehe Kommunikationschef Schraft, der als Mitglied der Geschäftsleitung das Sprachrohr der VfB-Clubführung ist, das Potenzial der Seite erkannte. Also holte man Schlittenhardt beim VfB schon zu Zeiten des Präsidenten Bernd Wahler mit ins Boot. Offiziell als Experten für Marketingfragen.

In einem internen Schriftverkehr, der dem „Kicker“ vorliegt, heißt es über das neue Vorgehen auf „Fokus VfB“: „(…) werden hier unter den Fans alle Aspekte und Inhalte der Ausgliederung hitzig und kritisch diskutiert. Dies alles im Hintergrund moderiert und gesteuert durch uns. (….) Kurz vor der Mitgliederversammlung wird „Fokus VfB“ eine Wahlempfehlung für die Ausgliederung aussprechen und zur Teilnahme an der Mitgliederversammlung aufrufen.“

Schraft versendet Daten von Mitgliedern

In diesem Zusammenhang soll Oliver Schraft an die Agentur von Andreas Schlittenhardt unter anderem am 7. März 2016 rund 35.000 E-Mail-Adressen von VfB-Mitgliedern versendet haben. „Wir hatten um die 50.000 Mitglieder, die konnten wir filetieren – demografisch, geografisch“, sagte Schlittenhardt als Gast im Podcast „VFBSTR“.

Nach einem ersten Statement des Vereins habe man zuvor die Agentur Schlittenhardts allerdings als externen Dienstleister verpflichtet. Dem „Kicker“ wiederum sollen allerdings Dokumente vorliegen, welche die Version, man habe die Agentur offiziell mit der Verarbeitung der Daten beauftragt, „zumindest in Zweifel ziehen“, wie das Blatt schreibt.

Im Kern geht es in dieser wichtigen Frage darum, inwieweit der VfB mit dem Versenden der Daten an Dritte – was mehrfach geschehen sein soll – gegen den Schutz der Interessen seiner Mitglieder verstoßen hat. Möglicherweise könnten sogar EU-Datenschutzrichtlinie verletzt worden sein.

Ein juristisches Nachspiel ist möglich

Dies könnte ein juristisches Nachspiel haben. Dieses würde sich dann zu dem bereits bestehenden, massiven Imageschaden gesellen, welcher die heimliche Beeinflussung von Vereinsseite gegenüber gutgläubigen Fans via „Fokus VfB“ schon jetzt ausgelöst hat.