Der VfB Stuttgart versucht alles, seine zweite Mannschaft vor dem Abstieg aus der Regionalliga zu retten. Vor der Premiere von Trainer-Rückkehrer Andreas Hinkel an diesem Freitag (19 Uhr) bei der TSG Balingen gibt es auch für den Fall des Abstiegs ein Bekenntnis zum Team.

Sport: Jürgen Frey (jüf)

Stuttgart - Natürlich ist Marc Kienle enttäuscht. Kein anderer im Verein hat für den Erhalt der zweiten Mannschaft des VfB Stuttgart so dermaßen gekämpft wie er. Kein anderer hat dem damaligen Sportvorstand Michael Reschke immer wieder Contra gegeben, der das Regionalligateam partout auflösen wollte. Und jetzt: Sieben Spieltage vor Saisonende wird Kienle als Trainer und Sportlicher Leiter freigestellt. Eine neue Aufgabe wird es für ihn beim VfB nicht geben. Von Sommer an plant der 46-Jährige woanders als Coach oder im Management zu arbeiten. In welchem Club oder in welchem Verband, das ist noch völlig offen.

 

Kienles Himmelfahrtskommando

Viel will er zu seiner Beurlaubung nicht sagen. Nur so viel: „Rational betrachtet hätte ich dieses Himmelfahrtskommando gar nicht übernehmen dürfen.“ Spätestens als der Verein zu Beginn der Runde auch noch die Säulen Nicolas Sessa (zum VfR Aalen) und Alexander Groiß (zum Karlsruher SC) ziehen ließ, fehlte es der Truppe an Substanz. Bisweilen saßen bei Spielen nur zwei Feldspieler auf der Bank. Kienle monierte dies, legte immer wieder den Finger in die Wunde. Manche im Verein legten ihm das als Jammern aus, als Schlechtreden der eigenen Mannschaft. Was Kienle konkret vorgeworfen werden kann: Auch mit den erfahrenen Winter-Neuzugängen Marc Stein (33) und Benedikt Koep (31) stellte sich keine wesentliche Besserung ein. Die deprimierende Bilanz vor dem Auswärtsspiel an diesem Freitag (19 Uhr) bei Aufsteiger TSG Balingen: nur ein Sieg aus den vergangenen 19 Spielen.

Trainerwechsel als Impuls

Jetzt soll Andreas Hinkel die Trendwende schaffen. „Wir wollen alle Möglichkeiten ausschöpfen, um den Abstieg zu verhindern. Deshalb haben wir diesen Impuls gesetzt“, betont Michael Gentner, der die Sportliche Leitung der U21 von Kienle übernommen hat. Seit dem Aufstieg von Thomas Hitzlsperger zum Sport-Vorstand fungiert der Bruder von VfB-Profi Christian Gentner und von Thomas Gentner (SGV Freiberg) auch als Sportlicher Leiter des Nachwuchsleistungszentrums, gemeinsam mit Markus Rüdt, der für den organisatorischen Bereich zuständig ist.

Fünf Absteiger möglich

„Die Lage ist äußerst schwierig, und es ist eine große Herausforderung, den Klassenverbleib zu schaffen“, sagt Hinkel in Anbetracht von möglichen fünf Absteigern (falls der VfR Aalen und die SG Sonnenhof Großaspach aus der dritten Liga runter kommen). Personell hat der 37-jährige Ex-Profi wenig Alternativen. Aus dem aktuellen Kader fällt nun auch noch U-19-Nationalspieler Jose-Enrique Rios-Alonso (Außenknöchelfraktur) bis Saisonende aus. Und anders als etwa in der Drittligasaison 2014/15, als Profispieler wie Daniel Ginczek und Karim Haggui ganz wesentlich zum Klassenverbleib beitrugen, sind diesmal Verstärkungen aus dem Bundesligakader wenig realistisch. Ginczek und Haggui wollten seinerzeit unter Trainer Jürgen Kramny von sich aus unbedingt der zweiten Mannschaft helfen und nahmen diese Aufgabe mit vollem Elan an. Das ist aktuell bei Spielern wie Pablo Maffeo, Borna Sosa, Erik Thommy oder Holger Badstuber und Chadrac Akolo nicht zu erwarten.

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Beispiel Dajaku zeigt Zickzackkurs

Bleiben die ganz jungen Spieler wie Leon Dajaku. Das Top-Talent aus der U19 wurde zuletzt gegen den SSV Ulm 1846 (0:2) eingewechselt. An seiner Person wird die nicht immer schlüssige Linie im VfB-Nachwuchskonzept deutlich. Der 17-Jährige wurde zunächst für die zweite Mannschaft als zu gut befunden, übersprang die Zwischenstufe vierte Liga und feierte im Dezember gegen Borussia Mönchengladbach sein Bundesligadebüt. Dann folgte in der Winterpause die Rückversetzung in die U19. Ob der Stürmer nun wieder der Richtige ist, die Regionalligamannschaft aus dem Keller zu schießen, ist die Frage.

Bekenntnis zur Zweiten

Klar ist dagegen, dass es den VfB II auch in der neuen Saison geben wird – unabhängig von der Ligazugehörigkeit. „Wir denken nicht darüber nach, das Team aufzulösen. Die Mannschaft ist ein wichtiger Baustein“, stellt Michael Gentner klar. Wobei völlig außer Frage steht: In der Regionalliga – und im Optimalfall in der dritten Liga – würde eine zweite Mannschaft deutlich mehr Sinn ergeben, als in der Oberliga.