Die Situation des VfB spitzt sich zu: Auch beim 1:4 in Hoffenheim ließ die Stuttgarter Mannschaft nicht erkennen, wie sie den freien Fall stoppen will. Die Ratlosigkeit bei Fans, Spielern und Verantwortlichen des VfB hat eine neue Dimension erreicht.

Sinsheim - Ein Kamerateam vom Fernsehen hat Stellung bezogen, zwei Dutzend Ordner in gelben Regenjacken sichern die Ausfahrt. Doch es gibt keine Sitzblockade, es fliegt auch kein Bierbecher. Die VfB-Fans haben ihre Fahnen längst eingerollt und sind nach Hause gefahren, als am Samstagabend um halb sieben auch der Stuttgarter Mannschaftsbus vom Stadiongelände der TSG Hoffenheim rollt.

 

Die Ratlosigkeit bei Fans, Spielern und Verantwortlichen des VfB Stuttgart hat mit der krachenden 1:4-Pleite beim Nachbarn aus dem Kraichgau eine neue Dimension erreicht. Es war die erste Niederlage überhaupt in Hoffenheim, die sechste nacheinander in dieser Saison. Und nichts deutet darauf hin, dass es die vorerst letzte bleiben wird. Denn nicht einmal im Ansatz hat die Stuttgarter Mannschaft erkennen lassen, wie sie den freien Fall stoppen will.

Die Konkurrenz steht schlechter da – noch

Die Hoffnung auf die ersehnte Trendwende schwindet Stück für Stück. Wenn es im Moment überhaupt so etwas wie einen Schimmer gibt, dann ist es allein die Tatsache, dass der VfB noch immer auf keinem Abstiegsplatz liegt. Der Offensivspieler Martin Harnik (26) wollte es freilich selbst kaum glauben, dass es „tatsächlich Mannschaften gibt, die noch schlechter dastehen als wir“. Das wird sich sehr schnell ändern, wenn der VfB so weitermacht. 19 Punkte jedenfalls werden nicht reichen, um in der Bundesliga zu bleiben.

Das Schlimme ist: der VfB hat bereits jetzt nichts unversucht gelassen, um wieder auf die Beine zu kommen. Schon nach drei Spieltagen wurde der Trainer ausgetauscht, man hat die vermeintlich schwachen Spieler aussortiert und abgegeben, man hat das Spielsystem gewechselt. Der Erfolg dieser Maßnahmen ist gleich null. Viele Patronen sind jetzt nicht mehr Halfter, zumal der Präsident Bernd Wahler und der Manager Fredi Bobic einen weiteren Trainerwechsel bisher kategorisch ausschließen.

„Keiner kann uns den Willen absprechen“

Im Vorfeld des Spiels in Hoffenheim gab es eine Aussprache im Mannschaftskreis. Es seien „gute, wichtige Gespräche“ gewesen, wie Martin Harnik berichtet. In der Folge ist die Elf von Thomas Schneider nach dem 0:1-Rückstand nicht auseinander gefallen wie in der Vorwoche gegen Augsburg; die Spieler haben diesmal auch nicht für alle sichtbar auf dem Spielfeld gestritten. „Keiner kann uns diesmal den Willen absprechen“, sagt der junge Mittelfeldspieler Rani Khedira. Das stimmt, doch das macht die Sache noch bedenklicher: Denn trotz aller Einsatzbereitschaft war der VfB auch diesmal meilenweit entfernt davon, auch nur einen Punkt mitzunehmen.

Was nutzen alle guten Vorsätze, wenn die Mittel und Ideen fehlen, diese auch umzusetzen? Fast schon unfreiwillig komisch war es, wie hinterher alle Stuttgarter beteuerten, man habe diesmal „unbedingt zu Null“ spielen wollen. Schon nach zwölf Minuten hatte sich dies erledigt – und am Ende hätte sich niemand beschweren dürfen, wenn der Ball noch öfter als nur viermal im Tor von Sven Ulreich gelandet wäre. Die Abwehr ist ein Torso, das Spiel nach vorne nicht vorhanden.

Thomas Schneider hat seinen Kader ausgereizt

Doch was tun, um das zu ändern? Der Trainer Thomas Schneider hat seinen Kader praktisch komplett ausgereizt und in den fünf Spielen nach der Winterpause 19 verschiedene Spieler eingesetzt. In Hoffenheim war Georg Niedermeier (27) Kapitän, der genau wie Martin Harnik gegen den FC Augsburg noch auf der Tribüne gesessen hatte. Auch die Karte Erfahrung hat nicht gestochen. Bemitleidenswert war es, wie der Linksverteidiger Arthur Boka (30), erstmals seit Anfang November wieder in Startformation, in der zweiten Hälfte von dem Hoffenheimer Tobias Strobl (23) einfach überlaufen wurde.

Und so beginnt nun endgültig die Zeit der Durchhalteparolen. „Wir müssen brutal hart arbeiten, dann bin ich zuversichtlich“, sagt Thomas Schneider, der seine Spieler am Sonntag quer über den Platz sprinten ließ und den trainingsfreien Tag erneut gestrichen hat. Und Martin Harnik erklärt: „Noch haben wir alles selbst in der Hand.“

Die Stimmung unter den Fans kippt

Allerdings ahnt auch der österreichische Nationalspieler, dass die Abreise von Auswärtsspielen bald nicht mehr so reibungslos wie in Hoffenheim verlaufen könnte. Bei der Verabschiedung im Fanblock jedenfalls hat er zuvor „eine hoch explosive Stimmung“ wahrgenommen und gespürt: „Sie ist kurz davor zu kippen.“