Am Montag soll Huub Stevens offiziell vorgestellt werden und sein erstes Training beim VfB Stuttgart leiten. Er gilt als Kontrastprogramm zu Thomas Schneider. Fredi Bobic gibt sich trotz der Krise gelassen und glaubt an den Klassenerhalt.

Stuttgart - Keine Frage, Fredi Bobic stellt sich der Herausforderung. Mit aufrechter Haltung, entschlossenem Blick und fester Stimme ist der Manager des VfB Stuttgart vor die Cannstatter Kurve getreten, als der Chor der Anhänger nach dem 2:2 gegen Eintracht Braunschweig sein neuestes Lied immer wieder angestimmt hat: „Wir woll’n den Vorstand sehen.“

 

Auch der Präsident Bernd Wahler und der Finanzchef Ulrich Ruf sind gekommen. Doch gesprochen hat vor allem Fredi Bobic. Seine Botschaft über Mikrofon war klar: „Wir schaffen es nur gemeinsam da unten raus!“ Etwa 15 Stunden später gibt es dann eine neue, erweiterte Botschaft: „Wir schaffen es gemeinsam – und mit Huub Stevens als neuem Cheftrainer!“

Dazwischen haben die drei Vorstandsherren des VfB viel geredet und wenig geschlafen. Noch einmal haben sie nach der nächsten Enttäuschung gegen den Tabellenletzten der Fußball-Bundesliga die Argumente hin- und hergeschoben. Wie wenige Tage zuvor, als sie Thomas Schneider nach der achten Niederlage hintereinander noch einmal das Vertrauen ausgesprochen hatten. Für eine letzte Chance – nur durch einen Sieg zu verlängern.

Bobic wirkt gelassen

Als die Partie unentschieden endet, da scheint es, als wisse die Führungsriege wieder nicht, was sie tun solle. Gefangen noch von den Eindrücken des Spiels. Von der verpassten Möglichkeit, das Kellerduell für sich zu entscheiden und so aus der Angstspirale auszubrechen. Denn nach 0:1-Rückstand und bei 2:1-Führung verschießt Christian Gentner einen Foulelfmeter (52.). Hätte er getroffen, dann wäre gegen den Aufsteiger wohl der ersehnte VfB-Erfolg herausgesprungen, Schneider wäre noch Trainer und der Verein hätte seinen oft beschworenen Stuttgarter Weg mit jungen Spielern nicht verlassen müssen.

Zugegeben, das ist ziemlich viel Konjunktiv für einen Fußballnachmittag. Daran wollten sich die VfB-Verantwortlichen jetzt nicht mehr festhalten. Zumal die Kurvendiskussion in diesen Krisenzeiten auf dem Wasen eine neue Dynamik entfaltet hat. „Wir haben uns aber von dem Rummel nicht treiben lassen“, sagt Bobic. Er sagt es ruhig, besonnen. Was vielleicht nicht seinem Naturell, aber seiner Überzeugung entspricht. Der Manager geht gerne antizyklisch vor: Je mehr es um ihn herum brodelt, desto gelassener gibt er sich.

Der VfB will „einen neuen Reiz setzen“

Und in der Fankurve ist es hitzig zugegangen. Die Stimmung ist nach dem gescheiterten Versuch, Krassimir Balakov als neuen Coach zu installieren, auch gegen den Manager gekippt. Angst, Sorge, Wut – all das schlägt ihm entgegen. Aufwühlende Momente sind das für Bobic, weil die Emotionen von dort kommen, wo er als Junge selbst stand und den VfB nach vorne schrie.

„Davon muss man sich aber frei machen“, sagt Bobic. Und als sich nach den extremen Erlebnissen die Gedanken und Gefühle wieder geordnet haben, steht laut dem Manager seine „bislang schwierigste Personalentscheidung“ an: Schneider muss seinen Platz räumen. Einstimmig sei der Entschluss im Vorstand gefallen und vom Aufsichtsrat mitgetragen worden. „Die aktuelle sportliche Situation erforderte im Bewusstsein der Verantwortung dem Verein gegenüber, diesen schweren Schritt zu tun“, erklärt Wahler in einer Mitteilung.

Das klingt ziemlich gestelzt und entspricht so gar nicht der Situation im und um den Verein. Die Szenen nach dem Schlusspfiff erinnern eher an die Chaostage im Dezember 2009, als der Fanmob pöbelte und in der Folge Markus Babbel als Trainer gehen musste. Auch Bobic kennt die Macht der Bilder und sorgt sich deshalb mehr um das verheerende Bild, das der VfB jetzt in Fußballdeutschland abgibt als um sein angeblich angespanntes Verhältnis zu Stevens aus gemeinsamen Hertha-Zeiten.

Stevens soll den Klassenerhalt bringen

Nebensächlich. „Wir wollen einen neuen Reiz setzen“, sagt Bobic. Am Montag wird Stevens um 13 Uhr offiziell vorgestellt, um 15 Uhr leitet der 60-jährige Niederländer sein erstes Training. Was die Spieler unter dem „Knurrer von Kerkrade“ erwartet, lässt sich nur erahnen. Sicher ist dagegen, dass Stevens als Kontrastprogramm zu Schneider gilt. Mit deutlich mehr Erfahrung, wesentlich härterer Hand und einem klaren Auftrag: Klassenerhalt. Mehr nicht. Darauf basiert die Zusammenarbeit.

„Ich bin richtig heiß“, sagt Stevens. Auch wenn der Vertrag nur bis zum Saisonende gilt. Daran sei auch nicht zu rütteln, heißt es beim VfB. Dennoch sollen es kurze Verhandlungen mit dem jüngst bei Paok Saloniki entlassenen Fußballlehrer gewesen sein. Was zum einen für eine satte Nichtabstiegsprämie spricht, zum anderen zur Zukunftsgestaltung beim VfB führt. Denn es muss ja nicht nur formal – weil es der Ligaverband DFL fordert – zweigleisig geplant werden, sondern auch ganz praktisch.