Der ehemalige Freiburger Abwehrspieler Marc Oliver Kempf möchte beim VfB Stuttgart unbedingt den nächsten Schritt machen. Dort trifft er allerdings auf namhafte Konkurrenz.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Es ist mehr oder weniger Zufall gewesen – dennoch hat Marc Oliver Kempf dem deutschen Fußball in 55 Jahren Bundesliga ein einzigartiges Kuriosum beschert: den Elfmeter in der Halbzeitpause. Es war Ende April, als der Innenverteidiger in Diensten des SC Freiburg im Spiel gegen den FSV Mainz kurz vor dem Pausenpfiff im eigenen Strafraum den Ball an die linke Hand bekam. Erst nach Ansicht der Videobilder, als sich viele Fans im Stadion schon Bier und Bratwurst widmeten, zeigte der Schiedsrichter Guido Winkmann auf den ominösen Punkt. Mitten in der Halbzeitpause sorgte somit der Mainzer Pablo de Blasis beim 2:0-Sieg der Rheinhessen per Strafstoß für die Führung.

 

Rückblickend ist das Ganze für Kempf nur noch eine nette Anekdote – denn inzwischen hat der Innenverteidiger nach vier Jahren beim Sportclub dem Breisgau den Rücken gekehrt. Optimal gelaufen ist die letzte Saison an der Dreisam für den 23-Jährigen zwar nicht, weil Kempf zweimal aufgrund von Muskelverletzungen länger pausieren musste. „Letztlich war das Ende aber doch sehr schön“, sagt der Innenverteidiger, der unter anderem in den wichtigen drei letzten Liga-Partien jeweils 90 Minuten durchspielte - und so auch seinen Anteil am Freiburger Klassenverbleib hatte.

„Irgendwann kommt ein Club, der mehr Geld als der VfB hat“

Nach Stuttgart ist der ehrgeizige, auf den Erfolg fokussierte Kempf ablösefrei gekommen, um seinen „next step“ zu machen, den nächsten Schritt auf der Karriereleiter also. „Der VfB Stuttgart ist als Club schon eine Nummer größer als der SC Freiburg“, sagt der gebürtige Hesse aus der Wetterau bei Darmstadt. Seine Jugendjahre hat er bei Eintracht Frankfurt verbracht, wo Kempf bereits mit 17 Jahren in der Bundesliga und ein Jahr später international debütierte. „Wir hätten ihn gerne behalten. Aber so ist der Profifußball eben“, sagt Kempfs letzter Trainer, der Freiburger Christian Streich, der den aufstrebenden jungen Mann längst nicht am Leistungslimit angekommen sieht: „Aber der VfB hat halt mehr Geld als wir. Und irgendwann kommt dann ein Club, der mehr Geld hat als der VfB.“

Seine Profilaufbahn hat der 23-jährige Kempf seit jeher sehr sorgsam geplant. An seiner Seite weiß der Linksfuß dabei in Volker Struth und Dirk Hebel von der Agentur Sportstotal zwei Berater, die als gewiefte Karriereplaner von gestandenen Nationalspielern wie Toni Kroos, Marco Reus oder Mario Götze wissen, wie es geht. Auch beim VfB ist die Hausmacht von Sportstotal nicht kleiner geworden, berät man doch neben Kempf auch noch Ron-Robert Zieler, Erik Thommy und Gonzalo Castro.

Für Kempf wird es in Stuttgart nicht einfach

Bereits vor einem Jahr ist der VfB mit seinem damaligen Manager Jan Schindelmeiser an Kempf dran gewesen. Doch damals rief Freiburgs Manager Jochen Saier zwischen zwölf und 15 Millionen Euro an Ablöse für den U19- und 21-Europameister auf, der sämtliche Junioren-Nationalteams des Deutschen Fußball-Bundes durchlaufen hat. Daraufhin winkte man beim Aufsteiger aus Stuttgart fürs Erste ab – ehe man sich ein halbes Jahr später für die Zeit nach dem Ablauf des Vertrages beim Sportclub einig wurde. Kempf unterschrieb beim VfB für vier Jahre bis 2022 – ein Transfer-Handgeld gab es als Zusatzbonus. „Er ist ein wichtiger Baustein für die Zukunft“, sagt der VfB-Manager Michael Reschke, der mit Blick auf seine Abwehr inzwischen von einem „Idealzustand“ spricht.

Für Kempf wird es allerdings nicht einfach. In Stuttgart findet der ambitionierte, aber zuletzt doch arg verletzungsanfällige Defensivmann („Ich hoffe, es gibt ein offenes Rennen“) allerhand namhafte Konkurrenz vor. Fraglich ist, ob ihm der Verbleib von Holger Badstuber beim VfB geschmeckt hat, auch wenn es der Trainer Tayfun Korkut künftig häufiger mit einer Dreierkette probieren will. In Badstuber, Benjamin Pavard, Timo Baumgartl und Marcin Kaminski stehen vier weitere Innenverteidiger im Stuttgarter Kader. „Darüber mache ich mir aber keine Gedanken“, sagt Kempf zu seiner Zukunft, die er in der anstehenden Bundesligarunde aber sicher nicht als Stuttgarter Edelreservist verbringen will: „Jetzt geht es erst mal darum, Leistung zu bringen.“

Großes Lob von Michael Reschke ist dem Hessen, der 2017 beim Gewinn des EM-Titels der deutschen U21 in Polen unter dem Trainer Stefan Kuntz sämtliche Spiele über die volle Distanz absolvierte, bereits gewiss: „Speziell in der Spieleröffnung besitzt Marc ein sehr gutes Bundesliganiveau“, sagt der VfB-Manager: „Darüber hinaus ist er auch bei Standards ein sehr torgefährlicher Kopfballspieler.“ Der Kampf um die Stammplätze im Abwehrzentrum des VfB ist also eröffnet.