Innerhalb von elf Spieltagen hat der mit großer Skepsis empfangene Deutsch-Türke Tayfun Korkut den VfB vom Rande des Abgrunds ins sichere Mittelfeld der Tabelle geführt. Der Trainer hat also alles richtig gemacht – fast alles zumindest.

Sport: Gregor Preiß (gp)

Stuttgart - Mit einer weit ausholenden Bewegung reckte Tayfun Korkut seine rechte Faust in die Höhe. Soeben hatte Berkay Özcan mit seinem Treffer zum 2:0 den Sieg gegen Werder Bremen und damit auch den Klassenverbleib in der Bundesliga eingetütet. Also ging der Trainer des VfB Stuttgart aus sich heraus und herzte jeden in seiner Nähe – vom Zeugwart bis zu seinen Spielern.

 

Das war es dann aber auch mit überschäumenden Gefühlen. Kein Jubel vor der Fankurve, geschweige denn eine Bierdusche oder dergleichen. Noch nicht einmal eine kleine Feier am Abend stand für den 44-Jährigen auf dem Programm. „Ich habe gar keine Zeit, mich richtig zu freuen“, erklärte Korkut ohne ein Wort des Bedauerns. „Das gehört zum Trainerjob dazu.“ Am Abend setzte sich der Erfolgscoach ins Auto und fuhr nach Mainz ins ZDF-Sportstudio.

Der Trainer hat fast alles richtig gemacht

Weshalb das Training am Sonntagvormittag immerhin eine halbe Stunde später losging. Diesen Bonus gönnte Korkut sich und seinen Spielern, nachdem sie erreicht hatten, was kaum jemand für möglich gehalten hätte: Dass der Aufsteiger schon nach dem 31. Spieltag die kommende Saison in der Bundesliga planen kann. Innerhalb von elf Spieltagen hat der mit großer Skepsis empfangene Deutsch-Türke die Mannschaft vom Rande des Abgrunds ins sichere Mittelfeld der Tabelle geführt. Sechs Siege aus elf Spielen lautet die Bilanz, die sich mit der alten Fußballer-Weisheit überschreiben lässt: Der Trainer hat alles richtig gemacht.

Fast alles zumindest. Korkut hat eine zwar intakte, aber zum Zeitpunkt der Entlassung von Hannes Wolf doch reichlich verunsicherte Mannschaft innerhalb kürzester Zeit stark gemacht. Durch das Rückbesinnen auf die sogenannten Grundtugenden, wozu im simplen 4-4-2-System vor allem eine kompromisslose Verteidigungsarbeit zählte. Dreimal gewann der VfB seine Spiele mit 1:0, was kein Zufall und weil im Angriff meist Verlass auf Mario Gomez war.

Der 32-jährige Routinier zählt zu den Stützen im Team, wie überhaupt Korkuts Maxime lautet: Erfahrung ist Trumpf! Der Verzicht auf Experimente sollte sich am Ende auszahlen. Dass der Korkut-Fußball des VfB meist pragmatisch, bisweilen auch nicht besonders ansehnlich war, veranlasste zwar immer wieder zu Meckereien. Doch den Trainer schert das so wenig, wie er nach den anfänglichen Anfeindungen Genugtuung verspürt. „Die Mannschaft“, blickt Korkut zurück, „stand von Anfang an bedingungslos hinter der Idee des Trainerteams. Es gab keine Egoismen, jeder hat sich in den Dienst der Mannschaft gestellt.“

Jetzt geht es für den VfB um Geld aus dem TV-Topf

Nun, da die magische 40-Punkte-Marke übersprungen ist, will sich beim Club aus Cannstatt aber niemand zurücklehnen. Schon gar nicht der gebürtige Stuttgarter. Korkut trägt das Schaffer-Gen in sich und hat noch lange nicht genug. „Die Mannschaft wird sich weiter reinhauen, so viel kann ich versprechen“, sagt er mit Blick auf die noch ausstehenden Spiele gegen Bayer Leverkusen (Samstag, 18.30 Uhr), 1899 Hoffenheim und Bayern München. So viele Punkte wie möglich, lautet das offizielle Ziel. Wobei sich jeder im Klaren sein dürfte, dass da wohl nicht mehr viel hinzukommen wird – angesichts der Schwere der Aufgaben. Weshalb auch das Thema Europa League keines mehr ist, bevor es je eines war.

Wegen des Millionenspiels um künftige Fernsehgelder sind die Stuttgarter aber gut beraten, nichts abzuschenken. Jeder bessere Tabellenplatz kann am Ende Bares bedeuten. Wenn die Saison jetzt (als Tabellen-Zehnter) beendet wäre, bekämen in der kommenden Spielzeit aus dem nationalen TV-Füllhorn nur Hannover 96 sowie die Aufsteiger weniger Geld. Weshalb sie beim VfB umso mehr auf eine kräftige Finanzspritze durch Teil zwei der Ausgliederung und den Einstieg eines weiteren Investors schielen. Um auch das nächstjährige Saisonziel möglichst frühzeitig zu sichern, das Präsident Wolfgang Dietrich am Samstag wie folgt bezeichnete: „Wir wollen uns nachhaltig in der Bundesliga etablieren.“

VfB Stuttgart - Bundesliga

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