Nach dem 2:2 gegen Bayern Leverkusen macht VfB-Trainer Bruno Labbadia die Medien für die Unruhe rund um den Club verantwortlich. Da sei der ständige Trainerwechsel nicht verwunderlich, meint er.

Stuttgart - Die Spielanalyse bringt Bruno Labbadia routiniert und zügig hinter sich. Eine „sehr gute taktische Ordnung“ seiner Mannschaft hat der VfB-Trainer beim 2:2 gegen Bayer Leverkusen ausgemacht und spricht von einer „sehr guten Antwort“ seiner Spieler nach dem früheren Rückstand. Dann wären in der offiziellen Pressekonferenz eigentlich die Berichterstatter mit ihren Fragen an der Reihe – dazu kommt es jedoch nicht. Denn Labbadia verspürt den großen Drang, noch etwas „in eigener Sache“ loszuwerden.

 

Was in den nächsten 130 Sekunden in den Katakomben der Mercedes-Benz-Arena passiert, hat es in dieser Form in Stuttgart noch nicht oft gegeben. Mit bebender, immer lautender werdender Stimme setzt Labbadia zu einer Brandrede und einer Generalabrechnung (Video von der Pressekonferenz) mit den Medien an, die aus seiner Sicht verantwortlich dafür sind, dass die Unruhe rund um den VfB und seinen Trainer in den vergangenen Wochen immer größer geworden ist.

Es sei „eine totale Grenze erreicht“, sagt der 46-Jährige, „Trainer sind nicht die Mülleimer von allen Menschen“. Der VfB-Pressesprecher Max Jung lieferte ihm dazu die Vorlage, indem er sich nach dem Grund für die Auswechslung des Nachwuchsspielers Raphael Holzhauser erkundigt hatte. Laute Pfiffe und „Bruno-raus“-Rufe waren die Folge des Spielerwechsels gewesen; nach dem Schlusspfiff musste sich der Trainer von der Haupttribüne beschimpfen lassen. Keine Überraschung für Labbadia – schließlich seien die Fans von den Medien „aufgewiegelt“ worden: „Es wundert mich daher nicht, wenn die Leute so reagieren.“

„Das Fass ist absolut voll“

Labbadia berichtet, dass zum einen Holzhauser schon in der Pause wegen einer leichten Verletzung um die Auswechslung gebeten habe. Und zum anderen sei allein er, Labbadia, es gewesen, der „mit einem Veto“ verhindert habe, dass der 19-Jährige zu einem anderen Verein ausgeliehen worden sei. Dennoch habe er sich regelmäßig vorhalten lassen müssen, er setze nicht auf den Nachwuchs. Er könne „nicht akzeptieren“, wenn ein Trainer „wie der letzte Depp“ dargestellt werde, „als hätte er gar keine Ahnung“. Es seien „absolute Unwahrheiten“ verbreitet worden, die „unter der Gürtellinie“ gewesen seien.

Labbadia erinnert auch noch einmal an die Voraussetzungen, unter denen er im Dezember 2010 beim VfB angetreten ist. „Als ich vor 22 Monaten kam, war der VfB am Tabellenende. Keiner hat mehr einen Pfifferling auf diesen Verein gegeben.“ Er habe anschließend nicht nur den Abstieg verhindert, sondern den VfB im Jahr darauf in die Europa League geführt. All das trotz der „Etatkürzung von 20 Millionen Euro, die ich mitgemacht habe“. Längst könne er inzwischen nachvollziehen, warum sich die Übungsleiter beim VfB in den vergangenen Jahren die Klinke in die Hand gegeben haben: „Es wundert mich nicht, dass hier alle paar Monate ein neuer Trainer geholt wird.“ Als aktueller VfB-Coach frage er sich: „Gehe ich einen schweren Weg mit? Oder sage ich: am Arsch geleckt.“ Fest stehe: „Das Fass ist absolut voll.“

Fredi Bobic steht hinten im Presseraum und hat den Ausführungen seines Trainers aufmerksam gelauscht. Man darf durchaus davon ausgehen, dass die Wutrede in dieser Form abgesprochen war. Denn auch der VfB-Manager, der in diesem Zusammenhang zuletzt von „Rufmord“ gesprochen hat, ist der Meinung, das Publikum sei von den Medien „aufgewiegelt“ worden. Er habe Verständnis für Labbadia, sagt Bobic, es sei „das gute Recht des Trainers, sich so zu äußern und seinem Ärger Luft zu verschaffen“. Nicht Labbadia müsse sich hinterfragen, sondern die Journalisten. „Es reicht“, sagt Bobic. Er stehe weiterhin voll hinter dem Trainer, er habe daher „nie eine Diskussion aufkommen lassen – das mache ich nicht mit“.

Fassungslos habe er auf der Bank gesessen, so Bobic, als nach Raphael Holzhausers Auswechslung gepfiffen worden sei. „Ich habe mir gedacht: was ist denn das jetzt?“ Wie es jetzt weitergeht? Der VfB-Manager ist erstmal froh über die zweiwöchige Länderspielpause – „und danach beginnt die richtig heiße Phase“.