Nach drei Aufstiegen weiß Jos Luhukay, wie die zweite Liga tickt. Klar ist nach drei Spieltagen aber auch, dass der neue Stuttgarter Coach ein durchaus sperriger Charakter sein kann.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Zu einem Zeitpunkt, an dem sich altgediente VfB-Funktionäre, Fans oder erfahrene Profis wie der Kapitän Christian Gentner höchstens in Albtraum-Nächten auf den Weg zum Liga-Pflichtspiel nach Sandhausen machten, da ist Jos Luhukay schon dort gewesen. Am 9. November 2012 spielte der Niederländer mit Hertha BSC beim 6:1-Sieg im Hardtwaldstadion vor – und hat sich über die Jahre mit erfolgreicher Arbeit, gekrönt durch die Aufstiege mit Mönchengladbach, Augsburg und den Berlinern, den Ruf erworben, ein sicherer Lotse durch das Dickicht des Bundesliga-Unterhauses zu sein.

 

„Er hat schon oft bewiesen, wie es geht – und er wird es mit dem VfB wieder schaffen“, sagte der Sandhäuser Chefcoach Kenan Kocak nach dem Stuttgarter 2:1-Auswärtssieg am Freitag über den Kollegen. Den wiederum ließ das Lob zumindest äußerlich unberührt – wie es überhaupt die Art des Jos Luhukay zu sein scheint, sich nicht allzu tief in die Karten blicken zu lassen.

Die Frage bleibt: welchen Plan verfolgt Luhukay?

Mit sechs Zählern aus den ersten drei Ligaspielen hat der Niederländer vor der ersten Länderspielpause dieser Saison rein punktemäßig einen zwar nicht überragenden, aber doch ordentlichen Start hingelegt. Angesichts der bisher spielerisch sehr dürftigen Vorträge seiner Elf gegen St. Pauli, Düsseldorf und Sandhausen drängt sich allerdings weiterhin die Frage auf: Welchen Plan verfolgt der bisher reichlich distanzierte Jos Luhukay?

Gutschreiben darf sich der 53-Jährige, dass er bisher einem lang gehegten Wunsch des VfB-Umfeldes nachgekommen ist, wieder verstärkt eigene Talente in die erste Elf zu integrieren: In dem Sechser Matthias Zimmermann (23), dem Innenverteidiger Stephen Sama (23) sowie dem offensiven Mittelfeldspieler Berkay Özcan (18), der am Freitagabend beide Tore vorbereitete, stand auch in Sandhausen wieder ein Trio aus dem eigenen Stall in der Startelf.

Doch es gibt auch Bereiche im System Luhukay, die weniger durchsichtig sind. „Mit diesem Kader können wir in der zweiten Liga bestehen“, sagt der Niederländer – und meint damit das Erreichen des großen Saisonziels, dem Wiederaufstieg in die erste Bundesliga. Dies wiederum halten viele angesichts des Saison-Aufgalopps, in dem der VfB allein in puncto Fleiß, Einsatzwillen und Teamcharakter zu überzeugen wusste, für eine ziemlich gewagte These.

Doch Luhukay, ein erfreulich ruhender Pol im hektischen Profifußball-Betrieb, sieht dies offenbar anders: Wenn über den bereits am Freitag auf Leihbasis verpflichteten japanischen Nationalstürmer Takuma Asano (21) hinaus noch weitere Spieler hinzu kämen, wäre das gut, bemerkte der Trainer noch am Wochenende. Wenn nicht, sei das auch nicht schlimm.

So lautet zumindest die offizielle Sprachregelung des Trainers. „Ich bin sehr zufrieden mit dem Kader.“

Luhukay lehnt einige Spielerangebote ab

Intern sieht es da schon ein wenig anders aus. Schließlich ist durchgesickert, dass Luhukay bereits mehrere Spieler, die ihm von Seiten des Managers Jan Schindelmeiser angeboten wurden, und die auch der Sportkoordinator Marc Kienle befürwortete, abgelehnt hat. Darunter auch erfahrene Erstligaprofis, die für den Traditionsclub VfB in die zweite Liga abgestiegen wären – nun aber weiterhin im Oberhaus spielen.

Schon länger ist bekannt, dass Luhukay bei der Spielerauswahl penibel auf Typen achtet, die das Kollektiv nicht auseinander dividieren. Grundsätzlich ist es auch das gute Recht des Cheftrainers, des wichtigsten Angestellten eines Fußballclubs, beim Personal wählerisch zu sein. Andererseits wird Luhukay beim VfB so früh seinem Ruf gerecht, ein zuweilen sperriger Charakter mit Ecken und Kanten zu sein. Oder um es positiver zu formulieren: der Trainer weiß genau, was er will. Weil er aus Erfahrung weiß, wie zweite Liga funktioniert?

Klar ist nach der Partie in Sandhausen immerhin, dass Luhukay in Alexandru Maxim keinen Spieler für die erste Elf sieht. Nach 66 Minuten für Tobias Werner eingewechselt, machte der Rumäne aber nicht auf beleidigten Profi – sondern war auf der rechten Außenbahn einsatzfreudig unterwegs. Warum Maxim nicht spielte? „Ich muss das nicht erklären“, sagte Jos Luhukay. Ob sich die Wege des VfB und seines verhinderten Regisseurs noch vor Ablauf der Transferperiode an diesem Mittwoch trennen werden? „Im Fußball weiß man das nie.“

Der Franzose Benjamin Pavard ist im Anflug

Sehr wahrscheinlich ist es immerhin, dass der VfB nach dem Japaner Asano bald die Verpflichtung eines weiteren Neuzugangs bekannt geben wird: Der Franzose Benjamin Pavard ist ein Innenverteidiger, der auch auf den Außen sowie im defensiven Mittelfeld spielen kann. Der 20-Jährige hat beim OSC Lille einen Vertrag bis 2018. In der französischen Ligue 1 kam der Junioren-Nationalspieler in den ersten drei Saisonspielen aber nicht zum Einsatz. Für Pavard, der 1,5 Millionen Euro kosten soll, mit ein Grund, sich dem VfB unter dem Lotsen Luhukay anzuschließen.

VfB Stuttgart - 2. Bundesliga

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