Am Sonntag trifft der VfB Stuttgart auf Bremen – für den Manager Robin Dutt ist das kein gewöhnliches Spiel. Bis Oktober saß er bei Werder auf der Trainerbank.

Stuttgart - Die Bremer Fußballwelt leuchtete rosarot, als am ersten Sonntag im August der große FC Chelsea in der Stadt war. Im künstlichen Nebel liefen die Werder-Spieler erst durch ein Spalier jubelnder Fans ins Weserstadion und schickten dann die Premier-League-Stars mit einem satten 3:0 zurück nach London. Der Manager Thomas Eichin sah sich anschließend in seinem Gefühl bestätigt, „dass wir in dieser Saison die Überraschungsmannschaft werden könnten“. Und auch Robin Dutt, der Bremer Trainer, war guter Dinge, dass die anstehende Bundesligarunde ähnlich erfolgreich verlaufen werde wie jene Saisoneröffnungsfeier im August.

 

Wie man inzwischen weiß, ist es dann doch anders gekommen. Sonst wäre Robin Dutt (50) jetzt nicht Sportvorstand des VfB Stuttgart und müsste vor dem Wiedersehen mit seinem Ex-Club (Sonntag, 17.30 Uhr, Mercedes-Benz-Arena) darüber reden, warum Werder erst zum Überraschungsteam geworden ist, als er nicht mehr auf der Trainerbank saß.

„Ich will nicht leugnen, dass es eine schöne Zeit war“

Robin Dutt hat sich lange überlegt, ob er überhaupt noch einmal über seine Bremer Vergangenheit sprechen soll. Der VfB ist Tabellenletzter, da bleibt eigentlich keine Zeit für Sentimentalitäten. Zudem soll niemand auf die Idee kommen, es könnten zwei Herzen in seiner Brust schlagen. Er hat sich trotzdem dafür entschieden, weil es ihm ein Anliegen ist zu vermitteln, dass er sich trotz seiner Entlassung Ende Oktober in Bremen immer sehr wohlgefühlt habe. Und so will er „nicht leugnen, dass es eine schöne Zeit war und dass ich noch immer Kontakte habe“.

Durchaus erfolgreich war Dutt in seinem ersten Bremer Jahr, das nach der Episode als DFB-Sportdirektor im Sommer 2013 begann. Als Zeichen der Verbundenheit band sich der Nachfolger des Werder-Urgesteins Thomas Schaaf bei den Spielen gerne einen grün-weißen Wollschal um den Hals und führte seine Mannschaft in der Endabrechnung auf einen sehr achtbaren zwölften Platz. Nach der vielversprechenden Vorbereitung im zweiten Jahr begannen dann aber die Probleme.

Viktor Skripnik leitete die Bremer Trendwende ein

Auf den ersten Saisonsieg wartete Werder auch noch nach sieben Spielen. Im achten bei den Bayern ging die Mannschaft mit 0:6 unter, ehe Bremens Manager Eichin das neunte gegen Köln zum Entscheidungsspiel erklärte. Nach der 0:1-Heimniederlage wurde Dutt auf Tabellenplatz 18 liegend entlassen und durch Viktor Skripnik (45) ersetzt, den bisherigen Trainer des Bremer U-23-Teams. Mit zwei Siegen in Mainz und gegen Stuttgart leitete der kauzige Ukrainer prompt die Trendwende ein.

Positiv betrachtet könnte man sagen: Dutt hat mit seiner Arbeit die Voraussetzung dafür gelegt, dass Bremen unter Skripnik ins gesicherte Mittelfeld aufrücken konnte und mit dem Abstieg nichts mehr zu tun hat. Man könnte aber auch zu dem Schluss kommen, er habe es nicht geschafft, aus den vorhandenen Möglichkeiten das Optimale herauszuholen. Vier Punkte hat Werder in den ersten neun Saisonspielen unter Dutt geholt – 31 folgten in 18 weiteren unter Skripnik. Dutt selbst erklärt dieses Missverhältnis mit den manchmal unergründlichen Gesetzen des Fußballs: „Es gibt als Trainer immer wieder Situationen, in denen eine Mannschaft neue Impulse benötigt“, sagt er und kommt zu dem Fazit: „Die Maßnahme des Trainerwechsels war in diesem Fall erfolgreich.“

Von beiden Seiten ist kein böses Wort zu hören

Kein böses Wort ist von Dutt über die frühe Trennung zu hören, auch von Bremer Seite gab es bis heute in der Öffentlichkeit kein Nachtreten. „Das ist mehr, als man normalerweise erwarten darf“, sagt Dutt. Nur hinter vorgehaltener Hand sagen manche bei Werder, der Trainer habe zu viel kontrollieren wollen, er sei zu sehr Kopf- und zu wenig Bauchmensch gewesen, er habe die Spieler mit einem eher akademischen Traineransatz überfordert.

Nach der Trennung, so berichtet Robin Dutt, habe er eigentlich „eine längere Pause“ einlegen wollen – „doch dann kamen die Gespräche in Stuttgart“. Beim VfB wechselte er Anfang des Jahres vom Job des Fußballlehrers ins übergeordnete Amt des Sportchefs – und ist seither damit beschäftigt, das zu tun, was er von seinen Managern in der Vergangenheit womöglich dann doch vermisst hat: dem Coach den Rücken zu stärken. In Leverkusen wurde er 2012 nach nur neun Monaten entlassen, in Bremen nach 16. Wohl auch an diesen Erfahrungen liegt es, dass Dutt anders vorgehen will: „Meine Geduld ist sehr ausgeprägt. Der Tabellenplatz alleine darf kein Parameter für einen Trainerwechsel sein.“

Robin Dutt sieht sich in seiner Strategie bestätigt

Als Bestätigung seiner Strategie empfindet es Dutt, dass er nach der jüngsten 1:3-Niederlage beim VfL Wolfsburg nicht mehr nach der Zukunft von Huub Stevens gefragt wurde. „Wir haben es als Gesamtverein hinbekommen, dass unser Trainer großes Vertrauen spürt und seine maximale Leistung bringen kann“, sagt Dutt. Und damit niemand auf die Idee kommt, daran zu zweifeln, schiebt der VfB-Sportvorstand hinterher: „Der Trainer ist nicht unser Problem, sondern unser Pluspunkt.“