Der VfB Stuttgart hat für Daniel Didavi ein millionenschweres Vertragsangebot vorbereitet. Doch der Mittelfeldspieler schaut es sich nicht einmal richtig an. Sein Weggang scheint beschlossene Sache zu sein.

Sport: Carlos Ubina (cu)

Stuttgart - Pssssssst. Man muss immer noch vorsichtig sein in dieser heiklen Personalie, die beim VfB Stuttgart in den vergangenen Wochen kaum das Schnaufen vertragen hat. Kein falsches Wort durfte von Seiten der Clubführung fallen, keine falsche Geste und auch keine falsche Bewegung unterlaufen. Das ist zumindest der Eindruck, der sich beim Fußball-Bundesligisten verfestigt hat, wenn es um Daniel Didavi geht. Dessen Vertrag läuft am Saisonende bekanntlich aus, und der Mittelfeldspieler will weg. Am liebsten nach Leverkusen, nur will er es nicht sagen.

 

Warum das Didavi-Lager in puncto Zukunft eine derartige Heimlichtuerei betreibt, versteht beim VfB aber kaum einer. Den Stuttgartern kam es so vor, als lauere die Spielerseite nur darauf, ihnen fehlendes Fingerspitzengefühl vorwerfen zu können. Denn dann könnte der Linksfuß unbescholten seinen Abgang verkünden.

Dabei sei es völlig legitim, dass ein Spieler seine Möglichkeiten auslotet, meint Robin Dutt, der von Didavi ursprünglich Ende September wissen wollte, wohin die Reise geht. „Wir sind aber übereingekommen, dass es aufgrund der sportlichen Situation nicht sinnvoll ist, jetzt über Einzelverträge zu sprechen“, sagt der Manager. Was nach dem Fehlstart in die Liga und vor dem Spiel am Samstag bei der TSG 1899 Hoffenheim auch für den Österreicher Martin Harnik gilt, dessen Kontrakt ebenfalls ausläuft.

Verhandlungen wird es wohl nicht mehr geben

Vertragsverhandlungen wird es also nicht geben. Diese Woche nicht – und wahrscheinlich gar nicht mehr. Obwohl der VfB ja bereit ist, um seinen Regisseur zu kämpfen. Obwohl die Stuttgarter Didavi per Mausclick einen neuen Vertrag ausdrucken könnten. Alles ist vorbereitet, um den Techniker langfristig an den Club zu binden. Eine Laufzeit von vier Jahren plus das Millionenangebot, das den 25-jährigen Nürtinger zum Topverdiener in Stuttgart katapultieren würde – trotz seiner Verletztengeschichte und der Ungewissheit, die das lädierte Knie mit sich bringt.

Doch Didavi, der wegen seines Knorpelschadens regelmäßig aus dem Mannschaftstraining herausgenommen wird, und sein Berater Karlheinz Förster wollen sich die Offerte nicht einmal wirklich anschauen. Was den VfB darin bestärkt, dass die Entscheidung im Grunde längst gefallen ist. Denn ewig lockt nicht nur das Geld, sondern ebenso die Champions League. Und mit Bayer Leverkusen soll es nach dem Werben im vergangenen Sommer bereits eine mündliche Vereinbarung geben.

Rudi Völler hatte sich schon Ende Juni bei Dutt gemeldet – und Didavi haben wollen, für sechs Millionen Euro. Der VfB-Manager sagte dem Bayer-Sportdirektor höflich, aber bestimmt ab. Völler beendete das Telefonat mit den Worten, ob er sich in ein paar Wochen noch einmal melden könne.

Försters zwiespältige Rolle als Berater und VfB-Legende

Zwei Tage vor dem Transferende am 31. August rief Völler tatsächlich wieder an – und bot eine ganz andere Ablöse: 15 Millionen Euro für einen Spieler, der nur noch ein Jahr in Stuttgart gebunden ist. Ein verlockendes Sümmchen. Dutt lehnte dennoch ab, weil er das Team nicht sportlich schwächen wollte, anderen Transfers auch schon einen Riegel vorgeschoben hatte und auf die Schnelle keinen Ersatz bekommen hätte. Dazu pflegte er die leise Hoffnung, Didavi doch noch überzeugen zu können, beim VfB über Jahre eine Schlüsselrolle zu besetzen, auf und außerhalb des Platzes.

Noch vor zwei Wochen sahen sie beim VfB eine Minichance, ihre Nummer zehn zu halten. Doch jetzt ahnen sie, dass es im Didavi-Lager darum geht, dem Spieler einen unaufgeregten Abschied mit Blumen und warmen Worten am letzten Heimspieltag zu ermöglichen – und seinem Berater das Image des netten Herrn Förster zu erhalten. Denn der Europameister von 1980 befindet sich ja im Zwiespalt zwischen seiner Tätigkeit als Spieleragent und der Rolle als VfB-Legende. Er geht im Clubhaus an der Mercedesstraße ein und aus und will sich nicht nachsagen lassen, seinem Herzensverein die Profis wegzulotsen.

Doch ein Wechsel bleibt eben ein Wechsel, wovon in der Regel der Berater nicht unerheblich profitiert, selbst wenn keine Ablöse fließt. „Wir haben das jetzt nicht mehr in der eigenen Hand“, sagt Dutt – und wird sich wohl schon bald auf die Suche nach Nachfolgekandidaten machen. Wobei er den großen Druck nicht verspürt, da im Sommer der Vertrag mit Alexandru Maxim vorzeitig bis 2019 verlängert wurde – auch im Wissen um die heikle Didavi-Akte.