Der Trainer Jürgen Kramny meint, dass im Trainingslager auf Mallorca die Basis für den Klassenverbleib gelegt worden ist.

Stuttgart - Es ist kurz vor zwölf in Stuttgart. Auf dem VfB-Gelände herrscht Ruhe. Die Plätze liegen noch verwaist da. Wie immer sonntags bleibt zudem die Geschäftsstelle für den Publikumsverkehr geschlossen. Deshalb ist auch der Parkplatz vor der Vereinsgaststätte ziemlich leer. Aber es ist die Ruhe vor dem Sturm.

 

Zwei Stunden später wird es immer lauter. Die Mannschaft bestreitet die letzte Übungseinheit vor dem Abflug nach Bremen, wo an diesem Montag die im Kampf gegen den Abstieg richtungweisende Partie bei Werder auf dem Programm steht. Dabei werden die Spieler in der Heimat von rund 1200 Fans verabschiedet, die auf diese Weise ihre Solidarität zum Ausdruck bringen. Sie feuern das Team an – aber nur im Training. Auf die Reise in den Norden verzichten die Anhänger, um so gegen den ungewohnten und ungeliebten Spieltermin am Montagabend zu demonstrieren – ein Politikum.

Dass der VfB vor Ort auf Unterstützung verzichten muss, weiß Jürgen Kramny, als er gegen zwölf Uhr im Clubhaus vor die Presse tritt – und weiter ist ihm zu diesem Zeitpunkt auch schon klar, dass viele Anhänger nachher Spalier stehen werden, um den Spielern wenigstens etwas Mut zu machen für die schwierige Aufgabe an der Weser. „Eine überragende Geste und ganz, ganz wichtig für die Truppe“ sei das, sagt der Trainer, „das kann noch mal ein richtiger Push für uns sein.“

Der Trainer klopft entschlossen auf den Tisch

Rückenwind kann das Team auch gut brauchen, erst recht nach dem Frankfurter Sieg am Samstag in Darmstadt. Damit hat die Eintracht punktemäßig zu dem auf Rang 15 stehenden VfB aufgeschlossen, der wiederum noch zwei Zähler vor den auf dem 17. Platz geführten Bremern liegt. Zum einen belegt das, wie prekär die Situation jetzt tatsächlich geworden ist, aber andererseits stimmt trotzdem auch, was Kramny sagt: „Wir haben alles selbst in der Hand.“

Gleich mehrfach klopft der Trainer an diesem Sonntag mit der Faust auf den Tisch. Damit will er vermutlich die wilde Entschlossenheit zeigen, die er auch von seinen Spielern verlangt. Kramny lebt vor, worauf es ankommt – und er sagt es auch in Sätzen wie diesen: „Nun zählt es, voll da zu sein und sich voll zu wehren.“ Oder: „Jetzt fahren wir dahin und hauen alles raus, was in uns steckt.“ Dazwischen ruft er kurz: „Es geht darum, unbedingt gewinnen zu wollen“, ehe er etwas leiser erklärt, „dass alles, was wir machen, aus Überzeugung passiert“. Dann klopft er wieder mit der Faust auf den Tisch.

Das VfB-Team hat sein schönes Polster fast verspielt

Wahrscheinlich hat er das auch ein paarmal in dem dreitägigen Trainingslager gemacht, das der VfB in der vergangenen Woche auf Mallorca absolvierte. Aufwecken wollte er auf jeden Fall seine Profis, denen zuletzt in zehn Begegnungen nur ein einziger Sieg (5:1 gegen Hoffenheim) gelungen ist. Damit hat die Elf ihr schönes Polster fast verspielt. Laufbereitschaft, Wille, Zweikampfstärke, Leidenschaft – weil Kramny erkannt hat, dass all diese Eigenschaften seit einiger Zeit fehlen, hat er darauf auf Mallorca speziell hingewiesen.

„Wir müssen auf dem Platz viel mehr miteinander reden“, sagt der Trainer, „und wir müssen alle zusammenhalten.“ Die Förderung dieses Teamgeistes hat er aktuell in den Mittelpunkt seiner Arbeit gestellt. „Wir haben uns jetzt viel mit uns beschäftigt“, sagt Kramny, „noch haben wir in dieser Saison drei Spiele zu bestreiten. Neun Punkte sind im Topf – die wollen wir uns holen.“ Nicht, dass es bald kurz nach zwölf ist in Stuttgart.