Jan Schindelmeiser ist der neue starke Mann beim VfB Stuttgart. Der Sportvorstand steht vor einer großen Aufgabe. Er will den Verein zukunftsfähig ausrichten.

Stuttgart - Als die Tür aufgeht und die Kameras zu klicken beginnen, biegen Oliver Schraft, Mitglied der Geschäftsleitung und zuständig für die Kommunikation beim VfB Stuttgart, und Wilfried Porth, Stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats und Personalchef beim Unternehmen mit dem Stern aus Untertürkheim, gleich routiniert rechts ab. Nur der Hauptprotagonist nicht. Jan Schindelmeiser kurvt um das Podest und umarmt erst einmal VfB-Trainerlegende Jürgen Sundermann innig.

 

Schindelmeiser bereits mit ganzem Herzen dabei

Eine außergewöhnliche Geste bei einer Antrittspressekonferenz, die gleich mehrere Dinge zeigt. Zum einen widerlegt sie das hartnäckige Gerücht, Schindelmeiser sei eine gehörige Portion Arroganz und Eitelkeit zu eigen, was er gern durchblicken ließe. Wäre dem so, würde sich der gebürtige Flensburger sich sicherlich zuallererst im Blitzlichtgewitter sonnen, bevor er auch nur Hände schüttelt. Die letzten Jahre abseits des aufgeregten Bundesliga-Business haben Schindelmeiser offensichtlich merklich geerdet. Sie zeigt aber auch, dass sich Sundermann und Schindelmeiser kennen und schätzen. Dies wiederum belegt, dass sich der neue Vorstand Sport schon lange vor seinem Amtsantritt mit dem VfB und dem direkten Umfeld beschäftigt haben muss.

Was er dort erfahren hat und was im widerfahren ist, scheint ihm zu gefallen. „Ich hatte in den letzten sechs Jahren einige Angebote von Vereinen aus dem In- und Ausland und hätte schon längst wieder einsteigen können“, versichert er, „doch das wollte ich nicht. Wenn man so eine Aufgabe annimmt, dann muss es zwischen einem und dem Verein absolut passen.“ Beim VfB war dies der Fall. „Der Club hat mein Herz erobert“, sagt er, um sogleich nachzulegen: „Ich gebe einen Teil meines Lebens und meiner Seele, das kann man nur mit vollem Herzen machen.“

Integrativer Typ mit klarer Priorisierung

Das war es dann aber auch schon mit dem Pathos, der bei derlei Erstauftritten nur allzu gern feilgeboten wird. Schindelmeiser setzte im weiteren Verlauf lieber inhaltliche Pointen. Dabei hat er eine klare Priorisierung. „Primäres Ziel ist es, einen konkurrenzfähigen Kader zusammenzustellen. Das ist Stand jetzt nicht der Fall.“ Erst wenn das Transferfenster Ende August geschlossen ist, will sich der Neue dem strukturellen Teil seines zukünftigen Arbeitsgebiets widmen. „Wir wollen dem Club für die Zukunft ausrichten. Es gilt eine Atmosphäre zu schaffen, in der alle Mitarbeiter ihr Potenzial bestmöglich entfalten“, so Schindelmeiser, der immer wieder hervorhob, wie wichtig der Teamgedanke ist und dass er auch nicht gekommen sei, um nun alles auf links zu krempeln. „Es kann nicht im Interesse des Klubs sein, dass wieder einer kommt und alles ummodelt. Was gut läuft, wird natürlich beibehalten. Und das ist einiges“, betont er. Ziel muss es sein, „das Vertrauen der Menschen in die Zukunftsfähigkeit des Vereins wiederherzustellen.“

Drei weitere Abgänge

Bevor dies geschehen kann hat der neue Vorstand Sport mit seinen Mitarbeitern noch einen großen Berg Arbeit vor sich. Es gilt den Qualitätsverlust durch die bisherigen und bevorstehenden Abgänge (Kostic, Dié, Insua) aufzufangen. Dann muss er eine Mannschaft mit unterschiedlichsten Stellenbeschreibungen und Befindlichkeiten – etwa Thomas Hitzlsperger oder Marc Kienle und die Kaderplaner – auf Linie zu bringen und so zu dirigieren, dass sich die Strukturen tatsächlich erfolgversprechend ändern. Eine Aufgabe, an der schon einige in Stuttgart gescheitert sind. Ob Schindelmeiser dies gelingt, wird die Zukunft zeigen.