Löst beim VfB Stuttgart das Duo Krassimir Balakov und Zvonimir Soldo den glücklosen Thomas Schneider ab? Am Dienstag soll bei dem Fußball-Bundesligisten die Trainerfrage beantwortet werden.

Stuttgart - Der Traktor, mit dem der Rasen auf den Trainingsplätzen beim Clubhaus gemäht wird, ist dreckig. Das ist ein Problem. Deshalb schnappt sich der Greenkeeper den Gartenschlauch und spritzt das Fahrzeug so lange ab, bis es wieder sauber ist. Es ist kurz nach zehn Uhr. Damit hat der VfB Stuttgart an diesem Tag wenigstens ein kleines Problem gelöst. Das große Problem wurde dagegen vertagt.

 

Sind die Tage von Thomas Schneider gezählt?

Dieses Hauptproblem betrifft die Trainerfrage. Parallel zur Spritzaktion des Greenkeepers kommt Thomas Schneider aus der Kabine, um die Arbeit mit den Spielern aufzunehmen. Er ist noch im Amt – wie lange noch, ist jedoch ungewiss. Beantwortet wird die Trainerfrage am Dienstag auf einer Sitzung des Aufsichtsrats und des Vorstands. Zuvor leitet Schneider um zehn Uhr noch mal das Training. Und dann?

Rückblick. Am Sonntag hat die Mannschaft beim 1:2 in Frankfurt ihre achte Niederlage nacheinander kassiert. „Wie im falschen Film“ sei er sich vorgekommen, sagt der Präsident Bernd Wahler, weil die Pleite erneut in den letzten Minuten besiegelt worden war – wie zuvor gegen Mainz, den FC Bayern, Leverkusen und Hertha BSC. Wären diese Spiele schon nach 75 Minuten abgepfiffen worden, hätte der VfB jetzt sieben Punkte mehr auf dem Konto und würde nicht in Abstiegsgefahr schweben. Aber weil eine Partie erst nach 90 Minuten vorbei ist, wird das große Problem mit der Trainerfrage immer dramatischer.

Verhandlungsmarathon ohne Ergebnis

Gleich nach der Rückkehr aus Frankfurt am Sonntagabend hat sich Wahler mit Schneider und dem Manager Fredi Bobic getroffen, um die Lage zu erörtern und nach Auswegen zu suchen. Beginn 22.30 Uhr, Ende 1.45 Uhr, Ergebnis Fehlanzeige. Am Montag wurden die Gespräche dann fortgesetzt, auch im Beisein des Aufsichtsratschefs Joachim Schmidt. Zur Abrundung des Meinungsbilds saßen zwischendurch zudem einige Führungsspieler wie der Kapitän Christian Gentner mit am Tisch. Ergebnis: immer noch Fehlanzeige.

Denn sie wissen nicht, was sie tun sollen. Die Vereinsführung schwankt und wägt die Argumente für und gegen Schneider ab. Negativ fallen die acht Niederlagen ins Gewicht – genauso wie das Strickmuster, das dahintersteckt und darauf hindeutet, dass die Mannschaft konditionelle Defizite hat. Dabei sollten im Januar im Trainingslager in Kapstadt die körperlichen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Rückrunde gelegt werden.

Neue Strukturen im Team bleiben ohne Wirkung

Daneben verpufften alle Maßnahmen, die Schneider ergriffen hat, um neue Strukturen im Team zu schaffen. Entmachtet wurden Leitfiguren wie Georg Niedermeier und Martin Harnik, die speziell durch Vedad Ibisevic ersetzt werden sollten. Aber der Torjäger enttäuschte den Trainer, weil er sich nach einer Tätlichkeit eine fünfwöchige Sperre einhandelte. Nun sollen die degradierten Niedermeier und Harnik wieder mithelfen, den Totalschaden zu verhindern – eigentlich ein Widerspruch in sich.

Heißen Schneiders Nachfolger Balakov und Soldo?

Auf der anderen Seite hat die Clubspitze aber auch das große Ganze vor Augen mit dem Weg, den sie mit Schneider seit dessen Berufung am 26. August beschreiten will. Es ist der Stuttgarter Weg, der vorsieht, wieder verstärkt auf eigene Talente zu setzen – mit einem Trainer, der den gleichen Anspruch hat. Diesen Plan hat Schneider im vergangenen halben Jahr mit Timo Werner, Rhani Khedira und Robin Yalcin bereits ziemlich konsequent umgesetzt. „Das ist uns sehr wichtig“, sagt Wahler, Sollte Schneider am Dienstag entlassen werden, müsste Bobic den Nachfolger verpflichten. Nach StZ-Informationen würde in diesem Fall eine Doppelspitze mit Krassimir Balakov und Zvonimir Soldo installiert. Beide haben sich große Verdienste um den VfB erworben – als Spieler.

Es wird eine Bauchentscheidung geben

Diese Lösung ist wahrscheinlicher als der Verbleib von Schneider, aber noch ringt der VfB zwischen diesen Pro-und Kontra-Polen mit sich. Was ist stärker – die grundsätzliche Erkenntnis mit dem richtigen Weg oder die immer größer werdende Angst vor dem Absturz? „Das nimmt mich alles ziemlich mit“, sagt Wahler. Eine rational nachvollziehbare Basis für die Entscheidung ist kaum vorhanden, da die Mannschaft nicht in ihre Bestandteile zerfällt wie am Ende unter Schneiders Vorgänger Bruno Labbadia. Aber es fehlen auch Signale, die Hoffnung machen – siehe acht Pleiten am Stück.

Deshalb wird die Entscheidung für oder gegen Schneider so oder so eine Bauchentscheidung werden. „Es geht um den Verein und nur um den Verein“, sagt Wahler dann noch. Darum geht es aber bei allem – sogar wenn der VfB-Traktor geputzt wird.