Gewisse Parallelen aus der Abstiegssaison 2015/16 zur aktuellen Situation beim VfB Stuttgart sind nicht zu übersehen. Was macht Angst, was macht Hoffnung? Ein Vergleich.

Sport: Gregor Preiß (gp)

Stuttgart - Langsam dämmert auch den bundesweiten Medien, dass in Stuttgart der Kampf gegen den Abstieg begonnen hat. „Ist der VfB noch zu retten?“, fragt „T-Online.de“. „Spiegel Online“ schreibt: „Stuttgart ist der neue HSV“. Dass der Club plötzlich wieder überregional auf dem Radar erscheint, zeigt: Die Lage ist ernst. Auch bei so manchem Fan kehren die Dämonen aus der Saison 2015/16 zurück. Droht der nächste Abstieg? Was sind die Parallelen zu damals, was macht Hoffnung, dass es nicht erneut so kommt? Eine Bestandsaufnahme nach gut einem Viertel der Saison.

 

Erwartungshaltung:

Vor drei Jahren startete die Mannschaft mit viel Rückenwind in die neue Saison. Wie eigentlich immer. Nur dieses Jahr war noch ein bisschen mehr Euphorie als sonst. Der VfB hatte Paderborn überlebt, als erst wenige Minuten vor dem finalen Abpfiff die Rettung erfolgte. Es musste, es konnte nur besser werden. Und dann war da noch der vermeintliche Heilsbringer Alexander Zorniger, der mit seinem Vollgas-Fußball in der Vorbereitung Manchester City 4:2 vom Platz fegte.

Reschke legt sich früh fest

In diesem Sommer reichte es im letzten Test vor dem Pflichtspielstart zwar „nur“ zu einem 1:1 gegen Atlético Madrid. Zweifler in der weiß-roten Gemeinde suchte man angesichts der super Rückrunde und des frühzeitig feststehenden Kaders allerdings vergebens. Unsere Redaktion eingeschlossen, die schrieb: „Der VfB ist wieder wer.“ Vor dieser Saison war der Kampf gegen den Abstieg noch weniger ein Thema als damals. Genau genommen war er überhaupt keines. Auch Michael Reschke legte sich im August fest: „Damit werden wir nichts zu tun haben.“

Tabellensituation:

Die Korrektur des Sportvorstandes erfolgte schon Anfang Oktober nach dem 1:3 in Hannover. Reschke richtete den Blick erstmals offiziell nach unten. Weil seither keine Punkte mehr hinzukamen und der VfB auch nach neun Spieltagen und dem 0:4 in Hoffenheim bei mageren fünf Zählern hängengeblieben ist, hat die Mannschaft den schlechtesten Saisonstart der Clubgeschichte perfekt gemacht. Im Abstiegsjahr stand Zornigers Truppe zum selben Zeitpunkt mit immerhin sieben Punkten auf Rang 15. Am Ende sollten 33 Punkte nach einem starken Zwischenspurt nicht für den Klassenverbleib reichen.

Mit der drei-Punkte-Regel kann es in der Tabelle zwar schnell nach oben gehen. Ein Bremsklotz ist ein derart in den Sand gesetzter Saisonstart aber allemal – siehe den Hamburger SV im vergangenen Jahr. „Wir können die Tabelle lesen, sie spricht eine eindeutige Sprache“, weiß Reschke, was die Stunde geschlagen hat. „Wir müssen Punkte sammeln, um auch in der nächsten Saison Bundesliga zu spielen.“ 15 Punkte bis zur Winterpause wären nicht schlecht. Angesichts des Restprogramms erscheint aber auch das nicht als selbstverständlich.

Hier geht es zu den Hoffenheim-Noten unserer Leser

Kader:

In Timo Baumgartl, Christian Gentner, Emiliano Insua und Daniel Didavi steht noch ein Quartett aus der Abstiegssaison im aktuellen Kader. Mit der Abstiegsmannschaft hat der aktuelle VfB also nicht mehr viel gemein. Damals wie heute lautete die einhellige Meinung: Die Truppe ist zu gut zum Absteigen. Tatsächlich gab der Kader von 2016 was her – man denke an Spieler wie Martin Harnik, Serey Dié, Timo Werner oder Filip Kostic. Am Ende stand aber keine Mannschaft mehr auf dem Platz, die willens und spielerisch in der Lage war, das Malheur aufzuhalten. Mit dem VfB stieg vor zwei Jahren nicht zum ersten und sicher auch nicht zum letzten Mal eine der vermeintlich besseren Mannschaften ab – wie zum Beispiel der 1. FC Köln im Vorjahr.

Und jetzt? Galt die mit Rekordtransfers und vermeintlichen Juwelen für 35 Millionen Euro aufgepeppte Mannschaft vielen gar als Europapokalanwärter. Doch die Zweifel an der Kaderstärke werden von Spieltag zu Spieltag größer. Sportchef Reschke denkt schon über Neuverpflichtungen in der Winterpause nach. Die halfen damals aber auch nicht weiter, weshalb Präsident Wolfgang Dietrich hoffentlich Recht behält, wenn er sagt: „Wir können mit diesem Kader die Saison sehr gut bewältigen.“

Das sind die aktuellen Probleme in der Mannschaft

Konkurrenz:

Die üblichen Verdächtigen wie Mainz 05, SC Freiburg oder FC Augsburg entpuppen sich mal wieder als erstaunlich abstiegsresistent. Weshalb jeder VfB-Fan besser nicht darauf vertrauen sollte, dass einem der „Kleinen“ irgendwann doch der Saft ausgeht. Nach Meinung von Fernseh-Experte Jan Age Fjörtoft wird es für den VfB auf die beiden Aufsteiger ankommen. „Die Stuttgarter haben Glück, dass es Fortuna Düsseldorf und den 1. FC Nürnberg gibt. Für den VfB geht es um die Relegation.“

Anders als der VfB haben die beiden Aufsteiger ihr Schicksal bereits seit dem ersten Spieltag vor Augen. „Jede Saison gibt es eine Mannschaft, die nicht realisiert, dass sie im Abstiegskampf steckt“, ergänzte Fjörtoft am Sonntag bei „Sky“. „Vielleicht ist das bei Stuttgart der Fall.“ Auf Düsseldorf und Nürnberg sollten sich die Stuttgarter aber lieber nicht verlassen. Im Abstiegsjahr 2015/16 mischten mit Darmstadt 98 und dem FC Ingolstadt ebenfalls zwei krasse Außenseiter mit – und blieben drin.

Fazit:

Leider, so muss man aus VfB-Sicht sagen, sind zahlreiche Parallelen von heute zu damals nicht zu leugnen. Jedoch scheinen die Verantwortlichen auf dem Wasen den Ernst der Lage dieses Mal frühzeitig erkannt zu haben. Zumindest das macht Hoffnung.