Rotes Licht in der Cannstatter Kurve: Viele VfB-Fans stehen Pyrotechnik im Stadion positiv gegenüber. Der DFB jedoch bleibt hart - und brummt dem VfB eine Strafe auf.

Stuttgart - Die Verhandlung in Frankfurt hat mit einem Minimalerfolg geendet. Zwar kannte das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) auch diesmal keine Gnade und bestrafte den VfB dafür, dass Stuttgarter Fans beim Pokalspiel gegen Hamburg bengalische Feuer gezündet hatten, doch war es kein Fehler, dass bei dieser Gelegenheit gleich noch die Feuerwerkskörper mit sanktioniert wurden, die der VfB-Anhang zuvor in Nürnberg abgebrannt hatte. In der Summe ergab dies ein Bußgeld von 15.000 Euro - "ein Strafmaß mit Mengenrabatt", wie der VfB-Sicherheitschef Matthias Huber gequält lächelnd bilanziert.

 

Logischerweise ist man beim VfB nicht begeistert über das Verhalten der Fans, das dem Verein schadet und immer wieder Geld kostet. Weitere Strafen werden in Zukunft nicht ausbleiben, das ist auch Huber klar, weil es in einem Fußballstadion nie gelingen kann, sämtliche Fans unter völliger Kontrolle zu halten. Einigermaßen zuversichtlich sind sie beim VfB dennoch, dass es sich dabei nur um einzelne Ausrutscher handelt. Denn bei kaum einem anderen Club in der Bundesliga ist der Austausch zwischen dem Verein und seinen Fans derart rege wie in Stuttgart.

"Wir haben eine ganz enge Kommunikation, die dazu beiträgt, dass gegenseitiges Verständnis geschaffen wird", sagt Oliver Schaal. Als Vertreter der Ultraorganisation Commando Cannstatt sitzt Schaal im Fanausschuss des VfB, einem repräsentativen und mittlerweile demokratisch gewählten Querschnitt aller Stuttgarter Fangruppierungen. Regelmäßig trifft sich das Gremium mit Vereinsvertretern zum Gedankenaustausch, von dem, wie Schaal sagt, "beide Parteien profitieren". Beim Stadionumbau etwa wurden die Fans mit einbezogen und konnten ihre Bedenken zu einem Videowürfel oder einem verschließbaren Dach anbringen.

DFB und DFL beenden Dialog über Pyrotechnik abrupt

Im Gegenzug blieb die Stimmung unter den Fans auch in den größten sportlichen Krisenzeiten der vergangenen Saison vergleichsweise ruhig. "Wir haben eine Vertrauensbasis, die auch Konflikte aushält", sagt Schaal. Ein Konflikt jedoch ist derzeit kaum zu lösen: der Einsatz von Pyrotechnik. Nicht als Randale oder als Protest begreifen die Fans das Abbrennen von bengalischen Feuern, sondern als Stilmittel, um eine besondere Atmosphäre zu erzeugen.

In der Tat sieht es sehr eindrucksvoll aus, wenn die Cannstatter Kurve wie beim Pokalspiel gegen den HSV in rotes Licht getaucht ist - das Problem ist nur: die Pyrotechnik ist aus Sicherheitsgründen verboten. Das haben der DFB und die DFL vergangenes Jahr unmissverständlich erklärt, nachdem es zuvor zu Annäherungen zwischen Verband und Fangruppen gekommen war.

Dass der Dialog über einen kontrollierten Einsatz von Pyrotechnik von Seiten des DFB und der DFL so abrupt beendet wurde, das haben weder die Fans noch die Vereine verstanden. "Es ist verpasst worden, sich weiter Gedanken darüber zu machen", sagt der VfB-Sicherheitschef Huber, der sich gewünscht hätte, in die Gespräche einbezogen zu werden.

Und auch der Fanvertreter Schaal sieht sich "ratlos zurückgelassen". In der Fankurve sei "der Drang, Pyrotechnik zu zünden, nun einmal immer latent vorhanden", und auf Dauer sei es nicht möglich, "den Druck im Kessel zu halten". Das völlig falsche Signal sei es daher gewesen, "das Thema par ordre du mufti zu beenden".

Erwartungen an den VfB

Die Fans erhoffen sich nun vom VfB, dass er auf die Verbände einwirkt, die Gespräche wiederaufzunehmen. Huber will dem Wunsch nachkommen. Vorerst aber bleibt ihm, auch im Sinne der Vereinskasse, nichts anderes übrig, als die geltenden Vorschriften umzusetzen: "Solange es so ist, werden wir alle Vergehen verfolgen und ahnden." Und beim Heimspiel gegen Mönchengladbach werden am Sonntag die Kontrollen verschärft.

Streitthema Pyrotechnik

Gespräche Im Frühjahr 2011 hatten der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und die Deutsche Fußball-Liga Gespräche mit 150 Ultra-Gruppierungen über den kontrollierten Einsatz bengalischer Feuer aufgenommen. In einer Testphase verzichteten Fans auf jegliches Abbrennen, im Gegenzug versprachen die Verbände zu prüfen, ob ein Einsatz von Pyrotechnik in ausgewiesenen Bereichen möglich ist.

Verbot Im Herbst kündigten DFB und DFL das Experiment auf und unterstrichen das dauerhafte Verbot bengalischer Feuer. "Wir bleiben gerne mit den Fans im Gespräch - aber nicht über Pyrotechnik", sagt das DFL-Vorstandsmitglied Holger Hieronymus. Die Fans fühlten sich verschaukelt.

Reaktion Nach dem Abbruch der Gespräche kam es in vielen Stadien wieder zum Einsatz von Pyrotechnik. VfB-Fans brannten während des Pokalspiels gegen den Hamburger SV bengalische Feuer ab.