Der VfB Stuttgart hat das Geschäftsjahr 2011 mit einem kleinen Gewinn von 71.000 Euro abgeschlossen. Dennoch wandelt der Club in den Augen seines Präsidenten Gerd Mäuser auf einem schmalen finanziellen Grat und muss einen Transferüberschuss erzielen.

Stuttgart - Eines weiß Ulrich Ruf genau – in der Haut von Peter Peters will er nicht stecken. Denn der Schatzmeister des FC Schalke schiebt einen riesigen Schuldenberg vor sich her. Im Augenblick steht der Club mit 185 Millionen Euro in der Kreide. Aber Peters ist nicht der Einzige, der mit diesem Problem zu kämpfen hat. Auch Hertha BSC (35 Millionen Euro), der 1. FC Köln (31 Millionen) oder der Hamburger SV (20 Millionen) schreiben tiefrote Zahlen. Dagegen liest sich der aktuelle Schuldenstand des VfB, den Ruf am Montagabend auf der Mitgliederversammlung verkündete, mit 4,7 Millionen Euro eher schwäbisch-bescheiden.

 

Das ist für den Stuttgarter Finanzchef kein Grund zur Sorge, da diesem Betrag zudem erstens ein Vereinsvermögen von 21,6 Millionen Euro gegenübersteht. Und zum Zweiten hat der VfB das Geschäftsjahr 2011 mit einem kleinen Gewinn in Höhe von 71 000 Euro abgeschlossen – im Gegensatz zu 2010, als ein Verlust von 2,2 Millionen Euro notiert werden musste. Angesichts dieser Entwicklung ist dann auch Gerd Mäuser zufrieden. „Wir stehen zwar nicht fantastisch da, aber wir stehen ordentlich da“, sagt der Vereinspräsident.

Umsatz bleibt stabil

Auf einem schmalen Grat

Dabei verweist er auch auf den Gesamtumsatz, der mit 117 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr stabil geblieben ist. Weil jedoch Einnahmen in dieser Größenordnung nötig sind, um die laufenden Ausgaben zu decken, wandelt der VfB laut Mäuser dennoch auf einem schmalen Grat.

Aus der Bilanz für 2011 geht hervor, dass sich der Verein wirtschaftlich auf vier Säulen stützt. Wenn nur eine einbreche, sei das ganze System gefährdet, sagt Mäuser, „dann geraten wir in Schwierigkeiten.“ Aber der Reihe nach, von eins bis vier.

Säule eins – die Spielerträge. Sie sind von 27,8 auf 29,5 Millionen Euro gestiegen – auch wegen der neuen Arena. In der vergangenen Saison stellte der VfB da einen Zuschauerrekord auf – mit durchschnittlich 54 406 Besuchern pro Partie. Damit belegte der Club europaweit den achten Platz. An der Spitze lag Borussia Dortmund vor dem FC Barcelona, Manchester United und Real Madrid. „Diese Quelle ist bei uns ausgeschöpft“, sagt Mäuser, „schließlich können wir nicht noch ein Stadion bauen.“

Säule zwei – die Werbeerträge. Sie sind 2011 zwar von 20,5 Millionen auf 19,9 Millionen Euro etwas gesunken, doch für Mäuser ist das immer noch ein Spitzenwert. „Auch da ist die Grenze des Wachstums erreicht“, sagt der Präsident, für den es ein Alarmzeichen ist, dass in Werder Bremen und dem 1. FC Nürnberg zwei Bundesligisten ohne Trikotpartner dastehen. Der VfB hat dagegen die Daimlerbank gefunden.

TV-Rechte bringen mehr Geld

Säule drei – die medialen Verwertungsrechte. Da wird künftig erheblich mehr Geld auf das Konto fließen als zuletzt mit 27 Millionen Euro. Denn die Deutsche Fußball-Liga (DFL) hat von 2013 an einen neuen Fernsehvertrag abgeschlossen – „und dabei einen hervorragenden Job gemacht“, sagt Mäuser, der jetzt nur hofft, „dass nicht alles gleich wieder eins zu eins in die Taschen der Spieler wandern wird“.

Bleibt Säule vier – die Transferentschädigungen. Für seinen Geschmack viel zu oft hat Mäuser den Vorwurf gehört, der VfB spare sich zu Tode. Deshalb holt er zum Gegenangriff aus und präsentiert alle Transfererlöse und Transferausgaben inklusive der Nebenkosten seit 2007. Demnach hat der VfB in diesem Zeitraum 90,6 Millionen Euro eingenommen – das meiste für Mario Gomez, Sami Khedira, Christian Träsch und Bernd Leno. Ausgegeben hat der Club 66,5 Millionen Euro. Haben die Kritiker also doch recht, die Mäuser einen sturen Sparkurs unterstellen?

Eine Rechnung ohne Zukunft

Nein, sagt der Präsident, man müsse das Gebilde in seiner Gesamtheit betrachten. So rechnet er auch Beraterhonorare von 15,2 Millionen Euro in seine Auflistung mit hinein, die gezahlt werden mussten, um Verträge von Leistungsträgern wie Gomez, Khedira oder Matthieu Delpierre zu verlängern. Und obendrauf setzt Mäuser noch die Kosten für die Nachwuchsarbeit: 25 Millionen Euro. Abschließend lautet das Ergebnis dann: Transfereinnahmen von 90,6 Millionen Euro stehen Spielerausgaben von 106,7 Millionen Euro gegenüber.

Das ist die Rechnung, die für Mäuser keine Zukunft hat. Denn: „Ohne Transferüberschuss kommen wir sofort in die Bredouille“, sagt der Präsident, für den daraus folgt, „dass wir auf die Jugend setzen müssen. Das ist sportlich attraktiv – und wirtschaftlich.“ Der VfB sei ein Ausbildungsverein. „Ich setze unsere Existenz nicht aufs Spiel, nur weil wir meinen, einmal alles für die Champions League riskieren zu müssen“, sagt Mäuser, „wenn das schiefgeht, droht im schlimmsten Fall die Insolvenz.“ Und im besseren Fall ein Zustand wie bei Peter Peters auf Schalke.