Der Auftaktsieg des VfB Stuttgart gegen den FC St. Pauli ist reich an Erkenntnissen, aber arm an fußballerischer Qualität. Was auch daran liegt, dass Alexandru Maxim lange auf der Bank schmort und nun weg will.

Sport: Carlos Ubina (cu)

Stuttgart - Schlusspfiff in der Mercedes-Benz-Arena: Mitch Langerak tollt jubelnd herum. Stephen Sama sinkt erleichtert auf die Knie – und drum herum tost das schwäbische Freudenmeer. Fast 60 000 Menschen im Stadion klopft das Herz und rast der Verstand. So rauschhaft fühlt sich also die zweite Liga in Stuttgart an. Zumindest wenn man den Auftakt des VfB gegen den FC St. Pauli vom glücklichen Ende her betrachtet. 2:1 gewonnen. In einem Spiel, das reich an Erkenntnissen war, aber auch an den vergangenen Mai erinnerte.

 

Erstklassige Kulisse und lausiger Fußball. Es schien fast so, als wolle der VfB seinen Fans den Erstkontakt mit der neuen Liga nicht wie das Eintreten in eine andere Galaxie vorkommen lassen. Vieles war anfangs wie immer: die gleichen Leute im Stadion, die gleich hohe Emotionalität und Spannung auf den Rängen und die gleichen Probleme auf dem Platz. Eine Abwehr, die wie ein Wackelpudding wirkt. Ein Mittelfeld, dem beim Passen die Knie weich werden. Ein Stürmer, der in der Luft hängt.

Zusammen hat das eine armselige fußballerische erste Hälfte ergeben, zumal die Angst der Spieler, den Saisonstart zu vermasseln, noch das letzte Quäntchen an spielerischem Element aufgefressen hat. „Die Favoritenrolle, die Nervosität, die Erwartungshaltung hier – damit ist es schwer umzugehen“, sagt der Trainer Jos Luhukay, „denn die Mannschaften, die hierherkommen, können nur gewinnen.“ Seine Elf dagegen spielt in dem Gefühl, fast nur verlieren zu können. Siege werden als normal erachtet, Niederlagen als Katastrophen.

VfB-Elf besteht aus vielen Kompromissen

Somit bewegen sich die Stuttgarter schon jetzt wie auf einem Drahtseil. Mit einer Mannschaft, die noch aus vielen Kompromissen besteht – plus einem Problemfall. Wobei Alexandru Maxim so zu bezeichnen leicht in die Irre führen kann, da der Mittelfeldspieler am Montagabend gegen das Team von Trainer Ewald Lienen eindeutig die Lösung aller sportlichen Aufgaben war. Er hat den 0:1-Rückstand durch Aziz Bouhaddouz ausgeglichen (67.). Er hat den Siegtreffer durch Christian Gentner mit vorbereitet (87.). Und er hat hinterher alle Diskussionen beherrscht, weil Luhukay 45 Minuten lang auf den Kreativspieler verzichtet hatte.

„Doch wer garantiert mir, dass wir mit Alexandru Maxim in der ersten Hälfte ebenfalls erfolgreich gewesen wären“, sagt der Trainer, der in der Überzeugung handelt: „Erst brauchen wir die richtige Mentalität, um am Ende die Qualität abzurufen.“ Also erst den Abnutzungskampf der zweiten Liga annehmen, ihn bestehen, und in der Schlussphase darf dann ein feines Füßchen zur Entscheidung beitragen. Das ist Luhukays Ansatz, der bereits dreimal in der Bundesliga geführt hat. Das hat er nach eigener Aussage schon vor einer Woche Maxim erklärt – und ihm mitgeteilt, dass er gegen St. Pauli nicht in der Anfangself stehen werde.

Doch mit dieser Maßnahme hat sich Luhukay nun eine Baustelle aufgerissen, die nur schwer zu schließen sein wird. Maxim will weg (siehe auch „Maxim war der Unterschied“). Denn der Rumäne sieht sich zwar als ein Mann für magische Momente, aber eine Sonderrolle beansprucht er nicht. Nach Jahren als Ergänzungsspieler will er in Stuttgart lediglich die Wertschätzung spüren, die er schon lange vermisst.

„Ich bin keine 18 Jahre mehr, sondern 26. Ich weiß, was zu tun ist“, sagt Maxim über die Vorbereitungsphase und die Vermutung, er habe es am nötigen Trainingseifer fehlen lassen. Konkrete Vorwürfe Luhukays gibt es auch nicht. „Jeder Spieler muss mir aber täglich zeigen, dass er unseren Weg mitgehen will“, sagt der Trainer, der bereits bei seinem Dienstantritt betont hat, dass er nur Spieler im Kader duldet, die sich in der Mannschaft einordnen und dem Erfolg alles unterordnen.

Maxim hält sich öffentlich zurück

Maxim hat das bisher ohne Murren getan. Und auch nach der heißen Begegnung mit den Hamburgern kam ihm öffentlich kein kritisches Wort über die Lippen. Trotz der großen Enttäuschung und der späten Genugtuung nach seiner Einwechslung. „Ich bin froh, dass ich der Mannschaft mit meinen Aktionen helfen konnte“, sagt Maxim. Was ihn – trotz aller Spannungen – Luhukay zumindest verbal wieder etwas näher bringt. „Ich freue mich nach dem Sieg für die Mannschaft, und ich freue mich für Alex“, sagt der Trainer, der als Nächstes jedoch die Frage beantworten muss, ob er den Spielmacher am Freitag in Düsseldorf von Beginn an einsetzt.

Nach Luhukays Geschmack ist diese Debatte, die sich nun entzündet hat, sicher nicht. Und auch dem Manager Jan Schindelmeiser kann die Entwicklung nicht behagen, da er ohnehin noch nach Verstärkungen Ausschau hält und eine Schwächung des Teams nicht vorgesehen ist.