In der Fußball-Bundesliga gleicht die sportliche Tabelle immer mehr einer Geldrangliste. Gemäß dem Motto: Geld schießt halt doch Tore! Das macht es dem VfB Stuttgart schwer, wieder nach oben zu kommen.

Sport: Carlos Ubina (cu)

Stuttgart - Klar, der FC Bayern und Borussia Dortmund spielen in einer anderen Preisklasse. Auch Schalke 04 und Bayer Leverkusen sind akzeptiert. Doch mit dem VfL Wolfsburg und Borussia Mönchengladbach beginnt das Grummeln, das sich über die TSG 1899 Hoffenheim, Hannover 96 oder den Hamburger SV zum Problem für den VfB Stuttgart auswächst. Ganz zu schweigen vom SC Freiburg, Hertha BSC oder dem FSV Mainz 05, die über weitaus weniger finanzielle Möglichkeiten verfügen als der VfB – ihn sportlich aber trotzdem zu überflügeln scheinen.

 

Es fallen einem auf Anhieb also acht, neun gute Gründe ein, warum es die Stuttgarter wieder nicht in die obere Tabellenhälfte der Fußball-Bundesliga schaffen, geschweige denn auf einen Rang, der auf die internationale Bühne führt. Denn vor dem Ligastart am Freitag orientieren sich viele Prognosen an der Finanzpower der Clubs. Was einerseits dazu führt, dass einem der Ausgang in der deutschen Eliteklasse sehr erwartbar erscheint. Andererseits verdichtet sich die These, dass die Bundesligatabelle einer Geldrangliste gleicht. Gemäß dem Motto: Geld schießt halt doch Tore!

Traditionsvereine tun sich schwer

Fredi Bobic widerspricht dem nicht. Dazu ist der VfB-Manager viel zu sehr Realist. Er mag die Entwicklungen in der Liga aber auch nicht zu vereinfacht dargestellt sehen. Dafür spielen zu viele Faktoren eine Rolle. „Die Traditionsvereine tun sich besonders schwer, sich in diesem Verteilungskampf wieder oben zu positionieren“, sagt Bobic. Wie der VfB. Oder der HSV. Oder Werder Bremen. Clubs, die sich in ihren Ansprüchen an der langen Geschichte mit Erfolgen orientieren. Aber auch Clubs, denen gerade deshalb der Sprung in die Gegenwart oft nicht gut gelingt.

In der vergangenen Saison steckten mit Stuttgart, Hamburg und Nürnberg drei große Traditionsvereine voll im Abstiegskampf, die Franken gingen letztlich neben Braunschweig runter. Werder Bremen und Eintracht Frankfurt mussten ebenfalls lange nach unten schauen. Jetzt kämpft der VfB auf vielen Ebenen darum, wieder den Anschluss nach oben zu schaffen. Dabei geht es um Zukunftslösungen wie die angestrebte Ausgliederung der Profiabteilung aus dem Gesamtverein, um neues Kapital zu erhalten. Aber ebenso um einen Prozess, den Bobic nach der finanziellen Konsolidierung in der Kaderplanung in die Wege geleitet hat.

Die Mannschaft wurde billiger und jünger. „Wir wollen organisch wachsen“, sagt Bobic. Das sagt der Manager häufig zurzeit und schielt dabei zum Sonntagsgegner Gladbach. Dort wurde mit viel Geduld und auch genügend Geld eine verheißungsvolle Mannschaft aufgebaut. „Die Frage ist dann, wie weit dieses Wachstum geht“, sagt der VfB-Manager, „irgendwann brauchst du ja wieder mehr Kapital.“ Denn je besser ein Team wird, desto teurer muss es verstärkt werden, um es auf Topniveau zu halten.

Spieler der gehobenen Kategorie lassen sich dann nur noch sehr selten in Nischen finden. Das weiß kaum einer besser als Bobic. Seit vier Jahren versucht er, ablösefreie oder günstige Profis nach Stuttgart zu locken. Jetzt konnte er knapp zehn Millionen Euro in Zugänge investieren. Das ist nicht wenig Geld, aber im Vergleich zur Konkurrenz auch nicht viel. Leverkusen steckte 30 Millionen Euro in seinen Kader, Hamburg mit Investorenhilfe 25 Millionen, Hoffenheim fast 20 Millionen und Hannover in einer für den Club einmaligen Transferoffensive mehr als zehn Millionen.

Bobic will das finanzielle Risiko erhöhen

„Auch wir müssen ein gewisses Risiko eingehen“, sagt Bobic. Weil sich die Perspektiven nicht nur aus den Personaletats ableiten, sondern ebenso aus den Transferausgaben und Gesamtbudgets. Mit einem Jahresumsatz von 115 Millionen Euro zählt der VfB immer noch zu den acht Erstligisten, die einen dreistelligen Millionenumsatz ausweisen. Und mit ihrem Spieleretat von knapp 40 Millionen Euro gehören die Stuttgarter nicht zu den Armen der Liga. „Wir können aber nicht halb so viel ausgeben wie die ersten vier“, sagt Bobic.

Letztlich geht es also um den effektiven Einsatz der vorhandenen Finanzkraft. Aus wenig viel zu machen – das ist die Kunst. In Stuttgart nährt aber genau dieses Verhältnis (oder Missverhältnis) die Zweifel an der Personalpolitik. Sogar im Verein selbst, wo auch darüber diskutiert wird, ob es nicht besser wäre, Antonio Rüdiger für eine angemessene Ablösesumme ziehen zu lassen.

15 Millionen Euro hat der AS Monaco für den Abwehrspieler geboten, zuvor der FC Porto schon 13 Millionen Euro. Summen, die einen schwach werden lassen können. Vor allem, wenn man Finanzchef wie Ulrich Ruf ist und auf Verluste in seinen Bilanzen blickt. „Der sportliche Wert steht momentan aber im Vordergrund“, sagt Bobic. Weshalb er eine grußlose Botschaft ins Fürstentum geschickt hat: Monacos Vertreter brauchen erst gar nicht in Stuttgart zu erscheinen. Verhandeln zwecklos. Denn für den VfB geht es im Kampf um ein gesundes Wachstum nicht nur um Geld oder Geduld, sondern ebenso um Glaubwürdigkeit.