Der VfB will sich fit für die Zukunft machen. Doch dazu braucht er außer frischem Geld auch frische Ideen. Eine Bestandsaufnahme vor der Mitgliederversammlung am Montag.

Stuttgart - Droht mit der Ausgliederung der Profiabteilung ein Ausverkauf des Vereins? Was passiert eigentlich mit dem Geld, das durch die neue Struktur hereinkommen soll? Und wie will sich der VfB in Zukunft präsentieren und positionieren – auch und vor allem personell?

 

All das sind Fragen, die rund um den Stuttgarter Fußball-Bundesligisten bewegen. Hier einige Antworten im Vorfeld der Mitgliederversammlung am Montag.

Die Ausgliederung

Stefan Heim ist in den vergangenen Wochen und Monaten viel unterwegs gewesen. Er hat auch zahlreiche Gespräche geführt – und vor allem zugehört. Bei allen 13 Fußball-Bundesligisten, die eine Ausgliederung der Profiabteilung aus dem Gesamtverein schon hinter sich haben, ist der VfB-Direktor für Sonderprojekte gewesen. Alles, um sich ein Bild zu machen. Um die Chancen und Risiken abzuwägen. Und um letztlich alles zusammenzuführen.

Nun sollen die VfB-Mitglieder am Montag auf den aktuellen Sachstand gebracht werden. „Wir wollen durch eine Ausgliederung handlungsfähiger werden“, sagt Heim, „aber wir wollen jetzt erst einmal informieren. Transparent und offen.“ Die Befürchtung bei den Stuttgarter Clubverantwortlichen ist nicht gerade klein, dass die Diskussion emotional werden könnte. Weshalb sie immer wieder betonen: Es wird am Montag nichts entschieden.

Noch nicht. Der Zeitplan sieht vor, dass es im Frühjahr nächsten Jahres so weit sein könnte. Vorausgesetzt sämtliche Fragen der Mitglieder können in den nächsten Monaten beantwortet, sämtliche Bedenken ausgeräumt und sämtliche Formalitäten erledigt werden. Dann müssten 75 Prozent der Mitglieder für eine Ausgliederung stimmen. „Eine hohe Hürde“, wie Heim sagt. Aber zu Recht. Da natürlich die Sorge mitschwingt, der VfB könnte bald schon fremdbestimmt sein. Durch Investoren.

Doch die 50+1-Regel des Ligaverbandes DFL lässt das schon rein formal nicht zu. Der VfB beabsichtigt, im Idealfall 70 Prozent der Anteile im Verein zu belassen. Und: „Investoren schauen nur auf die Rendite, aber wir wollen strategische Partner mit Heimatbezug für uns gewinnen“, sagt der Präsident Bernd Wahler. Unternehmen aus der Region, die im VfB etwas Besonderes sehen. Neues Kapital wollen die Stuttgarter dadurch generieren. Vielleicht 30 Millionen Euro. Am liebsten aber mehr.

Doch über Zahlen mag Bernd Wahler noch nicht sprechen, auch nicht über potenzielle Partner. Nur so viel: „Die Gespräche laufen gut. Es gibt hier einige Firmen, die in ihrem Bereich Weltmarktführer sind und sich mit sportlichen Erfolgen identifizieren wollen.“ Doch gerade hier müssen die VfB-Fußballer erst einmal Ergebnisse liefern. Weshalb Wahler die Ausgliederung nur als Teil eines Gesamtplanes für die Zukunftsfähigkeit des VfB sieht.

Das Geld

Wie viel es letztlich sein wird, ist wie erwähnt offen. Klar ist aber schon jetzt, was mit dem frischen Geld passieren soll. „Wir werden dann nicht sofort in drei Superstars investieren“, sagt Bernd Wahler. Ein Großteil des Geldes werde jedoch in den Bereich Sport fließen – in Steine und Beine. Sprich: in neue Spieler, aber auch in neue Plätze zum Beispiel. Läuft das Projekt wie vorgesehen, dann würde die Ausgliederung sich ab der Saison 2015/2016 direkt auswirken.

Bis dahin will und muss der VfB weiter Überzeugungsarbeit leisten. „Im Moment haben wir einen Wettbewerbsnachteil“, sagt der Präsident. Was auch durch eine Statistik belegt wird. Der VfB ist 2007 der letzte eingetragene Verein gewesen, der die deutsche Meisterschaft gewonnen hat. Ansonsten haben in den Jahren davor und danach AGs, GmbHs oder GmbHs & Co. KGaA den Titel gefeiert. Und jetzt sind außer dem VfB in der Bundesliga nur noch der FC Schalke 04, der SC Freiburg, der 1. FSV Mainz 05 und der SC Paderborn traditionell als Vereine eingetragen.

Klar ist aber auch, dass sich die Stuttgarter zwar an anderen Bundesligisten wie etwa Borussia Mönchengladbach orientieren, letztlich jedoch einen eigenen Weg beschreiten wollen. „Wir wollen hier nicht den FC Bayern oder Borussia Dortmund kopieren“, sagt Wahler, „sondern es geht hier um ein Original.“ Wobei ebenso unbestritten ist, dass die angestrebte Ausgliederung nur bessere Voraussetzungen schaffen soll, eine Erfolgsgarantie ist sie nicht.

Die Marke

Der VfB hat einen weiteren Neuzugang verpflichtet: jedoch noch keinen weiteren Spieler, sondern in Jochen Spieth einen Markenbeauftragten – was nicht viele Vereine haben. Wie der Name schon sagt, soll er den Club als Marke auf dem Markt positionieren und die Marke schärfen, nach dem Vorbild des FC Bayern, von Borussia Dortmund, des FC Schalke oder auch des FC St. Pauli, die laut dem VfB-Chef Bernd Wahler die einzigen echten Marken im deutschen Profifußball sind. Aber was für eine Marke will der VfB sein – und wie wird er diese Marke?

Mit diesen Fragen hat sich der Markenbeauftragte Spieth seit seinem Dienstantritt am 1. Juli beschäftigt – und damit beschäftigt er sich auch weiter. Denn so schnell wird der VfB nicht die Marke, die er in den Augen vieler Fans werden soll.

Dazu hat sich der Verein an der Basis umgehört und auf die Frage „Warum liebst du den VfB?“ insgesamt 900 Aussagen von seinen Anhängern bekommen. Ganz vorne lag bei der Auswertung der Begriff „Heimat“, gefolgt von „Fankultur“, „Sozialisation“ und „Tradition“. Die zweite Frage lautete: wofür steht der VfB? Schwerpunktmäßig gab es sechs Antworten mit einer beliebigen Reihenfolge: a) Vertrauen in den Nachwuchs, b) Emotionale Heimat, c) Fußball-Leidenschaft mit Tradition, d) Schwäbische Hochleistungskultur, e) Unternehmerisches Geschick und f) Vorbild für andere. Jetzt ist es die Aufgabe von Jochen Spieth, die beiden Fragen so miteinander zu verbinden, dass daraus ein stimmiges Markenbild entsteht. Im Idealfall sieht das dann so aus wie auf Schalke, wo sich sogar die Sponsoren in den Vereinsfarben blau und weiß präsentieren.

Bis dahin ist es allerdings ein weiter Weg für den VfB. Die Vereinsführung weiß, dass dieser Weg nur zu Ende gegangen werden kann, wenn sich die Botschaft der Marke auch auf dem Platz widerspiegelt. Das funktionierte vor einigen Jahren beispielsweise eine Zeit lang bei den jungen Wilden, da viele Spieler wie Kevin Kuranyi oder Andreas Hinkel und später Mario Gomez, Sami Khedira oder Serdar Tasci noch jung und wild waren. Als diese Philosophie aber nicht mehr gelebt wurde, funktionierte es nicht mehr. Und jetzt? Welche Philosophie ist bei der Zusammenstellung der aktuellen Mannschaft zu erkennen?

Die nächste Saison

Am 24. August wird es mit der Partie in Mönchengladbach wieder ernst. Bis dahin dürfte es zwar noch den einen oder anderen Transfer geben, aber große Sprünge in Form eines echten „Krachers“ sind finanziell nicht drin. Angesichts dessen ist es schwierig, kurzfristig Aufbruchstimmung zu verbreiten. „Was den Etat betrifft, sind wir im Mittelfeld der Liga unterwegs – und dahin müssen wir auch in der Bundesligatabelle kommen“, sagt Bernd Wahler.

Von diesem Ziel war die Stuttgarter Mannschaft zuletzt weit entfernt – eine Frage der sportlichen Qualität im Team, das nun im Rahmen der wirtschaftlichen Möglichkeiten verstärkt werden soll. Immerhin konnten die Sponsoreneinnahmen um rund zehn Prozent gesteigert werden – Geld, das theoretisch wieder ausgegeben werden kann. Und praktisch?

Bis jetzt hat der VfB nur Florian Klein (RB Salzburg), Adam Hlousek und Daniel Ginczek (beide Nürnberg) verpflichtet und damit die Abgänge von Ibrahima Traoré, Arthur Boka und Cacau höchstens ausgeglichen. Deshalb fordert der neue Trainer Armin Veh bereits, dass nachgebessert wird, um nicht wieder so in die Bredouille zu geraten wie in der vergangenen Runde. Momentan würden mehrere Optionen geprüft, sagt Wahler, „aber es ist nicht so, dass wir uns da treiben lassen und morgen irgendeinen präsentieren, nur damit irgendeiner präsentiert ist.“ Kurzschlusshandlungen werde es da nicht geben.

Der Sportausschuss

Sportausschuss will Wahler zu dem Gremium nicht sagen, dem einige frühere VfB-Profis und/oder VfB-Trainer angehören sollen, die das Management um den Sportvorstand Fredi Bobic beraten. Wahler spricht lieber von einem Spielerrat, besetzt mit Experten, „deren Netzwerke und deren Knowhow wir besser nutzen wollen“.

Welche Kompetenzen der Expertenrat besitzt, ist allerdings noch genauso unklar (das wird erst mit den Kandidaten diskutiert) wie die Antwort auf die Frage, wer letztlich in dem Ausschuss sitzen wird. Laut Wahler sind neben den ohnehin bereits offiziell in die Vereinsarbeit eingebundenen Hansi Müller, Hermann Ohlicher, Guido Buchwald und Rainer Adrion auch kritische Geister von außen willkommen.

Namen kann der Präsident auf der Mitgliederversammlung am Montag aber noch nicht nennen, weil beispielsweise mit dem von vielen Fans ausdrücklich gewünschten Karl Allgöwer noch kein konkretes Gespräch geführt wurde – obwohl der Plan mit dem Spielerrat schon länger in der VfB-Schublade liegt. Ein weiterer Kandidat neben Allgöwer ist Thomas Hitzlsperger.

Es bahnen sich also einige Comebacks an – Teil einer Strategie von Wahler, für den Heimatverbundenheit und Stallgeruch mit ein Einstellungskriterium sind. Beides kann Oliver Schraft vorweisen. Der ehemalige Mediendirektor ist vor zwei Jahren vor dem alten Präsidenten Gerd Mäuser zum VfL Wolfsburg geflüchtet – und kehrt jetzt zurück, als eine Art Unternehmenssprecher. „Wir brauchen aber auch externe Impulse“, sagt Wahler. Dafür soll in dem Spielerrat dann etwa Karl Allgöwer sorgen – wenn man mit ihm geredet hat.