Der VfB-Aufsichtsrat bezieht im Transferzoff zwischen Trainer und Sportchef klar Stellung. Wilfried Porth kritisiert vor allem den Coach, der gut beraten ist, wenn er mit Erfolgen seiner Mannschaft antwortet.

Sport: Dirk Preiß (dip)

Stuttgart - Es ist ja nicht so, dass der VfB Stuttgart nicht schon genug Probleme hätte. Sportlich läuft es nach dem Abstieg noch nicht wie erhofft. Die wichtigsten Juniorenteams präsentieren sich auch nicht gerade als Versprechen für die Zukunft. Und das Vorhaben, den in der Öffentlichkeit umstrittenen Wolfgang Dietrich ins Präsidentenamt zu führen, gleicht einer Herkulesaufgabe. Einen Zoff zwischen Trainer und Sportvorstand hätte es da wahrlich nicht gebraucht. Doch das war, wie es scheint, dem Coach Jos Luhukay relativ egal. Was erst Jan Schindelmeiser erboste – und nun auch den Aufsichtsrat. „Ich sehe mit Sorge, dass die Eskalation nach außen getragen wird“, sagte am Mittwoch Wilfried Porth, der stellvertretende Vorsitzende des Kontrollgremiums, und machte kein Geheimnis daraus, wem er den öffentlichen Disput anlastet: „Das gilt besonders für den Trainer.“

 

Luhukay hatte in der vergangenen Woche öffentlich sein Missfallen an den jüngsten Transfers des Sportchefs Schindelmeiser geäußert. Der hatte Benjamin Pavard (20), Carlos Mané (22) und Takuma Asano (21) verpflichtet. Unerfahren sei das Trio, klagte danach Luhukay, die drei hätten zuletzt wenig gespielt, zudem müssten sie erst die deutsche Sprache lernen. Letzteres Argument des Trainers war für Wilfried Porth nun einer der Gründe, in dem öffentlichen Konflikt ein Machtwort zu sprechen, das unsägliche Spielchen auf diese Weise zu beenden – und dem Coach klar seine Grenzen aufzuzeigen.

Der Vorgesetzte des Trainers ist der Sportvorstand

„Im heutigen Profifußball kann es doch keine Entschuldigung sein, dass Spieler unterschiedliche Sprachen sprechen“, sagte der Daimler-Personalvorstand und untermauerte dies mit einem Beispiel aus der eigenen Firma: „In Sindelfingen haben wir 145 Nationen und bauen trotzdem die besten Autos.“ Porth nutzte die Gelegenheit zudem, um die Kompetenzen klar abzustecken: „Der Trainer ist Angestellter des Vereins, sein Vorgesetzter ist der Sportvorstand.“ Und: „Für den Trainer gilt es, sich auf das zu konzentrieren, wofür wir ihn geholt haben.“ Luhukay soll den VfB zurück in die erste Liga führen. Was er wohl gerne nach eigenen Vorstellungen bewerkstelligt hätte – und mit Spielern nach seinem Gusto. Zu Beginn seiner Amtszeit schien das auch machbar.

Dann allerdings verpflichtete der VfB – wie angekündigt – einen Sportvorstand. „Natürlich war ihm klar, dass wir einen Sportvorstand einstellen“, sagte Porth. Und der müsse eben auch „die Entwicklung des Kaders im Auge haben“. So erklärte auch Jan Schindelmeiser seine Investitionen in die drei jungen Spieler, die er zuletzt nach Stuttgart gelotst hatte. Zuvor hatte der Verein in Simon Terodde, Tobias Werner, Hajime Hosogai und Marcin Kaminski vier Spieler auf Luhukays Wunsch hin verpflichtet. Umso erstaunter registrierte man im Club nun dessen Verhalten. Und umso kritischer wird er nun beäugt, zumal es auch heißt, der Niederländer hätte sich bei der Spielersuche durchaus stärker einbringen können.

Das Machtwort soll den Zwist beenden

Mit dem Machtwort des Aufsichtsrats soll der Zwist nun ein Ende haben. Porth, der Luhukay in einem Gespräch vor Saisonbeginn deutlich kooperativer erlebt hatte, geht davon aus, dass sich Trainer und Sportvorstand zusammenraufen. Seine Worte vom Mittwoch darf der Coach aber auch als deutliche und womöglich letzte Warnung verstehen. Und als Forderung. Nach Erfolgen (Porth: „Wir haben jetzt die Voraussetzungen“). Und nach der Bereitschaft, Konflikte intern zu klären („Er sollte da ein bisschen disziplinierter vorgehen“). Luhukay war am Mittwoch für eine Stellungnahme nicht zu erreichen, an diesem Donnerstag folgt sein nächster öffentlicher Auftritt.

Der Aufsichtsrat wird sich dann wieder zurückgezogen haben. Hoffend, dass der Klartext seine Wirkung nicht verfehlt. Und weiter daran arbeitend, dass der ins Rennen um das Präsidentenamt geschickte Wolfgang Dietrich bis zur Hauptversammlung am 9. Oktober die Mitglieder überzeugen kann. Zuletzt gab es vor allem Kritik an den Geschäftsbeziehungen, die von Dietrich aufgebaute und von seinem Sohn geführte Unternehmen mit Mitbewerbern des VfB unterhalten. „Wir sind nach wie vor der Meinung, dass Wolfgang Dietrich der richtige Mann ist“, betonte Porth am Mittwoch, „wir wollten ja bewusst jemanden, der Ecken und Kanten hat und durchsetzungsstark ist.“ Und „dass er im Fußballgeschäft unternehmerisch tätig war“, sei ja sogar eine Grundvoraussetzung für die Entscheidung pro Dietrich gewesen.