Der VfB verpflichtet den 43-Jährigen als neuen Trainer, da Markus Weinzierl abwinkt. Was auf den Trainer zukommt und was er nun leisten muss.

Stuttgart - Michael Reschke ist schwer im Stress gewesen. Von allen Seiten hagelte es nach der Trennung von Hannes Wolf Kritik – und inmitten dieser schwierigen Situation für den VfB Stuttgart musste der Sportchef des Fußball-Bundesligisten den Überblick bewahren und erstmals als Hauptverantwortlicher einen neuen Trainer finden. Am Ende ist es nun Tayfun Korkut geworden. Ein alter Bekannter beim VfB, dessen Ergebnisstatistik als Trainer aber nicht gerade für ihn sprach.

 

Mit der zweiten Welle hatte es Korkut nach oben gespült, da Markus Weinzierl den Stuttgartern absagte. Denn ursprünglich war der 43-jährige Bayer Reschkes Plan B gewesen. Schon Anfang Januar soll der Manager Kontakt zu dem Ex-Trainer des FC Schalke Kontakt aufgenommen haben. Doch als es jetzt an die konkrete Umsetzung einer Zusammenarbeit ging, winkte Weinzierl ab. Wie es heißt, verfügt er beim Revierclub noch über einen Vertrag bis 2019, der ihm bis zu sechs Millionen Euro einbringt. Zudem möchte sich Weinzierl ambitionierteren Projekten zuwenden als dem Abstiegskampf pur.

Sehen Sie in unserem Video: Die Vorstellung von Tayfun Korkut:

Korkut hat es nicht weit bis zur Mercedesstraße

Dadurch erhöhte sich der Zeitdruck für die Stuttgarter. Wenngleich Reschke anmerkte, sich in „keinem Wettrennen“ zu befinden. Sein Anspruch war es, den passenden Mann zu finden. Doch erstens wurde der Fall Hannes Wolf dann doch schneller abgewickelt, als es sich die Verantwortlichen zunächst vorgestellt hatten. Und zweitens steht am Samstag beim VfL Wolfsburg das nächste Schlüsselspiel an.

Korkut soll es in der Begegnung beim Konkurrenten richten – und darüber hinaus. Er zeigt jedenfalls keine Berührungsängste, wenn es um das alleinige Saisonziel Klassenverbleib geht. Für ihn stellt das eine neue Chance dar. Am Montag war Korkut in Begleitung seines Beraters Harun Arslan, der auch den Bundestrainer Joachim Löw vertritt, in die Clubräume getreten. Weit hatte es Korkut nicht bis zur Mercedesstraße. Er ist in Stuttgart geboren, in Ostfildern-Ruit aufgewachsen und lebt in Bad-Cannstatt – Luftlinie 600 Meter vom Vereinsgelände entfernt. Dort wurde dann verhandelt und kurz nach 16 Uhr stieg über roten Dach weißer Rauch auf.

„Korkut ist ein Supertyp“

Der neue Chefcoach hat einen Vertrag bis Sommer 2019 unterschrieben. Schon an diesem Dienstag soll Korkut das Training leiten. Mit ihm an der Seitenlinie und Weinzierl im Hinterkopf wird klar, welches Profil Reschke erstellt hatte. Er fahndete nach einem Trainer, der schon über Erstliga-Erfahrung verfügt, gleichzeitig aber noch jung genug ist, um die Zukunft beim VfB zu gestalten. Dabei sahen Weinzierls Referenzen mit dem FC Augsburg und den Schalkern auf den ersten Blick besser aus als Korkuts. Denn bei Hannover 96 und Bayer Leverkusen hat dieser keine Siegesserien hinterlassen, beim Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern trat er zurück.

„Tayfun Korkut ist ein Supertyp, der ein klasse Training macht und tolle Ansprachen an die Mannschaft hält“, sagt Dirk Dufner, der den Fußballlehrer einst gegen Widerstände in Hannover installierte. Der damalige 96-Manager arbeitet heute als Spielerberater, hat noch immer einen kurzen Draht zu Korkut und erklärt weiter: „Das Einzige, was gegen ihn spricht, waren zuletzt die Ergebnisse. Aber das wird sich schnell ändern. Davon bin ich überzeugt.“

Als Nachwuchscoach beim VfB galt er als Trainertalent

Noch hat der frühere türkische Nationalspieler (42 Einsätze) in seiner Trainerlaufbahn die Qualität, die ihm zugesprochen wird, nicht auf die Ergebnistafel bringen können. Schon als Nachwuchscoach beim VfB galt er als Trainertalent. 2011 war das, ehe ihn der damalige Manager Fredi Bobic in die Türkei ziehen ließ, um als Co-Trainer der Nationalmannschaft zu arbeiten. Von dort lotste Dufner den einstigen Kickers-Profi nach Niedersachsen, wo er seine persönlichen Erfahrungen unter den Weltmeistertrainern Joachim Löw (Deutschland), Carlos Alberto Parreira (Brasilien) und Vicente del Bosque (Spanien) mit einer eigenen Note an die Profis bringen wollte. Von den Altmeistern hatte der Jungcoach als Spieler bei Fenerbahce Istanbul und Real Sociedad San Sebastian gelernt.

Doch allein von einer beeindruckenden Vita, die nicht durch Resultate gestützt wird, hat sich Reschke nicht überzeugen lassen. Zumal der Ruf des Managers auf dem Spiel steht. Aus Kreisen seiner ehemaligen Spieler gibt es viele lobende Worte über Korkut. Er gilt als kommunikativ. Und es ist davon auszugehen, dass sich der VfB-Manager an seiner alten Arbeitsstätte in Leverkusen erkundigt hat, wo Korkut jedoch nur als Interimslösung tätig war.

Auch Reschke muss womöglich noch einmal liefern

In Stuttgart muss Korkut nun schnell Ergebnisse liefern und gleichzeitig eine Entwicklung im Team sichtbar machen. Aber auch Reschke muss womöglich noch einmal liefern – einen neuen, starken Spieler bis zum Transferende am Mittwoch. Beide Personalien hängen zusammen, wie sich bei der letzten Verpflichtung gezeigt hat: Die Stuttgarter holten Jacob Bruun Larsen auf Leihbasis von Borussia Dortmund. Ein klarer Wolf-Mann, der ihn aus seiner Zeit beim BVB kannte. Nun wird sich Korkut den Kader genau anschauen – weshalb Reschke sicher im Stress bleibt.