Philipp Laux verlässt im Sommer den VfB Stuttgart. Zuvor will der Teampsychologe seinen Teil zu einer erfolgreichen Rückrunde in der Fußball-Bundesliga beitragen. Chefcoach Hannes Wolf ist froh darüber – auch aus persönlicher Sicht.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

La Manga - Vielleicht hat es auch etwas mit dem speziellen Torhütergen zu tun. Jedenfalls ist der Torwart Philipp Laux, der in der Saison 1999/2000 als Kapitän des SSV Ulm alle 34 Bundesligaspiele absolviert hat und der später acht Erstligaeinsätze für Borussia Dortmund absolvierte, in Sachen mentaler Spielvorbereitung seiner Zeit um Längen voraus gewesen.

 

Bereits 1993, während seiner ersten Station als Schlussmann des VfB Gaggenau, ist der heute 44-jährige Teampsychologe des VfB Stuttgart am Abend vor dem Spiel im Haus der Eltern stets hinauf auf sein Zimmer gegangen. „Dort oben habe ich dann meine Meditationskassette angemacht, habe auf dem Bett die Augen geschlossen – und mir Bilder vorgestellt, wie das Spiel am nächsten Tag laufen könnte“, erzählt Laux, der mögliche Flanken, Fernschüsse oder Eins-gegen-Eins-Situationen vorab visualisierte, um tags darauf zwischen den Pfosten festzustellen: „Diese Art von Spielvorbereitung bringt mich weiter.“

Aktuell sind es die Spieler des VfB Stuttgart, die Laux weiterbringen möchte. Der frühere Keeper ist Teil des Trainerteams im Trainingslager im spanischen La Manga, und der Chefcoach Hannes Wolf sagt: „Im Fußball ist es für mich längst ganz normal und für eine Gruppe ganz wichtig, einen Experten dabei zu haben, der für alle unter anderem ein vertraulicher Ansprechpartner ist, auch für mich als Trainer.“ Themen gibt es dabei viele – unter anderem wohl auch die Situation, die in der Rückrunde auf die Profis in Weiß und Rot zukommt. Im Kampf gegen den Abstieg ist die mentale Belastung besonders groß. Und wer darauf vorbereitet ist, geht damit vermutlich viel besser um und kann trotz aller Anspannung seine beste Leistung abrufen.

„Philipp macht eine fantastische Arbeit“

„Meine Arbeit findet nicht hinter verschlossenen Türen statt“, sagt Laux, der seinerseits aktiv auf die Spieler zugeht, um ihnen neue Wege aufzuzeigen. „Da geht es dann etwa darum, Verhaltens- und Denkweisen eines Spielers in bestimmten Drucksituationen zu ändern“, erklärt Laux, für dessen Arbeit ein großes Vertrauensverhältnis zu den Spielern notwendig ist. Er ergänzt: „Es geht nicht darum, auf einen roten Knopf zu drücken – und plötzlich funktioniert ein Spieler.“ Laux’ Arbeit mit der Mannschaft, den Trainerkollegen oder einzelnen Spielern gleicht einem Prozess.

„Philipp ist in der Kabine immer mit dabei, macht eine fantastische Arbeit und gibt mir, beispielsweise in Bezug auf meine Ansprache vor dem Spiel, ein Feedback“, lobt Wolf, ein moderner Vertreter der Trainerzunft.

Vor mehr als zwanzig Jahren dagegen gaben im deutschen Profifußball noch eher kernige Typen den Ton an. Spieler also, die einen Teampsychologen gerne als „Gehirnklempner“ abqualifizierten. Doch der Wind hat sich gedreht. Genauso wie sich zunächst mit den Torwart- und später mit den Athletiktrainern immer mehr Spezialisten in der Leistungsgesellschaft Bundesliga etabliert haben, sind auch Psychologen längst anerkannt.

Die Wende kam in der Ära Jürgen Klinsmann, der im Vorlauf auf das deutsche Sommermärchen im Jahr 2004 als Bundestrainer begann. Altgedienten Kräften wie dem Psychologen Hans-Dieter Hermann kam dabei eine besondere Rolle zu. Laux hatte Hermann schon zu Ulmer Zeiten über seinen Trainer Ralf Rangnick kennengelernt, was ihn zusätzlich inspirierte.

Heute gehört ein Sportpsychologe im Spitzenfußball zum Pflichtprogramm. An jedem Nachwuchsleistungszentrum der Bundesligisten muss nach den Statuten der Deutschen Fußball-Liga ein Spezialist angestellt sein. Clubs wie 1899 Hoffenheim, der BVB oder Bayer Leverkusen setzen wie der VfB zudem auf einen Teampsychologen für ihre erste Mannschaft.

Jürgen Klinsmann hat die Arbeit der Psychologen salonfähig gemacht

Philipp Laux hat nach dem Ende seiner Fußballerkarriere in Mannheim Psychologie studiert, war dann zunächst beim FC Bayern und bei RB Leipzig als Experte für die mentale Leistungsoptimierung zuständig, ehe er im Sommer 2015 zum VfB kam. Großes Lob eilt dem ehemaligen Schlussmann von einem Mann voraus, von dem man es gar nicht erwartet hätte. „Es gibt in der Bundesliga viele Gute, aber der Beste ist der Lauxi“, sagt Hermann Gerland, der ehemalige Bayern-Co-Trainer und heutige Nachwuchschef., der seinerseits über ein eher kantiges Naturell verfügt.

„Wenn sie den Begriff Psychologe hören, denken viele Leute noch heute an rote Couch, an Therapie oder gar an mentale Manipulation“, erklärt Laux: „Erst in der Ära Klinsmann wurde unsere Arbeit salonfähig.“ Dabei sehen sich die Experten als Teil der Mannschaft sowie als Mitglied des Trainerstabes, der gemeinsam reflektiert und seine Verbesserungsvorschläge dann an die Spieler weiterreicht.

Laux also ist mit seiner Art und Arbeit längst angekommen, verlässt den VfB aber im Sommer um sich beruflich breiter aufzustellen. Schließlich sind Fachleute für das Mentale wie der gebürtige Rastätter, gerade aus dem Spitzensport, auch in der freien Wirtschaft sehr gefragt.