Der VfB Stuttgart hatte kein Glück. Mit einem deprimierenden 0:4 gegen Borussia Mönchengladbach mussten die Spieler vom Platz. Ein bekanntes Gefühl?

Mönchengladbach - Als der Albtraum endlich vorbei ist, will Jürgen Kramny nur noch eines – in die Kabine. Der Trainer des VfB Stuttgart ist so frustriert wie seine Spieler, denen gerade die Grenzen aufgezeigt worden sind. Bei Borussia Mönchengladbach setzt es ein 0:4. Jetzt schrillen auf dem Wasen wieder die Alarmglocken. Mit einer solchen Vorstellung ist der Klassenverbleib in Gefahr. „Wir hatten nicht die taktischen Mittel und haben den Gegner mit unseren Fehlern eingeladen“, sagt der VfB-Verteidiger Georg Niedermeier.

 

Wer spricht da noch von der Serie mit acht Spielen ohne Niederlage, die erst am Samstag beim 1:2 gegen Hannover gerissen ist? Das ist Vergangenheit. Die Gegenwart sieht anders aus – und vor der Zukunft dürfte manchen beim VfB nun bange sein. 0:4 hat der VfB auch im November im letzten Spiel unter dem Ex-Trainer Alexander Zorniger gegen Augsburg verloren.

Wieder Abstiegskampf

Dabei war Wiedergutmachung für den unerwarteten Rückschlag gegen Hannover angesagt, um nicht wieder in große Schwierigkeiten zu geraten und voll in den Abstiegskampf hineingezogen zu werden. Was folgte, war jedoch die nächste Pleite. „Wir hätten sogar noch höher verlieren können“, sagt Niedermeier. Um sich eine erneute Zittersaison zu ersparen, müssen Punkte her – was mit einem Auftritt wie in Gladbach schwer bis unmöglich wird.

Beide Mannschaften haben ihre Stärken eher in der Offensive als in der Defensive, doch von den Stärken war beim VfB wenig zu sehen. Vielmehr erinnerte die Leistung an die angesichts der schönen Serie längst überwunden geglaubte schlechte Ära.

Ganz anders die Borussia. Sie hatte viele Freiräume, speziell der später mit einer Zerrung ausgewechselte Linksverteidiger Oscar Wendt – das Führungstor fiel allerdings über rechts. Fabian Johnson war schneller als Emiliano Insua, und seine Hereingabe drückte Thorgan Hazard über die Linie, der wiederum Niedermeier enteilt war (16.).

Die Borussia bestimmte das Geschehen mit ihrem gepflegten Kombinationsfußball, während der VfB gar nicht in Tritt kam. Zu unpräzise wurden die Aktionen vorgetragen, zu zaghaft waren die Bemühungen, zu wenig Zugriff gab es im Mittelfeld, wo die Gastgeber den Rhythmus vorgaben. Auch in den Zweikämpfen hatte der VfB meist das Nachsehen. Alles wirkte zurückhaltend und halbherzig. Glück hatte die Mannschaft, dass sie nicht höher in Rückstand geriet. Gelegenheiten für die Borussia waren da, nicht nur beim Lattentreffer von Hazard (43.), der die Stuttgarter fast im Alleingang schwindelig spielte. Entsprechend sauer war Kramny, der draußen an der Linie stand und schimpfte.

Kramny reagierte auch

Das einzig Gute aus VfB-Sicht war, dass der Gegner zu diesem Zeitpunkt nicht schon 3:0 oder 4:0 vorne lag. Kramny ärgerte sich aber nicht nur, er reagierte auch. Der Trainer brachte Rupp für Serey Dié und Artem Kravets für Werner, um mehr Ballsicherheit zu bekommen. Kravets war noch keine 90 Sekunden auf dem Platz, als er den Gladbacher Keeper Yann Sommer mit einem Kopfball prüfte – der Weckruf für den VfB?

Weit gefehlt. Zwar schien die Mannschaft jetzt etwas mutiger zu werden nach der Dämmerphase. Wacher und fast immer einen Schritt schneller war trotzdem weiter die Borussia. Raffael verzog aus aussichtsreicher Position knapp (56.).

Zwei Minuten später scheiterte auch Hazard. Dem VfB fehlte offensichtlich die Überzeugung, etwas bewegen zu können, obwohl das Team die vier Auswärtsspiele zuvor nicht verloren hatte. Ins Bild passte das 0:2, das der Torhüter Przemyslaw Tyton mit einer Slapstick-Einlage verschuldete. Er ließ einen harmlosen Ball prallen – direkt vor die Füße von Raffael, der nichts mehr falsch machen konnte (60.).

Und so bitter ging es für Tyton und den VfB auch weiter. Den Gladbachern wurde das Gewinnen leicht gemacht. Praktisch ohne Gegenwehr und wie im Training erzielte Patrick Herrmann das 3:0 – 32 Sekunden nach seiner Einwechslung (68.). Der schauerliche Höhepunkt kam zum Schluss. Wieder patzte Tyton – und Kevin Großkreutz fabrizierte ein Eigentor (90.). „Das war von A bis Z katastrophal – defensiv und offensiv“, sagt Daniel Didavi.

Jetzt ist vor dem Spiel am Samstag gegen Hoffenheim die Situation da, die der VfB unbedingt vermeiden wollte. Er steht wieder gewaltig unter Druck. Die neue, alte Realität heißt Abstiegskampf.