Stadiongesellschaft und Stadt bereiten sich mit dem VfB auf den Ernstfall vor. Die Pacht würde bei einem Abstieg gesenkt und das Betriebskonzpet ist stabil.

Stuttgart - Im Stuttgarter Rathaus sind sicher nicht alle Beschäftigten glühende Anhänger des VfB Stuttgart, doch in schlechten Zeiten drücken viele, vor allem in der Finanzverwaltung, dem Fußball-Bundesligisten die Daumen. Stadt und Verein sind bekanntlich über die Mercedes-Benz-Arena finanziell verbunden – sie gehört der Stadt, wird aber in Eigenverantwortung von einer VfB-Tochter betrieben.

 

Ein Abstieg in die zweite Bundesliga hätte zwar anders als zu den Zeiten, da das städtische Sportamt noch Hausherr in Bad Cannstatt war, keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Stadthaushalt, jedoch auf die gemeinsame Stadiongesellschaft.

Für den Ernstfall soll aber vorgesorgt sein: In der Vorlage, die 2008 den Umbau der Mercedes-Benz-Arena und dessen Finanzierung regelte, wird die Stadion KG verpflichtet, Jahr für Jahr Überschüsse für den Fall zu erwirtschaften und anzusparen, dass der Fußball-Bundesligist VfB Stuttgart „in einzelnen Jahren“ nicht mehr die volle Pacht fürs Stadion bezahlen könnte.

Beruhigend auf die Stadträte, die unter keinen Umständen die Millionäre in kurzen Hosen mit Steuermitteln subventionieren wollen, sollte der Hinweis wirken, das Finanzierungsmodell sei „stabil“ und stehe auch „Stresssituationen“ durch. Und Stress droht in der Tat, falls der VfB auch am Freitag das Heimspiel gegen den Tabellennachbarn aus Berlin verlieren und die Hoffnung auf den Klassenhalt einen weiteren herben Dämpfer erleiden würde.

SC Freiburg interessiert sich für Betriebskonzept

Ein Betriebskonzept, das in guten Jahren das Risiko der Stadt als Immobilienbesitzer durch Tilgung weiter reduziert, ihr sogar einen finanziellen Vorteil verleiht (Erbbauzinsen) und dazu in schlechten Jahren stabil bleibt – das ist auch etwas für den regelmäßig abstiegsbedrohten SC Freiburg. Dessen Vertreter haben sich deshalb unlängst die Details von Stuttgarts Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) und Stadiongesellschafts-Geschäftsführer Martin Rau genau erklären lassen und sich entschieden, „das aus Sicht der öffentlichen Hand einzige seriöse Betreibermodell“ (Föll) für ihren eigenen Stadionneubau zu übernehmen, der 2017 geplant ist.

Die Freiburger würden hinsichtlich des „Stresstests“ gespannt nach Stuttgart schauen. Dort behauptet der Finanzbürgermeister, die Stadiongesellschaft könne ihre Zahlungsverpflichtungen sogar dann noch erfüllen, wenn die Stadt dem VfB vorübergehend die Hälfte der Pacht von 6,3 Millionen Euro jährlich stunden müsste. Beruhigend für Stadt und VfB: das soll die Stadion KG sogar zwei Jahre durchhalten können, ohne in Finanzierungsschwierigkeiten zu geraten. Ein sofortiger Wiederaufstieg wäre aus städtischer Sicht kein Muss. Möglich sei das, weil die städtische Tochter seit 2011 drei Millionen Euro angespart hat. Zudem könne die Tilgung der Darlehen von einst 66 Millionen Euro für den Stadionumbau gestreckt werden.

Föll: VfB hinkt bei den Ticketeinnahmen hinterher

Bisher wird mit dem Großteil der VfB-Pacht der jährliche Erbbauzins fürs Grundstück an die Stadt (800 000 Euro) bezahlt und der Kapitaldienst für das Stadiondarlehen (4,5 Millionen Euro jährlich) beglichen. Nun hat Bürgermeister Föll Kontakt zur Bank aufgenommen, um zu erreichen, dass die Tilgung von bisher rund zwei Millionen Euro pro Jahr teilweise ausgesetzt wird. Die Zinsen müssten aber weiter bezahlt werden. Weil aber Martin Rau neue Kreditverträge mit besseren Konditionen abgeschlossen hat, spart das insgesamt rund 300 000 Euro pro Jahr.

Die Zinsflaute hilft der Stadion KG also beim Aufbau weiterer Liquiditätsüberschüsse, der VfB hinkt in dieser Hinsicht aber offenbar hinterher. Laut Bürgermeister Föll liegt der Verein bei den Nettoticketeinnahmen unter den Erwartungen, so dass weniger als der angesetzte variable Pachtanteil von 1,1 Millionen Euro an die Stadion KG überwiesen worden sei. Und auch die Hoffnung auf Erlöse durch internationale Spiele hat sich nicht erfüllt: Für die vergangene Saison waren Spiele der Europa League einkalkuliert, für dieses Jahr ein Länderspiel und für 2015/2016 exakt 624 455 Euro aus der Champions League.

Sollte der VfB Stuttgart aber nun nicht nur absteigen, sondern auch über eine längere Strecke zweitklassig bleiben, stieße selbst das beste Erfolgsmodell an seine Grenzen und würde massive Verluste einfahren. Die Stadt hätte dann das Recht, zur Deckung zuerst das vom VfB Stuttgart (über Sponsoren wie Daimler) eingelegte Kapital von aktuell noch 18 Millionen Euro (anfangs waren es 27 Millionen) heranzuziehen. Bei Zahlungsunfähigkeit müsste die Stadt in die Darlehensverträge im Umfang von etwa 50 Millionen Euro einsteigen – ihr stünden beim „Heimfall“ aber alle zukünftigen Erträge aus dem Stadion zu.