Der VfB will sich fortan mit ganzer Kraft gegen den Abstieg stemmen. Der Präsident Bernd Wahler hat sich außerdem vorgenommen, weniger zu reden und zielgerichteter zu arbeiten – und mit Huub Stevens zu verlängern.

Sport: Carlos Ubina (cu)

Stuttgart - Vor dem Gesprächstermin heißt es beim VfB Stuttgart, der Präsident habe nicht viel Neues zu erzählen. Dem Club geht es nicht besonders gut, er steckt im Abstiegskampf. Mal wieder oder immer noch – man kann das bei dem Fußball-Bundesligisten drehen wie man will. Ein Gefühl aber bleibt: Aus dem einst so stolzen Verein für Bewegungsspiele ist irgendwie ein Verein für Bewegungslosigkeit geworden. Sportlich, weil es seit Jahren nicht vorwärts geht. Strukturell, weil sich zwar die Köpfe ändern, aber offenbar nicht die Denkweisen.

 

Vor allem gegen diesen Eindruck redet Bernd Wahler dann im portugiesischen Trainingslager doch an. Seit Juli 2013 steht er an der Spitze des VfB. Viel hat er angeschoben, betonen die einen. Aber letztlich wenig erreicht, murren die anderen. Zwischen diesen beiden Polen bewegt sich Wahler. Anfangs der große Hoffnungsträger auf eine bessere Zukunft, gegenwärtig ein Vereinschef, der um Vertrauen ringt. Deshalb hat sich der Präsident eine gewisse verbale Zurückhaltung auferlegt. Typisch schwäbisch will er nun vorgehen: weniger reden, mehr umsetzen – und nicht nach dem Motto agieren: „Hauptsache, das Maul wackelt.“

Ein Appell an alle Mitarbeiter

Schaffe, schaffe, Verein umbaue, also. Man kann das auch als Appell verstehen, an die Mitarbeiter in langen wie kurzen Hosen. Ergebnisse müssen her. Auf dem Rasen und hinter den Kulissen. Zweiteres natürlich am liebsten im Stillen. Doch das geht nicht. Weil ja überall, wo Wahler hinkommt, über ihn und den VfB diskutiert wird. Auch in Lagos, wo der Präsident bis Mittwoch weilt. Denn was den Verein zum einen ständig begleitet, ist die Ungewissheit, ob er nächste Saison überhaupt noch gegen den FC Bayern spielt. Was ihn darüber hinaus umtreibt, ist die Frage mit welchem Führungspersonal.

„Ich kann mir super vorstellen, mit Huub Stevens über diese Saison hinaus zusammen zu arbeiten“, sagt Wahler. Ein Satz der klingen könnte wie eine Floskel. Tut er in diesem Moment aber nicht, weil der Präsident schnell gelernt hat, diesen pragmatisch veranlagten niederländischen Fußballlehrer zu schätzen. „Huub Stevens verfügt über viele schwäbische Eigenschaften“, sagt Wahler. Fleiß gehört dazu, aber auch Rechtschaffenheit. So haben die beiden Parteien bei Stevens zweitem Dienstantritt in Stuttgart Ende November 2014 vereinbart, zu Beginn des neuen Jahres dann die Gespräche über eine mögliche Vertragsverlängerung aufzunehmen. „Das tun wir jetzt auch“, sagt Wahler.

Dabei drängt die Zeit in puncto Trainer nicht. Bis März oder April kann sich Wahler vorstellen, mit einer Entscheidung zu warten. Je nach sportlicher Entwicklung und persönlicher Befindlichkeit bei Stevens. Zumal sich der frisch berufene Sportvorstand Robin Dutt und der auch noch nicht ganz so lange im Amt befindliche Coach über einen guten und kooperativen Start hinaus erst einmal finden und verstehen müssen. Auch dazu dient der Aufenthalt an der Algarve abseits der Trainingsplätze.

Der Präsident als Headhunter

Und parallel zur sportlichen Vorbereitung auf die Bundesliga-Rückrunde läuft da ja auch noch ein weiterer wichtiger Prozess, der einen glauben lassen könnte, außer hauptamtlicher VfB-Präsident sei Wahler auch noch nebenberuflicher VfB-Headhunter. Gesucht wird nach Trainer und Sportdirektor diesmal ein Finanzchef.

„Auch in diesem Punkt haben wir uns einen zeitlichen Rahmen gesetzt“, sagt Wahler, „die Entscheidung wird dabei nicht erst im Juni fallen, aber auch nicht schon morgen.“ Denn zum einen ist eine Übergangszeit zwischen Ulrich Ruf und seinem Nachfolger vorgesehen, um wichtige Projekte zu übergeben. Zum anderen läuft das Auswahlverfahren noch.

Bis Ende Januar soll sich das Ganze so weit verdichtet haben, „dass eine Handvoll Kandidaten für den Posten des Finanzvorstands bleibt“, wie Wahler sagt. Dazu könnten interne Bewerber wie Stefan Heim gehören, aber vor allem externe. Dabei hilft eine Agentur, ein möglichst objektives Casting für die Spitzenkraft zu gewährleisten.

„Letztlich muss es keiner sein, der 50 Länderspiele absolviert hat“, sagt Wahler zum Profil und bezeichnet das Vorgehen bei der Besetzung einer Führungsposition als normal. Dabei weiß der 56-Jährige nur zu genau, dass beim VfB gerade nicht sehr viel als normal erscheint. Weshalb so gut wie alles, was er sagt und macht auch als vertrauensbildende Maßnahme gesehen werden kann. Denn so wie die Mannschaft Spiele gewinnen muss, muss die Vereinsführung wieder an Kredit zurückgewinnen.