Der Japaner Gotoku Sakai steht stellvertretend für die neue Transferpolitik des VfB Stuttgart - die durch Sparmaßnahmen gekennzeichnet ist.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Peter Stolterfoht (sto)

Stuttgart - Frech ist nur seine Frisur. Die gegelten Haare von Gotoku Sakai stehen ziemlich wild in alle Himmelsrichtungen. Ansonsten aber macht der neue Japaner des VfB Stuttgart einen durch und durch pflegeleichten Eindruck. Und höflich ist der 20 Jahre alte Abwehrspieler. Während seiner ersten Pressekonferenz in der neuen Umgebung wünscht er den Journalisten ein gutes neues Jahr, und dann sagt er ebenfalls auf Deutsch: "Ich freue mich, dass ich beim VfB spielen darf."

 

Das sind die neuen Töne, die bereits mit Sakais Landsmann Shinji Okazaki beim VfB Einzug gehalten haben. Vorbei die Zeiten, als Stuttgarter Neuzugänge sehr missmutig ihren Einstandsverpflichtungen nachgekommen sind. Viele von ihnen sahen die Sache ja auch völlig anders als Gotoku Sakai. Spieler wie Jon Dahl Tomasson, Danijel Ljuboja und Ciprian Marica betrachteten es als Ehre für den VfB, dass sie sich für Stuttgart entschieden hatten.

Gotoku Sakai steht stellvertretend für die neue Transferpolitik des VfB Stuttgart. Die wurde unter dem Manager Fredi Bobic natürlich nicht ganz freiwillig entwickelt, sondern ist den fehlenden Einnahmen aus den internationalen Wettbewerben geschuldet. Jung sollen die Neuzugänge sein und preisgünstig. Damit scheiden deutsche Spieler (sofern sie nicht aus dem eigenen Nachwuchsbereich kommen) schon weitgehend aus. Die wechseln zu den Bayern oder nach Dortmund. So schauen sich Fredi Bobic, der Trainer Bruno Labbadia und die Scoutingabteilung vor allem im Ausland um. Denn nur dort sind Spieler mit Perspektive zu holen, die auch in den neuen Finanzrahmen passen.

Gotoku Sakai vorerst nur geliehen

"Wir geben Gotoku Sakai alle Zeit, die er braucht, um sich bei uns zu entwickeln", sagt Fredi Bobic und spricht damit eine weitere Säule der neuen Stuttgarter Personalplanung an: Geduld. Aber auch Kreativität und Verhandlungsgeschick gehören dazu. So spielt Sakai zunächst eineinhalb Jahre auf Leihbasis für den VfB, der am Ende dieser Vertragslaufzeit eine Kaufoption besitzt. Warum sich Sakais japanischer Club Albirex Niigata auf dieses Geschäft eingelassen hat, das für die Stuttgarter Seite kein finanzielles Risiko beinhaltet, erschließt sich nicht so recht. "Wir sind eben schlaue Schwaben", sagt Fredi Bobic dazu nur grinsend.

In diese neue Ausrichtung des VfB wollen die alten Spielerverträge aus vergangenen Champions-League-Zeiten so gar nicht mehr passen. Auch wenn Fredi Bobic sagt, dass jeder Spieler die Chance auf eine Weiterbeschäftigung habe, scheinen doch vor den anberaumten Gesprächen im heute beginnenden türkischen Trainingslager schon Entscheidungen gefallen zu sein. Dass die am Saisonende auslaufenden Verträge mit den Spitzenverdienern Pawel Pogrebnjak und Matthieu Delpierre verlängert werden, ist praktisch undenkbar.

Wahrscheinlicher ist da schon ein Wechsel in der Winterpause. Im Sommer endet auch das Arbeitsverhältnis mit dem Niederländer Khalid Boulahrouz, dem die Wertschätzung von Bruno Labaddia zu einem neuen Vertrag verhelfen könnte - allerdings nur zu ganz anderen finanziellen Bedingungen als bisher.

VfB auf Sparkurs

Drei Millionen Euro jährlich wird beim VfB so schnell niemand mehr verdienen. So viel bekommen zwei weitere Außenverteidiger allerdings bei Weitem nicht, deren Verträge ebenfalls auslaufen. Arthur Boka darf sich Hoffnungen auf eine Zukunft beim VfB machen, Stefano Cellozi dagegen nicht. Das dürfte dem ehemaligen Karlsruher aber schon vor der Verpflichtung von Gotoku Sakai klar gewesen sein.

Zunächst aber will Fredi Bobic in einer ganz anderen Personalsache Klarheit schaffen: in eigener. Schließlich läuft im Sommer auch sein Vertrag aus. Es wäre allerdings eine große Überraschung, wenn er sich mit dem Präsidenten Gerd Mäuser nicht auf die Fortsetzung der gemeinsamen Arbeit einigen könnte. Und in diesem speziellen Fall ist der VfB Stuttgart sogar bereit, die Bezüge zu erhöhen.

Japaner in der Bundesliga

VfB Stuttgart Gotoku Sakai ist nach Shinji Okazaki der zweite japanische Fußballprofi beim VfB. Der 20-Jährige erhält das Trikot mit der Nummer zwei. Er ist in New York geboren, seine Mutter ist Deutsche. Deren Familie lebt in Nürnberg. Gotoku Sakai versteht Deutsch und will die Sprache jetzt auch schnell sprechen lernen. Sein Ziel ist neben einem Stammplatz beim VfB die Teilnahme an Olympia in diesem Jahr und an der WM 2014.

Weitere Clubs Mittlerweile stehen zehn Japaner bei deutschen Erstligisten unter Vertrag. Neben den Stuttgartern Sakai und Okazaki sind das: Shinji Kagawa (Borussia Dortmund), Takashi Usami ( FC Bayern), Kisho Yano (SC Freiburg), Tomoaki Makino (1. FC Köln), Atsuto Uchida (Schalke 04), Makoto Hasebe (VfL Wolfsburg), Hajime Hosogai (FC Augsburg), Yuki Otsu (Borussia Mönchengladbach).