Im Spiel gegen Leverkusen zeigt sich, dass die VfB-Abwehr stabiler geworden ist - und doch läuft vieles noch nicht rund.

Stuttgart - Immerhin eine halbe Stunde dauert es, bis Tamás Hajnal erstmals nennenswert in Erscheinung tritt. Eine kurze Spielunterbrechung nutzt der Ungar gedankenschnell und ist der Allererste, der zum Wassertrinken an die Seitenlinie eilt. Angesichts der tropischen Temperaturen an diesem Samstagnachmittag ist das nicht die schlechteste Idee. Allerdings ändert auch die Flüssigkeitsaufnahme wenig daran, dass der VfB-Spielmacher anschließend so unauffällig bleibt wie davor.

 

Es ist nicht das Spiel von Hajnal gewesen, dieses 0:1 gegen Bayer Leverkusen, und wahrscheinlich ist es nur ein schwacher Trost, dass es den Mannschaftskollegen nicht viel besser erging. Nach einem Sieg zum Auftakt gegen Schalke und einem Remis in Gladbach war es die erste Saisonniederlage für den VfB und die erste im neuen Stadion. Der Aufschwung legt also eine Pause ein, was den Manager Fredi Bobic als Teil der Entwicklung sieht:"Wir haben immer gesagt, dass wir noch einen weiten Weg vor uns haben."

Der VfB will eine Torwartdiskussion vermeiden

Einen Grund, unruhig zu werden, sah daher trotz der uninspirierten Darbietung niemand im Stuttgarter Lager. "Ärgerlich" sei die Niederlage, mehr nicht, sagte Bobic und verwies mit Recht darauf, dass Bayer "keine Laufkundschaft" sei, sondern Vizemeister und Champions-League-Teilnehmer. Und er erinnerte noch einmal an das Aufeinandertreffen in der Vorsaison, als der VfB am sechsten Spieltag von Bayer mit 1:4 an die Wand gespielt worden war. "So einfach sind wir mittlerweile nicht mehr zu schlagen", sagte Bobic, "ein einziger Fehler hat diesmal entschieden."

Sven Ulreich ist er unterlaufen, als sich dafür der VfB-Torhüter entschied, den Distanzschuss von Michal Kadlec fangen zu wollen, anstatt ihn zur Seite zu fausten. Anlass zur Kritik gab aber auch dieser Fehlgriff nicht - wohl auch deshalb, weil auf der anderen Seite der an Bayer ausgeliehene Bernd Leno im Tor stand, jener Mann also, der von der Rückrunde an zu einer ernsthaften Konkurrenz für Ulreich werden könnte. Zumindest bis dahin will der VfB eine Torwartdiskussion unter allen Umständen vermeiden, und so stellte Bobic fest, "ganz beruhigt" zu sein: Ulreich habe in den vergangenen Monaten "so viele tausendprozentige Bälle gehalten" - da müsse auch einmal ein kleiner Patzer erlaubt sein.

Labbadia macht seiner Mannschaft keinen Vorwurf

Auch Bruno Labbadia gab sich viel Mühe, dem eher faden Kick Positives abzugewinnen. Für den normalen Zuschauer mag das Spiel "nicht so interessant" gewesen sein - der Fachmann aber habe "ein taktisch sehr hohes Niveau" erkennen können. "Unglaublich diszipliniert" und "auf Augenhöhe" seien beide Mannschaften gewesen, "Kleinigkeiten" hätten das Spiel entschieden. Er könne seiner Mannschaft keinen Vorwurf machen, sagte Labbadia und unterfütterte die Analyse mit statistischen Werten: Die Zahl der Flanken und der Anteil der gewonnenen Zweikämpfe - in diesen Bereichen hatte sein Team sogar die Nase vorn.

Ein ganz entscheidender Wert in der Statistik jedoch lautete auf VfB-Seite null - jener der Schüsse aufs Tor. Und genau das war das Problem. Es stimmt, dass die Stuttgarter Mannschaft in der Defensive stabiler geworden ist und mittlerweile aus einer taktisch disziplinierten Grundordnung heraus agiert; und es stimmt auch, dass es gegen ein so ballsicheres Team wie Leverkusen nicht einfach ist, sich Torchancen herauszuspielen. Dass im Offensivspiel aber jegliche Kreativität und Durchschlagskraft fehlen würde, das gehört streng genommen nicht in die Kategorie Kleinigkeiten und könnte zu ein paar Sorgen Anlass geben.

Seite 2: Cacau zweifelte die Statistik an


Mit drei unterschiedlichen Spielsystemen - mit einer Spitze, mit zwei Spitzen, mit Dreierkette in der Abwehr - versuchte der VfB vors Tor zu kommen und schaffte es doch nicht. Und es stimmt nicht allzu hoffnungsvoll, dass Hajnal derzeit etwas durchhängt, dass sich Pawel Pogrebnjak außer Form präsentierte und dass Julian Schieber wohl noch lange ausfällt.

Bleibt Cacau, der am Samstag die einzige Chance vergab - und hinterher die Statistik anzweifelte. Es stimme nicht, dass der VfB keinen Schuss aufs Tor gebracht habe, sagte der Stürmer und verwies auf seinen Versuch in Minute 16. Tatsächlich griff Leno mit einem Hechtsprung ein - auch wenn der Schuss drei Meter am Tor vorbei gegangen wäre.

VfB: Ulreich - Boulahrouz, Tasci, Maza, Molinaro (75. Traoré) - Kvist, Kuzmanovic - Harnik, Hajnal (60. Pogrebnjak), Gentner (60. Okazaki) - Cacau.

Leverkusen: Leno - Castro, Reinartz, Toprak, Kadlec - Bender, Rolfes - Renato Augusto (71. Balitsch) - Sam (81. Schwaab), Kießling (75. Derdiyok), Schürrle.

Schiedsrichter: Gagelmann (Bremen).

Zuschauer: 53.000

Tor: 0:1 Kießling (28.).

Gelb-Rot: Boulahrouz (90./Unsportlichkeit).