Dank Sven Ulreich und Christian Gentner hat der VfB in Berlin gewonnen. Die Eigengewächse spielen unter dem Trainer Thomas Schneider auch ansonsten eine Schlüsselrolle.

Berlin - Der Motor des Mannschaftsbusses läuft schon, am Flughafen Tegel wartet die Chartermaschine für die Rückreise nach Stuttgart. Zwei Dinge aber will Thomas Schneider in der Tiefgarage des Berliner Olympiastadions noch loswerden, so viel Zeit muss sein: „Überragend“ sei das Laufpensum und die Präsenz des Kapitäns Christian Gentner gewesen; „phänomenal“ habe der Torwart Sven Ulreich gehalten, „das kann man nur als Weltklasse bezeichnen“. Dann steigt auch der VfB-Trainer in den Bus – im guten Gefühl eines ebenso schmeichelhaften wie wichtigen 1:0 bei Hertha BSC am Freitagabend.

 

Ganz maßgeblich sind Gentner und Ulreich für diesen „dreckigen Sieg“ (Schneider) in der Hauptstadt verantwortlich gewesen. Per Kopf hatte Gentner kurz nach der Pause das einzige Tor erzielt. Und mit mehreren famosen Paraden sorgte Ulreich anschließend dafür, dass dieser Treffer reichte, um trotz einer insgesamt nur sehr mäßigen Leistung den Anschluss ans Tabellenmittelfeld herzustellen. Die beiden Eigengewächse Gentner und Ulreich, sie sind die zentralen Figuren in Berlin gewesen – und sollen den VfB als Führungsspieler und Vertrauensleute des Trainers auch in Zukunft entscheidend prägen.

„Gentner ist der perfekte Kapitän“

Seit dem Abschied von Serdar Tasci zu Spartak Moskau ist Christian Gentner auch offiziell der Spielführer des VfB – der heimliche Chef ist er schon vorher gewesen. Man tritt Tasci wohl nicht zu nahe, wenn man behauptet, dass der zentrale Mittelfeldspieler aus Nürtingen von seinem Naturell her für dieses Amt besser geeignet sein könnte als der eher stille Innenverteidiger aus Esslingen. Genter ist sehr kommunikativ, er ist als Anführer innerhalb der Mannschaft anerkannt, er zeigt seit Monaten konstante Leistungen. Kurz: „Für mich ist Christian Gentner der perfekte Kapitän“, sagt Thomas Schneider.

Auch formal ist Gentner nun also da angekommen, wo er nach seiner Rückkehr aus Wolfsburg im Jahr 2010 hinwollte. Schwierige Zeiten hatte er zu überbrücken, er wurde infrage gestellt und von den eigenen Fans ausgepfiffen. Das Kapitänsamt sei nun „die Spitze und auch nach außen Ausdruck der Anerkennung im ganzen Verein“, sagt er. Innerhalb der Mannschaft werde sich nicht viel ändern, er habe es auch schon vorher als seine Aufgabe angesehen, sich um die jungen Spieler wie Timo Werner ebenso zu kümmern wie um die Unzufriedenen, die auf der Bank sitzen müssen: „Entscheidend ist, dass jeder mitzieht.“

Mannschaft und Trainer sind in der Kennenlernphase

Man befinde sich „noch in der Kennenlernphase“, so beschreibt Gentner das Verhältnis zwischen der Mannschaft und dem neuen Trainer. Er selbst spielt in diesem Prozess eine tragende Rolle. Schneider ist noch dabei, „in die Mannschaft hineinzuhorchen“, er will verstehen, was unter seinem Vorgänger Bruno Labbadia schiefgelaufen ist. Gentner ist dabei „das Bindeglied“. Die Meinung des 28-Jährigen ist dem Trainer „extrem wichtig“, denn Gentner sei „der Kopf dieser Mannschaft“.

Auch in Sven Ulreich setzt Schneider das größtmögliche Vertrauen – das hatte der Trainer schon vor dem Spiel in Berlin zum Ausdruck gebracht. Aufkommende Diskussionen über kleinere Unsicherheiten des Torwarts in dieser Saison erstickte er im Keim, verwies darauf, dass auch Oliver Kahn nicht frei von Fehlern gewesen sei – und stellte ansonsten fest: „Ulreich ist ein herausragender, ein großartiger Torwart.“ Praktischerweise lieferte der 25-Jährige am Freitag vor den Augen des Bundestrainers Joachim Löw die Bestätigung dieser These und bekam vom VfB-Manager Fredi Bobic „eine Eins mit Sternchen“.

Bedingungsloser Rückhalt für Sven Ulreich

Der bedingungslose Rückhalt, den Schneider seinem Schlussmann entgegenbringt, hat auch damit zu tun, dass er sich von Ulreich eine noch tragendere Rolle innerhalb der Mannschaft erhofft. Der Schorndorfer soll noch mutiger und offensiver werden – im Torwartspiel, aber auch in seinem Auftreten: „Er könnte einen noch größeren Stellenwert bekommen“, sagt der Coach – womöglich auch bei Löw.

Wohl nicht ganz zufällig sind es zwei Eigengewächse, die Schneider so demonstrativ zu seinen Vertrauensleuten erklärt. Die Rückbesinnung auf den eigenen Nachwuchs ist ein zentrales Anliegen des Trainers, dem die beiden Siege gegen Hoffenheim und in Berlin nun die nötige Ruhe verschaffen, an den auch weiter vorhandenen spielerischen Defiziten zu arbeiten. Wohin die Reise geht, das vermag Christian Gentner nicht zu sagen – der Kapitän weiß aber: „Es gibt keine Grenzen.“