Im VHS Presse-Café der Stuttgarter Zeitung hat Christian Gottschalk über den ewigen Präsidenten Russlands, Wladimir Putin, gesprochen.

Stuttgart - Die eher unbekannte Wasserstraße von Kertsch verbindet das Schwarze mit dem Asowschen Meer. Nachdem sie kürzlich von der russischen Marine zeitweise blockiert wurde, kennen sie viele. „Sie ist für die Versorgung der Südukraine wichtig, war schon früher ein Konfliktpunkt zwischen Russland und der Ukraine“, erklärt Christian Gottschalk nun im Treffpunkt Rotebühlplatz. Im gut besuchten VHS Presse-Café der Reihe Stuttgarter Zeitung direkt spricht der StZ-Außenpolitik-Redakteur über „Wladimir Putin – Der ewige Präsident, Russland und der Westen“ – und warum die Ukraine den Kriegszustand ausrief. „Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko will im März wiedergewählt werden. Doch er steht schlecht da. Unter Kriegsrecht können keine Präsidentschaftswahlen abgehalten werden.“

 

Seit der Annexion der Krim durch Russland 2014 in der Ukraine werde befürchtet, dass die Russen auch den nördlichen Küstenstreifen des Asowschen Meers einnehmen könnten. Damit hätten sie eine Landverbindung zwischen der Halbinsel und dem russischen Festland. „Dass die ukrainische Stadt Berdjansk zum Militärhafen werden, die Nato Schiffe schicken soll, ist eine Provokation für Russland“, so Gottschalk.

Höchst emotional werde die Krim unter russischen Journalistenkollegen diskutiert, aber auch im Publikum: Ist es für die einen keine Annexion, sehen es die anderen, auch Gottschalk, als Bruch des Völkerrechts. „Es gab nun Beratungen auf Beamtenebene. Doch beide Seiten vertreten ein in sich abgeschlossenes Weltbild“, erklärte er, bevor er zum INF-Vertrag kommt.

Darin vereinbarten US-Präsident Ronald Reagan und der sowjetische Generalsekretär Michail Gorbatschow 1987, alle landgestützten atomaren Mittelstreckenraketen zu vernichten. Die NATO wirft Russland vor, dagegen zu verstoßen, die USA geben dem Land 60 Tage, das zu korrigieren. „Doch Russland sagt, es habe keine solchen Waffen. Und nun? Aufrüsten ist schlecht. Wir könnten in Muster zurückfallen, die wir überwunden glaubten.“

Auch die Fragen der Zuhörern zeigen: Es ist schwer, einen großen Spieler auf der Weltbühne, der die Regeln nicht einhält, an die Kandare zu nehmen. „Nehmen wir Syrien, Russland hat dort seinen einzigen Militärhafen am Mittelmeer. Ganz gleich wie schrecklich Assad herrscht, Russland unterstützt ihn, er bedeutet Ordnung.“ Die Oligarchen wiederum stützten Putin, weil von dessen System beide Seiten profitierten. Eine „Win-win-Situation“ bestehe zudem zwischen der orthodoxen Kirche und Putin, der sich nun religiös gibt. „Die Kirche könnte gefährlich werden“, so Gottschalk. „Und das arme Mütterchen auf dem Land, das den ersten TV-Kanal schaut, wo Putin rauf und runter läuft, denkt ‚guck, gläubig ist er auch’.“ Trotz Infrastruktur-Mankos: In Moskau und St. Petersburg sei viel passiert – wegen deren Bürgermeister. Und jenseits Putins Umfragewerte, die wegen der angehobenen Lebensarbeitszeit sanken, repräsentiere Putin Russlands Stärke: „Das ist vielen wichtig.“