Das Klinikum Esslingen hat mit einem Video auf den „Zusammen-gegen-Corona“-Spot der Bundesregierung geantwortet. Und dabei viel Humor bewiesen.

Esslingen - Ich glaube, das war im Winter 2020, als das ganze Land auf uns schaute. Ich war gerade 23 geworden, studierte Medizin in Freiburg – als die zweite Welle kam.“ Mit diesen Worten beginnt das neueste Video auf dem Youtube-Kanal des Klinikums Esslingen. Der Chefarzt der Kinder- und Jugendklinik, Christian von Schnakenburg, sitzt auf einem dunklen Bürostuhl. In der Rolle eines Dr. Schneckenburg liest er scheinbar aus einer Ausgabe der Eßlinger Zeitung vor. Im Hintergrund ein Schiffsmodell, Bücherregale und um die Dramatik zu unterstreichen – eine einsam brennende Kerze auf dem Couchtisch. Vielleicht kommen dem ein oder anderen diese Anfangssätze bekannt vor, denn mit diesem Video liefert das Klinikum eine Antwort auf den „Zusammen gegen Corona“-Spot der Bundesregierung.

 

Der Inhalt des Regierungsvideos ist schnell zusammengefasst. Es spielt in der Zukunft, ein älterer Herr sitzt in einem Sessel und erinnert sich an den „Corona-Winter 2020“. Er sei jung gewesen, hätte eigentlich feiern und Leute kennenlernen sollen. Doch „eine unsichtbare Gefahr bedrohte alles, woran wir glaubten. Und das Schicksal dieses Landes lag plötzlich in unseren Händen. Also fassten wir unseren Mut zusammen und taten, was von uns erwartetet wurde. Das einzig Richtige: Wir taten – nichts“, erzählt er den Zuschauern. Die Menschen seien faul wie die Waschbären gewesen. „Unsere Couch war die Front. Und unsere Geduld war unsere Waffe.“ Unter dem #besonderehelden ernennt das Video jeden, der Zuhause bleibt, zum Helden. „Tage- und nächtelang blieben wir auf unserem Arsch zuhause und kämpften gegen die Ausbreitung des Coronavirus.“

Blick auf die richtigen Helden

An diesem Punkt geht der Clip des Esslinger Klinikums einen anderen Weg. Denn für das Pflegepersonal, die Verwaltung und die Ärzteschaft sei etwas anderes, das „einzig Richtige“ gewesen. „Wir arbeiteten uns den Arsch auf“, sagt der Mediziner in ruhigem Ton. Ihre Front sei die Notaufnahme, die Waffe ihre Ausbildung gewesen. Es folgt ein Zusammenschnitt von Fotos der vergangenen Wochen. „Wir kämpften um das Überleben unserer Patienten und für die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung – zusammen mit unseren niedergelassenen Kollegen“, erzählt von Schnakenburg in dem Kurzfilm.

„Uns ist schon klar, was die Bundesregierung mit diesem Video aussagen wollte“, sagt Anja Dietze, die Sprecherin des Klinikums. Trotzdem hätten sie mit dieser Persiflage den Blick auf die richtigen Helden in Corona-Zeiten lenken wollen. „Wir haben hier im Klinikum Massen an Helden. Das wurde in dem Video der Bundesregierung vergessen.“ Die Veräppelung des Spots sei nicht kritisch gemeint. Denn auch das Gesundheitssystem hat ein Interesse daran, dass die Bevölkerung lieber zu Hause auf der Couch herumlümmelt, anstatt sich gegenseitig anzustecken.

Die Idee zu dem Video kam am Montagmorgen im Gespräch zwischen Dietze und von Schnakenburg zustande. Kurz danach begannen auch schon die Dreharbeiten. Ein Mitarbeiterin der Pressestelle filmte das Ganze, das Team produzierte das Video mit einfachen Mitteln und in kurzer Zeit. „Wir mussten schnell sein mit unserer Antwort“, sagt Dietze.

Spontane Idee

Auch wenn das Video des Klinikums in erster Linie amüsieren soll, hat es doch einen ernsten Hintergrund. So sagt der Mediziner an einer Stelle: „Wissen Sie, schmunzeln muss ich nicht, wenn ich an diese Zeit zurückdenke. Das war unser Schicksal. So wurden wir zu Helden – damals im Corona-Winter 2020.“