Die EU-Kommission will Mädchen für die Wissenschaft begeistern. Für ein Video zum Start einer entsprechenden Kampagne hat Brüssel im Internet heftige Kritik geerntet – und den mehr als 100.000 Euro teuren Film aus dem Netz genommen.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Brüssel - Mädchenförderung ist ein heikles Thema, wie die Geschichte der am Donnerstag gestarteten EU-Kampagne „Science: It’s a girl thing“ (etwa: „Wissenschaft ist Mädchensache“) zeigt. Die EU-Verwalter aus der Generaldirektion Forschung und Innovation haben der in Brüssel ansässigen Agentur Emakina ein höchst umstrittenes Video abgekauft. Der Preis: 102.000 Euro. Das ist ziemlich viel Geld, wenn man bedenkt, dass das Video nur wenige Tage online war. Die Generaldirektion zog es nach heftiger Kritik im Netz und in den Medien zurück. Auf der Kampagnen-Seite ist es nicht mehr zu finden, wohl aber im Google Cache.

 

„Voller herablassender Klischees“

Mit ihrer Kampagne will die EU-Kommission „Vorurteile zur Wissenschaft bekämpfen und Mädchen zeigen, dass Wissenschaft für sie eine große Zukunftschance sein kann“, wie es auf der (englischsprachigen) Facebook-Seite der Kampagne heißt. Genau das sei mit dem Trailer aber grob missglückt, so die Kritik. Der Spot sei „voller herablassender Klischees“, schrieb die Wissenschafts-Bloggerin Helen Pearson auf Twitter.

Das mit den Klischees ist nicht ganz von der Hand zu weisen: In dem Video marschieren drei junge Frauen in Miniröcken und High Heels auf; ein Mann, der davor konzentriert in sein Mikroskop geschaut hat, blickt überrascht auf. Es folgt ein Zusammenschnitt von sexy Posen, Animationen naturwissenschaftlicher Experimente und lachender junger Frauen – alles in ziemlich bunter Optik und gefolgt vom Kampagnen-Motto „Science is a girl thing“. Das i in Science ist dabei ein Lippenstift.

Manchen ist die ganze Kampagne zu pink geraten

„Über den Spot und die Kampagne müsste man gleich doppelt die Hand vors Gesicht schlagen“, schrieb die Wissenschaftlerin Helene McLaughlin auf Wired. Etliche weitere Kritiker schlossen sich auf ihren Blogs und auf Twitter an oder posteten direkt auf die Facebook-Seite der Kampagne. „Ok, Wissenschaftler, wir haben euch gehört“, twitterte die EU-Kommission und nahm das Video aus dem Netz.

Ein Kommissionssprecher riet dazu, nicht nur den Trailer, sondern die gesamte Kampagne zu betrachten. Diese sei, so die Kommission in einer Stellungnahme, nämlich „unter der Mitwirkung von Kommunikations- und Gleichstellungsexperten konzipiert worden“. Allerdings regte sich auch Kritik an der Aufmachung der Kampagne. Die ist sogar mancher Protagonistin „viel zu pink“ geraten – so schreibt es in einem Facebook-Kommentar etwa die deutsche Studentin Lisa Schowe, die in einem Video als Vorbild für junge Mädchen dargestellt wird.

Was mögen 13- bis 18-jährige Mädchen?

Die Aktion richte sich eben an 13- bis 18-jährige Mädchen, lässt ein Kommissionssprecher diesbezüglich ausrichten. Das lässt durchaus Schlüsse darauf zu, welches Rollenbild die Initiatoren und Macher der Kampagne bei ihrer Zielgruppe als dominant betrachten.

Eines immerhin ist der EU-Kommission mit der Aktion geglückt: Aufmerksamkeit für ihre Kampagne zu erzeugen. Das von einer Privatperson in ihren Youtube-Kanal hochgeladene Video ist bis Mittwochmittag mehr als 420.000 Mal angesehen worden.