Im Jahr 2018 wurde das Projekt Bahnlärmsanierung in Leonberg gestartet. Seitdem warten betroffene Bürger darauf, dass etwas passiert.

Lärmgeplagte Leonberger, die in den Stadtteilen Gartenstadt, Silberberg oder im Haldengebiet entlang der Bahngleise wohnen und den Krach der vorbeirauschenden Züge ertragen müssen, hoffen seit vielen Jahren auf wirksame Schutzwände. Diskutiert wurde schon viel darüber, passiert ist bislang noch nichts.

 

Die Realisierung dieser von den Bewohnern dringlich ersehnten Maßnahme hat sich längst zur unendlichen Geschichte entwickelt. Um endlich vielleicht doch auch das Schlusskapitel lesen zu können, sind die Verantwortlichen der Arbeitsgemeinschaft Verkehrslärm Region Leonberg (AGVL) jetzt in die Offensive gegangen und wollen nach einer langen Sendepause über den Status des Projektes „Bahnlärmsanierung“ informiert werden. „Wir fordern ja nicht, dass das alles von jetzt auf nachher passiert, aber zuletzt ist es sowohl von der Seite der Stadt als auch von der Bahn sehr ruhig geworden“, sagt Ewald Thoma, Sprecher der Bürgerinteressengemeinschaft Gartenstadt/Glemstal, der seit vielen Jahren an seinem Haus in der Gartenstadt Lärm- und Feinstaubmessungen vornimmt.

Wie lange dauert das Projekt Bahnlärmsanierung bereits? Seit 2017 ist Leonberg Teil des „Lärmsanierungsverfahrens“ der Deutschen Bahn. Mehr als tausend Wohnungen im Haldengebiet, in der Gartenstadt und im Silberberg sollen davon profitieren. Der öffentliche Startschuss des Projektes in Leonberg war im April 2018, als die DB Netze in der Stadthalle ihre ersten Planungsergebnisse präsentierte. Die Bürger der Stadt bekamen die Gelegenheit, Fragen zu stellen und Verbesserungsvorschläge einzubringen. Eine neue Verhandlungsrunde wurde vereinbart. Das Projekt sollte innerhalb von fünf Jahren, so damals die Schätzung der Bahn, realisiert werden. Im November 2019 fand eine weitere Informationsveranstaltung in der Leonberger Stadthalle statt.

Veränderung genereller Förderrichtlinien

Diese war notwendig geworden, weil die generellen Förderrichtlinien verändert wurden – wovon Leonberg erheblich profitieren sollte. Denn ab sofort kamen jetzt deutlich mehr Häuser und Wohnungen in den Bereich, der vor Lärm geschützt werden soll. Die Lärmgrenze sollte nach Aussagen der Bahn in reinen und allgemeinen Wohngebieten höchstens 67 Dezibel tagsüber und 57  Dezibel nachts betragen. Der Lärmaktionsplan der Stadt sah sogar Grenzwerte von 55 Dezibel nachts und 65 Dezibel tagsüber vor, was Leonberg zusätzliches Geld hätte kosten können. Eine Neuberechnung der Lärmpegel und eine Neubewertung der Maßnahmen wurde erforderlich. Auch kam der Wunsch auf, die von der Bahn standardisierte Wandhöhe von drei auf vier Meter zu erweitern.

Warum sind die Bürger, die entlang der Bahnlinie wohnen, so enttäuscht? Seit dieser Veranstaltung und zahlreichen hoffnungsvollen Aussagen seitens der Bahn und auch dem Engagement der Stadt sind fünf Jahre ins Land gezogen. „Seitdem haben wir in dieser Sache leider nichts mehr gehört“, sagt Ewald Thoma. Nach dem ursprünglichen Zeitplan der Bahn hätten die Bauarbeiten schon begonnen werden müssen. Im November des vergangenen Jahres hat die AGVL eine schriftliche Anfrage an die DB Netze gerichtet, um den aktuellen Stand des Verfahrens zu erfahren. „Die Antwort vom 20. Dezember übertraf dann unsere schlimmsten Befürchtungen“, sagt Thoma.

In dem Schreiben stand, dass sich das Projekt um weitere zwei Jahre bis 2026 verzögert. „Und wir mussten feststellen, dass die DB Netze de facto davon ausgeht, dass das Projekt ohne Berücksichtigung der wesentlichen Punkte realisiert werden soll, welche die Bürger in der Veranstaltung vom 4. November 2019 vorgebracht haben“, sagt Thoma. Dazu zählten beispielsweise stadtplanerische Fragen wie die Höhe und Farbe der Lärmschutzwände. Auch Vorschläge, die Wand zu begrünen oder gar mittels Photovoltaik für Stromgewinnung zu nutzten, seien von der Bahn abgelehnt worden. Inzwischen hat sich die Gesetzeslage zu den Lärmrichtwerten erneut geändert, diese sind um weitere drei Dezibel gesenkt worden. „Die Planungen zu den Schallschutzwänden sind mittlerweile auf die niedrigeren Auslösewerte von 54 Dezibel der neuen Förderrichtlinie aus 2022 aktualisiert worden. Daraus ergaben sich keinerlei Änderungen an den bisherigen Plänen für die aktiven Schallschutzmaßnahmen“, sagt Ulrike Bebermeier, Sprecherin der Deutschen Bahn AG in Stuttgart..

Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrslärm Region Leonberg sucht nach Lösungen. Die AGVL hat in einem Schreiben an den Leonberger Oberbürgermeister Martin Georg Cohn um die Klärung aller offenen Fragen gebeten. Eine direkte Antwort an die Arbeitsgemeinschaft steht noch aus. Auf Nachfrage unserer Redaktion erklärt Baubürgermeister Klaus Brenner: „Die Untersuchung der Auswirkungen einer von drei auf vier Metern erhöhten Lärmschutzwand an der Bahnlinie wurde vor geraumer Zeit von der Stadt Leonberg bei der Bahn in Auftrag gegeben. Bisher liegen leider keine Ergebnisse seitens der Bahn vor. Die Stadtverwaltung steht mit der Bahn allerdings im Austausch, damit über Verbesserungen, Kosten und eine möglichst rasche Umsetzung der Maßnahmen beraten werden kann.“ Ewald Thoma und seine Mitstreiter der Bürgervereine Eltingen, Ezach und Silberberg überlegen, wie sie Möglichkeiten ausschöpfen können, um das Projekt endlich in Fahrt bringen zu können. „Eine wäre – neben politischer Einflussnahme –, mit anderen Gemeinden, die in ähnlicher Lage sind, zusammenzuarbeiten.“

Auch Korntal wartet schon seit Jahren auf eine Lärmschutzwand. In der Tat: Auch Korntal ist entlang der S-Bahn-Linie - östlich und westlich der Solitudeallee – besonders von Bahnlärm betroffen. „Die Planung von Lärmschutzwänden geht zurück auf das Jahr 2016 als die Stadt Korntal-Münchingen als Ergebnis des kommunalen Lärmaktionsplans auch das Thema Schienenlärm aufgegriffen hat. Der Handlungsbedarf wurde daraufhin an die Bahn weitergegeben und wird seitens der Stadtverwaltung aktiv eingefordert“, sagt Alina Kleinschwärzer, die persönliche Referentin des Bürgermeisters.

Planungen der Bahn noch nicht abgeschlossen

Die Planung der Lärmschutzwände sei seitens der Bahn noch nicht abgeschlossen. „Rückmeldungen der Bürger zeigen, dass vor allem auf der Südseite westlich der Solitudeallee großes Interesse an Lärmminderungsmaßnahmen besteht“, sagt Kleinschwärzer. „Die Stadtverwaltung bittet aktiv immer wieder um einen Planungsstand – leider wurde bislang noch kein konkreter Termin genannt“, bedauert sie. Ein erster Schritt wäre eine Bürgerinformationsveranstaltung seitens der Bahn. „Hierfür wurde ein Termin Ende des Jahres angedeutet.“