Der Ministerpräsident, der Oberbürgermeister, der ehemalige Bundespräsident: Beim zentralen Festakt zum 300. Geburtstag der Stadterhebung überschütten die Redner die Barockstadt mit Lob. Aber auch die Weltpolitik kommt nicht zu kurz.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Ludwigsburg - Es geht auf 21 Uhr zu, als die Sängerin Anna Jente am Freitag im Forum am Schlosspark das Stück „Greatest Love of all“ anstimmt. Gemeinsam mit dem Sinfonieorchester Ludwigsburg schmettert sie die Hymne von Whitney Houston in den voll besetzten Saal, und man weiß nicht recht, an wen sich diese Liebeserklärung eigentlich richtet. Ist sie als Hommage an Ludwigsburg gedacht? Vielleicht an die Kinder der Stadt? Passen würde es: „I believe the children are our future“ heißt es in dem Song, und von Kindern war viel die Rede an diesem feierlichen Abend. Noch mehr gesprochen wurde über die stolze Stadt, und trotzdem hat Frank Baasner Wort gehalten. Der Leiter des Deutsch-Französischen Instituts moderierte auf äußerst unterhaltsame und launige Weise den Festakt zum 300. Geburtstag und hatte zu Beginn versichert: Die Feier werde keine Rückschau, keine Revue.

 

Eine gute Entscheidung. Zwar weiß jeder Hobbyhistoriker, dass die Zukunft nur meistert, wer die Vergangenheit kennt, aber die Ludwigsburger Geschichte ist hinlänglich oft erzählt worden. Schließlich wird schon das ganze Jahr gefeiert , dass Herzog Eberhard Ludwig diesen von ihm geliebten Flecken Erde anno 1718 zur Stadt erklärte, sogar in den Rang der dritten Haupt- und Residenzstadt von Württemberg erhob. Beim Festakt richteten die Redner den Blick nach vorne, in die Zukunft von Ludwigsburg, von Europa, der Welt.

Horst Köhler fordert eine „Transformation der Gesellschaft“

Mit Horst Köhler war dafür der perfekte Gast geladen. Der ehemalige Bundespräsident schlug in seiner Rede den Bogen von der einzelnen Kommune zum ganzen Planeten. Köhler, geboren in Polen, erinnerte daran, wie er infolge der Kriegswirren als Flüchtling nach Ludwigsburg kam, in „die Stadt, die mir zum ersten Mal eine Ahnung von Heimat gab“. Er erzählte, wie er als 19-Jähriger vor dem Schloss dem französischen Präsidenten Charles de Gaulle zujubelte, um danach auf sein eigentliches Thema zu sprechen zu kommen: Nachhaltigkeit. Mit viel Verve forderte Köhler „eine große Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft“. Mit dem Ziel, „allen Menschen ein Leben in Würde zu ermöglichen, ohne den Planeten zu zerstören“.

Städte spielten dabei eine zentrale Rolle, weil sie Labors der Veränderung sein könnten. Ludwigsburg, so Köhler, sei dafür das beste Beispiel. 2014 mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet, sei die Barockstadt auf dem Weg zur Smart City, zur grünen und intelligenten Stadt, die mit ihren Hilfsprojekten im afrikanischen Burkina Faso auch global Verantwortung übernehme. „300 Jahre Lust auf Veränderung – Ludwigsburg macht mir Mut“, schloss Köhler seinen Vortrag. Er bekam mit Abstand am meisten Applaus an diesem Abend.

Auch der Oberbürgermeister Werner Spec streifte in seiner Begrüßung kurz das Flüchtlingsthema, als er daran erinnerte, dass der Wohlstand, den Ludwigsburg, Baden-Württemberg und Europa genießen, „nicht vom Himmel gefallen ist“. Er erwähnte die Auswanderungswellen nach Amerika im 19. Jahrhundert. „Heute würde man die damaligen württembergischen Auswanderer als Armutsflüchtlinge bezeichnen.“ Ansonsten fiel dem OB die undankbare Aufgabe zu, alle prominenten und manchmal weniger prominenten Gäste zu begrüßen, was allein fünf Minuten in Anspruch nahm. Der ehemalige Ministerpräsident Erwin Teufel, die Herzöge Friedrich und Michael von Württemberg, der ecuadorianische Botschafter Manuel Antonio Mejía Dalmau, Bundes- und Landtagsabgeordnete, Ehrenbürger, Kirchenmänner: Sie alle waren ins Forum gekommen, um der jungen Stadt zu gratulieren.

Winfried Kretschmann lobt Emmanuel Macron – und wirbt für Europa

Die dritte Rede des Abends durfte der aktuelle Ministerpräsident halten, und wie Horst Köhler verband Winfried Kretschmann dies mit einem aktuellen Thema: Der deutsch-französischen Freundschaft. Er warb dafür, die Initiative des französischen Präsidenten Emmanuel Macron aufzunehmen und Europa zu erneuern, die Freundschaft auszubauen, ihr einen neuen Schub zu geben. Kretschmann erntete für seinen Appell viel Beifall. Das Deutsch-Französische Institut, der legendäre Besuch von de Gaulle 1962, die erste deutsch-französische Städtepartnerschaft mit Montbéliard: Die Verbindungen von Ludwigsburg nach Frankreich sind eng.

Auch Spec wurde besonders laut beklatscht, als er betonte, dass sich Ludwigsburg der „europäischen Idee und der engen Partnerschaft zwischen Franzosen und Deutschen verpflichtet fühlt“. Marie-Noëlle Biguinet, die dabei neben ihm stehende Bürgermeisterin von Montbéliard, hat es gerne gehört. Ein Bonmot dazu am Rande lieferte der Institutschef Frank Baasner. Er hatte vor dem Festakt noch in einer alten Ausgabe einer französischen Enzyklopädie geblättert und nach Ludwigsburg gesucht. Der gefundene Eintrag darin ist zwar kurz, der zentrale Satz dafür umso sympathischer: „Ludwigsburg ist die schönste Stadt in Württemberg.“