Footballspieler Carl Nassib hat sich als erster aktiver NFL-Profi als homosexuell geoutet – und erhält dafür viel Zuspruch.

Sport: David Scheu (dsc)

Las Vegas - Es ist ein kurzes, auf den ersten Blick unscheinbares Video. Footballprofi Carl Nassib steht im Garten seines Hauses in West Chester im US-Bundesstaat Pennsylvania und wendet sich in einem Statement an seine Fangemeinde auf Instagram. Was der Defensivspieler von den Las Vegas Raiders zu sagen hat, ist aber von immenser Tragweite. „Ich wollte nur eben einen kurzen Moment nutzen und sagen, dass ich schwul bin.“ Der Satz markiert einen historischen Moment im US-amerikanischen Profisport – noch nie zuvor hatte sich ein aktiver Profi der Nationalen Football-Liga (NFL) als homosexuell geoutet.

 

Er habe eigentlich schon seit einiger Zeit damit an die Öffentlichkeit gehen wollen, betonte der 28-Jährige in seiner Videobotschaft. „Und ich fühle mich wohl damit, es endlich loszuwerden.“ Er hoffe, dass er mit diesem Schritt andere Athleten ermutige und dass eines Tages Videos wie diese gar nicht mehr nötig seien. „Bis dahin will ich mein Bestes geben, um eine Kultur zu fördern, die akzeptierend und teilnahmsvoll ist.“ In einem schriftlichen Kommentar ergänzte Nassib, dass er sich bereits seit 15 Jahren den Kopf über diesen Augenblick zerbrochen habe. Seine Familie und Freunde, aber auch seine Mitspieler und Trainer hätten ihn in diesem Schritt bestärkt. „Ohne sie hätte ich das nicht geschafft“, schrieb Nassib.

Auch US-Tennislegende Billie Jean King äußert sich

Seine Mannschaft gab ihm dann auch umgehend öffentliche Rückendeckung. „Wir sind stolz auf dich, Carl“, schrieben die Las Vegas Raiders in einem Kommentar unter Nassibs Social-Media-Erklärung. Auch abseits seines direkten Umfelds erhielt Nassib für sein Outing viel Zuspruch – unter anderem von Ligaboss Roger Goodell. „Die NFL-Familie ist stolz auf Carl, dass er heute seine Wahrheit so couragiert geteilt hat. Wir teilen seine Hoffnung, dass Statements wie seines eines baldigen Tages keinen Nachrichtenwert mehr haben.“

Die Los Angeles Chargers teilten unterdessen Nassibs Beitrag – begleitet von dem Kommentar: „Manche Dinge sind größer als eine Rivalität.“ Auch die US-amerikanische Tennislegende und mehrfache Grand-Slam-Siegerin Billie Jean King gratulierte Nassib. Inzwischen hat das Video in dem sozialen Netzwerk Instagram rund eine halbe Million Likes erhalten.

Nassib spendet 100 000 Dollar

In Nassib hat sich erstmals ein etablierter NFL-Profi geoutet – bevor er 2020 nach Las Vegas wechselte, war er bereits für die Cleveland Browns und die Tampa Bay Buccaneers aktiv. 2014 wurde in Michael Sam zwar ein öffentlich homosexueller Spieler von den St. Louis Rams, die heute unter dem Namen Los Angeles Rams spielen, bei der Talentsichtung ausgewählt – in den endgültigen Kader schaffte es Sam aber nicht und beendete seine Footballkarriere 2015, ohne einmal in der NFL auf dem Feld gestanden zu haben.

Nassib kündigte derweil an, das Trevor-Projekt mit einer Spende von 100 000 US-Dollar zu unterstützen. Die Organisation betreibt eine Telefonseelsorge für junge LGBTIQ-Menschen. Die englische Abkürzung LGBTIQ steht für lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle, intersexuelle und queere Menschen. Die neue NFL-Saison beginnt für Las Vegas im September mit einem Heimspiel gegen die Seattle Seahawks. Nassib geht dann in seine sechste Saison als Profi – und in die erste nach seinem Outing.