Eine Produktoffensive soll zusammen mit einem Sparprogramm die Wende bringen. 7000 Beschäftigte wollen in Altersteilzeit gehen.

Stuttgart - Die Marke VW Personenwagen ist die Säule des gesamten Volkswagen-Konzerns – und gilt traditionell als ertragsschwach. Einen bisher kaum beachteten Grund hierfür haben Markenchef Herbert Diess und Arno Antlitz, im Markenvorstand für Finanzen zuständig, jetzt klar benannt: „Wenn man China ausklammert, dann ist die Marke VW seit 2012 nicht mehr gewachsen“, sagte Antlitz bei der Pressekonferenz in Wolfsburg. „Wir haben deutliche Einbußen hinnehmen müssen und Marktanteile verloren“, räumte auch Diess ein. Die Fixkosten seien in diesen Jahren weiter gestiegen. Der Konzern verkauft etwa sechs Millionen Fahrzeuge der Marke VW pro Jahr, die Hälfte davon in China. Dies wird der Marke aber nicht zugerechnet, sondern geht lediglich in Höhe des Gewinns in die Ertragsrechnung des Gesamtkonzerns ein. Wie viel Geld genau der Konzern in China verdient, ist nicht bekannt, aber Diess sagte, VW sei dort hochprofitabel – so profitabel wie in kaum einem anderen Land.

 

Die Kosten sollen um 3,7 Milliarden Euro sinken

Um die Ertragslage zu verbessern, hat sich das Management der Marke VW im vorigen Jahr nach langem Streit mit dem Betriebsrat auf ein Sparprogramm geeinigt. Danach sollen bis 2025 etwa 30 000 der 196 000 Stellen in diesem Kerngeschäft des Konzerns gestrichen werden; allein in Deutschland werden danach 23 000 Jobs wegfallen. Angestrebt wird, die Kosten bis 2020 um etwa 3,7 Milliarden Euro pro Jahr zu senken. Nach Angaben von Personalchef Karlheinz Blessing sollen möglichst 9200 Beschäftigte in Altersteilzeit gehen; mit 7000 Männern und Frauen seien bereits Verträge abgeschlossen worden, sagte er.

Von seinen noch 4500 Leiharbeitern will sich VW bis Ende des Jahres trennen. Teilweise erhalten diese Leiharbeiter nach Blessings Angaben befristete Verträge, um da einzuspringen, wo vorübergehend Bedarf besteht. „Wir kümmern uns mehr um unsere Leiharbeiter als manch andere Unternehmen um ihre Stammbelegschaft“ sagte Blessing.

Sieben neue Geländewagen bis Ende 2018

Parallel zum Personalabbau sollen 9000 neue Arbeitsplätze entstehen, vor allem in der IT und in der Elektronik; 3,5 Milliarden Euro sollen in Elektromobilität und andere Zukunftsprojekte wie Digitalisierung und autonomes Fahren investiert werden.

Gleichzeitig hat VW nach den Worten von Diess seine bisher größte Produktoffensive gestartet, um seine Marktanteile zu stabilisieren und neue zu gewinnen. Allein zehn neue Modelle laufen in diesem Jahr an (darunter der Polo), fünf davon echte Neuheiten ohne Vorgänger. Der Schwerpunkt liegt bei Geländewagen, genannt SUV (Sports Utility Vehicle), mit sieben neuen Fahrzeugen bis Ende 2018. Unter anderem solle der T-Roc einen wichtigen Beitrag dazu leisten, den Absatz und das Ergebnis zu steigern, sagte Diess. Zu den neuen Geländewagen gehört auch eine Tiguan-Variante für eine VW-Schwestermarke, die in Wolfsburg gebaut werden soll.

Markenchef Diess bekennt sich zum Diesel

Das Geländewagen-Segment will Diess von einst zwei bis 2020 auf 19 Modelle ausweiten. Mit Atlas, Teramont und Tiguan Allspace seien bereits drei neue SUVs angelaufen, sagte er. Diess glaubt nicht, dass die schweren Fahrzeuge für VW eine Belastung auf dem Weg zu niedrigeren Verbrauchs- und Emissionswerten sein werden. Sein Credo: Es ist möglich, dieselben Werte zu erreichen wie bei den Limousinen, von denen sie häufig abgeleitet sind. Fester Bestandteil des Programms wird für den früheren BMW-Manager auch der Diesel mit seinen günstigen CO2-Werten sein. „Wir stehen zum Diesel“, sagte der Markenchef mit Blick auf die neuen Euro-6-Motoren, mit denen die Einhaltung der Grenzwerte aus seiner Sicht kein Problem sein wird.

Die Rechnungslegung hat VW Pkw in diesem Jahr umgestellt und Geschäft herausgerechnet, das teilweise auch Schwestermarken zuzurechnen ist (unter anderem Mehrmarkenimporteure). Bezogen auf 2016 kommt die Marke VW nur noch auf 74 (bisher: 106) Milliarden Euro Umsatz und einen operativen Gewinn von 1,6 (bisher: 1,9) Milliarden Euro. Das ergibt eine Umsatzrendite von 2,1 (bisher: 1,8) Prozent. An die genauere Zuordnung des China-Geschäfts ist aber nicht gedacht.

Die ersten beiden Quartale sind die besten

In den ersten drei Monaten 2017 hat sich die Umsatzrendite auf 4,6 Prozent verbessert. Diess und Antlitz glauben aber nicht, dass dieser Trend im Jahresverlauf anhalten wird; die beiden ersten Quartale gelten bei VW üblichweise als die besten im Gesamtjahr. Ziel für das ganze Jahr ist eine Umsatzrendite von 2,5 bis 3,5 Prozent. Der Umsatz soll um zehn Prozent steigen, wozu nach dem bisherigen Verlauf auch das US-Geschäft einen Beitrag leisten wird, das noch in den roten Zahlen ist. In den folgenden Jahren soll die Umsatzrendite von VW Pkw über vier Prozent (bis 2020) auf sechs Prozent (bis 2025) verbessert werden.