Taiko-Trommeln sind laut, was die Konzertbesucher in Göppingen erfreut hat. Einige Anwohner in Zell jammern wegen des „Lärms“, der weit unter den Grenzwerten liegt.
Göppinen/Zell unter Aichelberg - Die Besucher tanzen zuerst in und dann aus der Stadthalle. Nach ihrem Konzert bezieht dieTaiko -Gruppe Waraku-kai Shou – eine bunte Mischung aus japanischen Trommelprofis und deutschen Amateuren – im Foyer Stellung, geleitet das begeisterte Publikum musikalisch hinaus in die Nacht. Was die 400 Gäste zuvor im Großen Saal erlebt haben, darf ohne jede Übertreibung als brillantes rhythmisch-sportlich-koordinatives Feuerwerk bezeichnet werden.
Die Mitglieder der Formation um den Taiko-Meister Noboru Tanaka, der ebenfalls das für europäische Ohren seltsam klingende dreisaitige Zupfinstrument Shamisen perfekt beherrscht, leisten an den kleinen, großen und ganz großen Trommeln Maßarbeit. Wäre es anders, würde das allein deshalb auffallen, weil selbst ein Laie jeden noch so kleinen Fehler optisch wie akustisch bemerkt. Das Rezept, um Aussetzer zu vermeiden, heißt aufwärmen, konzentrieren und vor allem üben, üben, üben.
Messung deutlich unter den Grenzwerten
Allein, das ist nicht ganz so einfach, wie die Taiko-Lehrerin Beatrix Wagner feststellen musste. Denn während beim Konzert in Göppingen viele Menschen Applaus klatschten, schlagen in Zell unter Aichelberg einige wenige die Hände über dem Kopf zusammen, angesichts des „unzumutbaren Lärms“, wie es bereits im vergangenen Mai auch in einer Gemeinderatssitzung geheißen hatte.
Beatrix Wagner probt mit ihren Schützlingen zweimal in der Woche für jeweils zwei Stunden in der Werkhalle eines befreundeten Unternehmers im Gewerbegebiet Wängen. Rund 300 Meter weiter, jenseits der Straße nach Hattenhofen, fühlen sich dadurch, wie der Bürgermeister Werner Link sagt, „zwei bis drei Anwohner belästigt“. Es sei dort zwar etwas zu hören, aber ob man das mitbekomme oder gar als Belästigung wahrnehme, hänge wohl vom subjektiven Empfinden ab, ergänzt er.
Doch selbst einer objektiven Überprüfung hält die Einschätzung des Zeller Schultes stand. Werner Staudenmayer vom Umweltschutzamt des Landkreises hat unangekündigte Messungen vor, während und nach dem Übungsabend angestellt. Beim Lärm wurde der Grenzwert um zehn Dezibel unterschritten, lag also bei 45 Dezibel, was sich gemäß einer Lautstärkevergleichstabelle zwischen „Bücherei“ und „ruhige Ecke in der Wohnung“ bewegt.
Endgültige Entscheidung in den nächsten Tagen
„Auch die Erschütterungsmessungen in der Wohnung eines Beschwerdeführers lagen bei lediglich 20 Prozent des zulässigen Werts“, betont Staudenmayer, der indes ein ganz anderes Problem hatte. „Je nach Windrichtung seien die Verkehrsgeräusche, ob von Autos oder Flugzeugen, so laut gewesen, dass die Werte, die das Trommeln verursacht hat, nur schwer hätten herausgefiltert werden können, ergänzt er. Die fachliche Stellungnahme liege nun beim Bauamt, das den weiteren Übungsbetrieb genehmige oder eben nicht.
Das Bauamt will das Ergebnis in Sachen Taiko womöglich noch in dieser Woche bekannt geben. Deren Leiterin, Sarah Barth, sagt, sie wolle dem Entscheidungsprozess zwar nicht vorgreifen und verweist auf weitere öffentlich-rechtliche Vorschriften. Sie räumt aber ein, dass es in diesem Fall „außer den Bereichen Lärm und Erschütterungen wohl nichts weiter gibt“.
Die Trommler um Beatrix Wagner dürfen in den Wängen also wohl weiter üben, zumal eine neue Firmenhalle eine zusätzliche „Lärmschutzwand“ in Richtung Ort bildet. „Außerdem gibt es etliche Anwohner, die uns nicht als Last empfinden, sondern sogar zum Gucken vorbeikommen“, ergänzt die 45-Jährige. Ihre Einschätzung fand beim Konzert in der Stadthalle eine Bestätigung. Viele Zeller hatten sich unter die begeisterten Besucher gemischt.