Eine vierfache alleinerziehende Mutter aus Stuttgart-Degerloch sucht derzeit massiv die Öffentlichkeit, weil sie ihre Wohnung verliert. Sie wirft ihren bisherigen Vermietern einiges vor. Diese reagieren nun über ihren Anwalt.

Degerloch - Die Situation der Degerlocher Familie Schädel hat eine Welle des Mitgefühls und der Empörung ausgelöst. Wie Anfang April berichtet, droht der alleinerziehenden Mutter Stephanie Schädel, die mit ihren vier Kindern an der Schrempfstraße wohnt, eine Zwangsräumung und, im schlimmsten Fall, der Umzug in ein Sozialhotel. Eine unter dem Schlagwort „Rausschmiss“ lancierte Petition haben mehr als 60 000 Menschen unterschrieben: „Gnadenlos“ nennt Schädel das Vorgehen der Vermieter. Sie sucht derzeit massiv die Öffentlichkeit.

 

Anwalt widerspricht der Frau

Die Degerlocherin räumt zwar ein, seit ihrem Einzug im Jahr 2014 mehrmals die Miete nicht rechtzeitig gezahlt zu haben. Doch habe es sich beim Verzug nur um Tage gehandelt, nie um Wochen oder Monate. Die Vermieter widersprechen dieser Darstellung vehement und wehren sich gegen die ihrer Ansicht nach falsche Behauptungen. Bernd Bauer, ein Filderstädter Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, vertritt die Vermieter. Einen Teil der Miete im Mai 2015 habe Stephanie Schädel mehrere Wochen verspätet überwiesen, sagt er. „Die vollständige Miete wurde sogar erst mehrere Monate zu spät entrichtet“, so Bauer.

Zur ersten verspäteten Mietzahlung sei es bereits 2014 gekommen. Aus den Schilderungen des Anwalts geht hervor, dass die Vermieter der Familie immer wieder entgegengekommen seien. So habe der ehemalige Arbeitgeber von Frau Schädel in einem Fall angeboten, ihren Mietrückstand zu begleichen. „Die vormaligen Vermieter stimmten diesem Vorschlag im Vertrauen darauf, dass die Miete künftig pünktlich bezahlt wird, zu und nahmen die Kündigung des Mietverhältnisses mit Schreiben vom 5. August 2015 zurück“, erklärt Bernd Bauer. Trotzdem kam es immer wieder zu versäumten Zahlungen. Daraufhin sprachen die Vermieter im Dezember 2016 wieder eine ordentliche Kündigung zum 31. März 2017 aus. Von einer fristlosen Kündigung sahen sie indessen ab.

Außergerichtlich gab es keine Einigung

Der Versuch einer außergerichtlichen Einigung sei in der Folge gescheitert, sagt der Anwalt. Im November 2017 reichten die Vermieter Klage beim Amtsgericht ein. Auf die Räumungsfrist bis Ende März 2019 hätten sich dann alle Parteien einvernehmlich im Rahmen einer mündlichen Verhandlung geeinigt.

Die Vermieter stören sich zudem daran, als geldgierig dargestellt zu werden. So suggeriert Schädel in ihrer Petition, Opfer einer Gentrifizierung geworden zu sein: „Die Mieteinnahmen können nach unserem Auszug um mindestens 300 bis 400 Euro angehoben werden. Auf dem Nachbargrundstück, welches den Vermietern gehörte, entstehen gerade Luxuswohnungen“, schreibt sie. „Diese Behauptung ist absurd“, entgegnet Bernd Bauer. Zum einen hätten die Mieter bereits vor fünf Jahren mehr Geld verlangen können. „Die Vermieter haben sich jedoch bewusst für den Abschluss eines Mietvertrages mit einer alleinerziehenden Mutter mit zu diesem Zeitpunkt drei Kindern entschlossen, da der Stuttgarter Wohnungsmarkt in dieser Konstellation sicherlich sehr begrenzt ist.“ Bauer verweist auf die stabile, familienfreundliche Mieterstruktur im Haus. „Die Vermieter sind weiterhin wie auch in der Vergangenheit gerne bereit, die von Frau S. zu räumende Wohnung erneut an einem Personenkreis zu vermieten, der ansonsten auf dem Stuttgarter Wohnungsmarkt geringe Chancen hätte“, ergänzt er.

Städtische Wohnung in Aussicht

An der Lage der Schädels hat sich unterdessen nichts geändert, vieler Solidaritätsbekundungen zum Trotz. „Ich warte täglich auf den Zwangsräumungstermin per Post“, sagt Stephanie Schädel auf Anfrage. Von den Vermietern habe sie noch immer nichts gehört, so Schädel weiter. Doch auch dieser Darstellung widerspricht Anwalt Bernd Bauer. „Leider verweigert Frau Schädel mit uns die Kommunikation. Auf meine kürzliche Nachfrage bei ihrem Prozessbevollmächtigten, ob es Neuigkeiten gebe, wurde mir dieses verneint.“

Indes will der Anwalt von der Redakteurin eines regionalen Fernsehsenders erfahren haben, dass bei Frau Schädel demnächst zwei Wohnungsbesichtigungstermine anstünden. Einen dieser Termine – die Besichtigung einer städtischen Wohnung am 17. April – bestätigt Schädel mittlerweile selbst auf ihrer Petitionsseite.

Räumungsfrist wurde verlängert

Einen Tag vorher läuft die Räumungsfrist aus, die die Eigentümer zwischenzeitlich erneut verlängert hatten. Trotzdem bezeichnet die Mutter die Tatsache, vor dem anberaumten Besichtigungstermin ausziehen zu müssen, in eben jenem Post als „unmenschlich und durch nichts gerechtfertigt“. Doch auch diese Anschuldigung will der Anwalt nicht stehen lassen. Denn über anstehende Besichtigungstermine habe Frau Schädel sie nicht unterrichtet. „In der Online-Petition von Frau S. hat diese unser Anschreiben hochgeladen und sich darüber beschwert, dass sie nunmehr vor diesen Besichtigungsterminen ausziehen soll. Dass sie uns über diese Termine nicht unterrichtet hat, lässt Frau S. selbstredend unerwähnt“, so Bernd Bauer.