Studenten haben eigene Pläne für das Viertel hinter dem Hauptbahnhof. Ihr „Lecture Slam“ entpuppt sich als Anstiftung zur Einmischung in den Städtebau.

Stuttgart-Nord - Warm anziehen sollte sich, wer sich derzeit in die Wagenhallen im Stuttgarter Norden begibt. Bis in die letzten Ritzen ist die Kälte hier spürbar. Das kann durchaus als Bild genommen werden: Dafür, dass sich warm anziehen muss, wer mit dem Gedanken spielen sollte, die städtebauliche Evolution des Rosenstein-Quartiers über die Köpfe einer selbstbewusst gewordenen Bürgerschaft hinweg vollziehen zu wollen.

 

Der „Lecture Slam“ jedenfalls, den rührige Studentinnen und Studenten im Rahmen der Architektur-Schau „Quartier Quartett Rosenstein“ am Montagabend abschnurren ließen, war ein Beispiel für Einmischung. Der Titel war Programm: „Du bist die Stadt!“ Ein Imperativ als eine Art Brandmauer gegen undemokratische Versuchungen, von den zehn Vortragenden kontrastreich skizziert, getreu dem Motto: „Ich bin die Stadt! Aber was ist das eigentlich für eine Stadt?“

Ein Architekt auf Spurensuche

Fragend und tastend begab sich David Cook auf Spurensuche: Ein Engländer, der in Stuttgart „steckengeblieben“ ist. Und das nicht nur wegen Behnisch, dem der freie Architekt lange assistiert hat. Durchaus widerständig hatte er die Stadt lange erlebt, bis er in den „vielen Kleinigkeiten die Attraktivität“ seiner neuen Heimat erkannte. Er warb dafür, in Sachen Stadtgestaltung nach „den Chancen zu schauen“.

Einen reizvollen historischen Horizont skizzierte Anja Dauschek, die Leiterin des Planungsstabes für das neue Stadtmuseum. Wobei sie sich mit Blick auf den 1961 erfolgten, von ihr bedauerten Abriss des Kaufhauses Schocken eine architektur-historische Reminiszenz auf aktuelles Wirken der Abrissbirne zu verbeißen schien. Die Ausführungen des Ex-VfB-Profis Hansi Müller entpuppten sich als Liebeserklärung an seine Heimatstadt, als Folge eines von außen, durch den internationalen Aspekt seiner Karriere geschärften Blickes: „Ich weiß, was ich an Stuttgart habe.“

Pfarrer Georg Amann beschrieb das Areal am Nordbahnhof als einen „ganz normalen und ganz besonderen Stadtteil“. Und die beiden Skater Phil Anderson und Torsten Fink erzählten, wie sie die Stadt mit ihren Boards erobern. Und wie „megaviele Möglichkeiten“ die Schwaben-Metropole dabei bietet.

Das sei sogar für die internationale Szene reizvoll. Ihr Motto könnte von Bertolt Brecht sein: „Ja, mach’ nur einen Plan! Aber geh’ davon aus, dass Du mit mir rechnen musst. Denn ich bin die Stadt!“