Das vierte Jahr des Bürgerkriegs in Syrien bricht an. Der nun schon jahrelang andauernde Horror droht das gequälte Land Syrien noch viele Jahre lang auszubluten zu lassen. Ein Ende ist immer noch nicht in Sicht.

Damaskus - Während Syrien sein viertes Kriegsjahr beginnt, feiert das Assad-Regime einen kleinen, aber wichtigen strategischen Sieg:   die Befreiung von Yabroud, der letzten größeren Rebellenbastion an der Grenze zum Libanon. Damit hofft Assad, den Landweg von Damaskus zu seiner alawitischen Hochburg am Mittelmeer abzusichern und seinen Feinden die wichtige Nachschubroute aus dem Libanon abzuschneiden.

 

Das ist wieder ein militärischer Fortschritt in einer Serie kleiner Geländegewinne, die dem Regime mehr Selbstbewusstsein geben und die Entschlossenheit stärken, den Krieg – ungeachtet der mehr als 140 000 Toten, der neun Millionen Vertriebenen und gigantischer Zerstörungen – gnadenlos fortzusetzen. Die diplomatische Option ist nach der gescheiterten „Genf II“-Konferenz im Januar vom Tisch, und Berichte aus Geheimdienst- und Rebellenkreisen lassen erkennen, dass selbst der so zurückhaltende US-Präsident Obama nun auf die militärische Option setzt.

Die drei Jahre des Krieges haben auch die Regierungstruppen so geschwächt, dass sie sich mehr und mehr auf ausländische Milizen stützen, vor allem die Hisbollah und schiitische Kämpfer aus dem Irak. In zwölf der 14 Provinzen führen Assads Krieger täglich an die hundert Militäroperationen durch – von Scud-Raketenangriffen bis hin zu kleineren Gefechten mit Rebellen.

Regime will die Kontrolle über das Land schnell wieder haben

Dabei verfolgt das Regime das Ziel, so weit wie möglich wieder die Kontrolle über das Land zu gewinnen, die bewaffnete Opposition zu einer beherrschbaren „Terrorgefahr“ zu machen und die politischen Gegner zu einer irrelevanten Exilbewegung zu degradieren. Zugleich verstärken sich Hinweise darauf, dass die USA die geheime Unterstützung syrischer Rebellen wieder aufgenommen haben, um gemeinsam mit Saudi-Arabien   von Jordanien aus eine „Südfront“ gegen das Assad-Regime aufzubauen. Nach Berichten aus der Region gelangen Unmengen von kleinen Waffen, Munition, Panzerfäusten und Granatwerfern zu Stützpunkten von Einheiten der „Freien Syrischen Armee“ (FSA) in Jordanien. Darunter sollen mobile Antiflugzeugraketen aus saudischen Arsenalen sein, die Riad auf US-Druck den Rebellen bisher vorenthalten hatte. Eine Umstrukturierung der FSA zählt zu den wichtigsten Vorbereitungen einer geplanten „Frühjahrsoffensive“, die, vom jordanischen Grenzgebiet gesteuert, in der syrischen Provinz Deraa beginnen und Damaskus erreichen soll.  

Hauptempfänger der verstärkten Waffenlieferungen ist Bashar al-Zoubi, der neue Kommandant der „Südfront“, einer Koalition von 49 bewaffneten Gruppen mit insgesamt 30 000 Kämpfern. Al-Zoubi werden enge Beziehungen zu westlichen und arabischen Geheimdiensten sowie dem jordanischen König Abdullah nachgesagt. Er genießt unter den Stämmen in Südsyrien beträchtliches Ansehen und gilt als eine „Stimme der Mäßigung“, die sich für eine repräsentative Regierung einsetzt. Washington hofft, unter al-Zoubis Führung die gemäßigten Kräfte als Gegengewicht zu den mit dem Al-Kaida Netzwerk verbündeten Islamisten zu stärken, und baut auf al-Zoubis Autorität, damit die neuen Waffen nicht, wie im Norden, in die Hände der Islamisten fallen. Diese sind im Süden weit schwächer präsent als im Norden.  

Voraussetzung für einen Erfolg dieser Strategie, die den Sturm auf Damaskus zum Ziel hat, ist eine Vereinigung von Dutzenden Kampfgruppen unter al-Zoubis Führung. Das ist ein schwieriges Unterfangen, doch im Gegensatz zu Nordsyrien hat sich die FSA im Süden in die lokalen Gemeinschaften und Stammesverbände integriert, die eher bereit sein könnten, sich einer besser ausgerüsteten FSA unter al-Zoubi   anzuschließen. Vertreter der FSA sind davon überzeugt, dass die „Frühjahrsoffensive“ ihre letzte militärische Chance sei.

Sollte diese fehlschlagen, würden diese gemäßigten Rebellengruppen ihren Status und die Unterstützung von außen verlieren. Ziel der Offensive ist   eine Verschiebung des militärischen Gleichgewichts, um das Regime zu Verhandlungen zu zwingen. Für die gequälte syrische Bevölkerung bedeutet dies noch mehr Leid, noch mehr Blut und noch mehr Tote.