Bei einer Diskussionsrunde ist über die Zukunft der Villa Berg in Stuttgart gesprochen worden. Es bleibt weiterhin fraglich, ob die Glanzzeiten der fünfziger bis siebziger Jahre wieder aufleben werden.

Stuttgart - Nein, der Investor war nicht da, und auch keiner von denen, die mit ihm verhandeln. Aber Mathias Düsterdick hatte dem Architekturforum Baden-Württemberg erlaubt, zu drei hoch interessanten Vorträgen mit anschließender Diskussion in die Villa Berg einzuladen.

 

Den großen Sendesaal mit der Walcker-Orgel, auf der Olivier Messiaen 1952 sein „Livre d’orgue“ eingespielt hat, von innen zu sehen, war laut dem Moderator Achim Söding der erste Zweck der Veranstaltung. Er fragte zu recht: „Wie kann es eigentlich sein, dass ein solches Denkmal in einem solchen Zustand ist?“

Franz Pesch, die Autorität unter den Stuttgarter Stadtplanern, sprach von einer Ikone, allerdings „in ausgesprochen beklagenswertem Zustand.“ Von der Geschichte ausgehend, beschrieb er die stadträumlichen Bezüge bis hin zur Internationalen Gartenbau-Ausstellung 1993. Er wunderte sich, dass die Stadt von ihrem Vorkaufsrecht keinen Gebrauch gemacht habe. Jedenfalls sehe der Flächennutzungsplan eine öffentliche Nutzung vor, und das Stadtentwicklungskonzept von 2006 betone die Bezüge zum Rosensteinpark und zum Neckarufer. Pesch sprach sich dafür aus, den vom Gemeinderat bereits beschlossenen Abriss der Fernsehstudios noch einmal zu überdenken.

In einem sehr dichten Vortrag beleuchtete Christian Dosch, Mitbegründer der Initiative Occupy Villa Berg, den Begriff der Identität. Selbstbewahrung spielte darin eine Rolle. Architektur als symbolischer, fester Ort könne helfen, stets wandelbare Identitäten zu stabilisieren. Voraussetzung für eine nachhaltige Entwicklung sei die Erforschung der Identitätsschichten und -bezüge. Dosch wunderte sich über die „irrationale Beliebigkeit“, nach der mal ein Businessclub, mal ein Varieté als Nutzung vorgeschlagen wurde. Viele, durchaus verschiedene „Identitätskerne“ seien im Bürgerbeteiligungsprozess der Initiative zum Vorschein gekommen. Er sprach sich dafür aus, niemand auszuschließen. Dass gemeinwohlorientierte Planung nicht mit kommerzieller Immobilienentwicklung vereinbar sei, illustrierte er an Bauten des Investors PDI.

Andreas Baur, der Leiter der Esslinger Villa Merkel, zeigte was es bedeutet, wenn eine Städtische Galerie in einem historischen Wohnbau untergebracht ist. 2001 hatte sich ein 40 Kilogramm schwerer Brocken aus dem Kranzgesims gelöst, was eine aufwendige Renovierung des frühen Betonbaus auslöste. Die Lage jenseits der Bahngleise, abgeschnitten von der Stadt, ist keinesfalls ideal. Schon die Anlieferung von Leihgaben kann Kopfzerbrechen bereiten, wenn der Eingang zu schmal ist. Die Villa Merkel ist eben kein neutraler „White Cube“, aber Baur machte mit Abbildungen von Ausstellungen deutlich, dass gerade dies ein enormer Vorteil sein kann.

Die anschließende Diskussion mit dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Martin Körner führte langsam wieder zurück auf den Boden der Realität. Solange die Villa nicht in städtischem Besitz ist, ist es verfrüht, über kulturelle Nutzungen der Fernsehstudios zu sprechen. Roland Ostertag meldete sich aus dem Publikum: offenbar der einzige, der die Villa noch im unzerstörten Vorkriegszustand erlebt hat. Er wies darauf hin, dass Veranstaltungen in der Villa Berg ein Höhepunkt des Stuttgarter Kulturlebens der fünfziger bis siebziger Jahre waren. Dorthin müsse man zurückfinden.