Beim Weissenhof-Turnier ist Tennis mehr als ein Wettkampf. Das Publikum genießt besondere Sommerwonnen. Cacau fühlt sich „wie im Urlaub“. Ein Besuch auf der VIP-Tribüne.
Was den Weissenhof hoch über Stuttgart so besonders macht, ist seine Nähe. Beim Sieg des deutschen Tennis-Stars Alexander Zverev gegen den Franzosen Corentin Moute sitzt am Donnerstagnachmittag eine sommerlich knapp bekleidete Influencerin so dicht am Spielfeld, dass sie beim Fotografieren jubelnd ausruft: „Hey, was hat er für geile Bauchmuskeln!“ Ihre Begeisterung klingt so, als ob es ihr gelungen sei das Six Pack sogar zu berühren in dem Moment, als das neongelbe Trikot den Blick freigibt.
Nicht nur die Zuschauerinnen und Zuschauer sitzen nah am Centre Court, auch die Stars wirken auf dem Gelände greifbarer. Man begegnet Weltklassespielern auf dem Weg zum Training, sieht sie lachend im Gespräch mit Fans – auf dem Weissenhof ist Tennis kein entfernter Hochleistungssport, sondern ein Fest für alle Sinne mit DJ-Musik wie in einer Strandbar am Meer.
„Von der Bundesliga zur Champions League“
Der Promi-Fotograf Christof Sage besucht das Weissenhof-Turnier seit 40 Jahren. In dieser Zeit hat er viele Höhen und Tiefen mitgemacht. Seit Sponsor Boss das Kommando übernommen habe, sei „aus der Bundesliga eine Champions League“ geworden, lobt der 72-Jährige Globetrotter. Bei Alexander Zverev sind die Reihen dicht besetzt.
Einer freilich entflieht der Sonne: Der Musiker und Entertainer Giovanni Zarella verlässt seinen Sitzplatz im Hochschwitzbereich und lugt hinter einer Plane im Schatten hervor. Neben der Musik habe er zwei Leidenschaften, sagt der Sänger: Tennis und Fußball – beides spiele er selbst.
Zarella zählt an diesem Nachmittag zu den Gästen von Boss-Chef Daniel Grieder, dessen Platz sich in der ersten Reihe der VIP-Tribüne befindet. Neben ihm sitzt Turnierdirektor Edwin Weindorfer. Die beiden Chefs sehen zufrieden aus. Die Zukunft des ATP-Rasentennisturniers– ein wichtiges gesellschaftlichen Ereignis für Stuttgart – ist schließlich für die kommenden fünf Jahre gesichert. Der Vertrag mit der börsennotierten Hugo Boss AG als Titelsponsor wurde bis 2030 verlängert.
VfB-Legende Cacau hat im April das Damen-Turnier in der Porsche-Arena besucht. Das sei so toll gewesen, sagt er, „dass bei mir die Liebe zum Tennis neu erwacht ist“. Deshalb freut er sich, dass er mit seiner Frau nun sehen kann, wie gut auch Männer Tennis spielen können. Die Atmosphäre auf dem Weissenhof sei ganz besonders, schwärmt er: „Für mich ist das so schön wie Urlaub!“
Ein Billigurlaub ist dies freilich nicht, sofern man nicht eingeladen wird von einem der Sponsoren. Der VIP-Platz (inklusive Essen und Getränke) kostet zwischen 399 und 479 Euro pro Person und Tag.
Auch der frühere VfB-Star Sami Khedira gibt sich als Fan kleiner Bälle zu erkennen. Um sich vor der Sonne zu schützen, trägt er eine beigefarbene Baseballmütze und schaut hoch konzentriert zu. Nicht weit von ihm entfernt sitzt Brauerei-Chef Christian Dinkelacker sowie Puls-Chef Jörg Echtermann mit seinem Sohn. Außerdem gesehen: der frühere Porsche-Finanzchef Lutz Meschke. Dass er am Nachmittag dabei ist, wundert einige Gäste nicht. „Er hat ja jetzt Zeit“, sagt jemand dazu. Sophia Thomalla, die Freundin von Alexander Zverev, ist allerdings beim Auftaktspiel ihres Partners nicht dabei. Sie sei noch im Ausland, heißt es, und werde aber sehr wahrscheinlich zum nächsten Spiel kommen.
Eine Mischung aus Eleganz, Bodenständigkeit und Lebenslust
Im VIP-Zelt trifft man wie in den Vorjahren den Gastronomen Michael Wilhelmer, der jedoch nicht mehr für die Bewirtung zuständig ist. Er wurde ausgewechselt – Boss hat mit seinen Köchen selbst das Catering übernommen. Aus alter Gewohnheit, berichtet Wilhelmer amüsiert, habe seine Frau bereits Teller abgeräumt. Draußen auf dem Platz (für die zahlenden Besucher ohne VIP-Bändel) ist die Familie Trautwein für die Essens- und Getränkestände zuständig – und wirbt schon mal für das Restaurant Knitz, das im Sommer auf dem Marktplatz im neuen Haus des Tourismus eröffnet werden soll.
Die Sonne glitzert auf den gepflegten Rasenplätzen, das Klacken der Schläger ist zu hören, ein sanfter Wind bläst durch die Baumkronen – die Atmosphäre auf dem Weissenhof ruft mit ihrer Mischung aus Eleganz, Bodenständigkeit und Lebenslust besondere Sommerwonnen zwischen französischem Champagner und schwäbischen Laugenbrezeln hervor. Auf der Terrasse stehen Sofas, auf denen man es sich bequem machen kann. In Stuttgart weiß man halt, wie man gut lebt und dabei nicht zu protzig wird.