Virtual-Reality-Technik lässt Freunde der Barocken Musik in die Himmelsburg zu Weimar reisen. Noch bis zum 3. Juli können Bach-Freunde kostenlos am Schillerplatz abheben.

Der heilige Bernhard von Clairvaux, der bedeutende Zisterzienser, muss es wissen: „Den Garten des Paradieses betritt man nicht mit den Füßen, sondern mit dem Herzen.“ Ganz ähnlich ist es mit einer imaginären Reise in die Weimarer Schlosskapelle Himmelsburg, die jeder bis zum 3. Juli auf dem Schillerplatz in der Stuttgarter Innenstadt antreten kann. Leibhaftig kann man diesen Ort, in dem Johann Sebastian Bach komponierte und Werke erklingen ließ, schon seit 1774 nicht mehr betreten. Da brannte die Himmelsburg ab. Aber virtuell, mit fast allen Sinnen und mit ganzem Herzen, ist die Himmelsburg jetzt wieder erreichbar.

 

Drei Plätze im Container

Für Christoph Drescher, den Erfinder der virtuellen Himmelsburg, die in einen Container passt, ist dank Computertechnik ein „mystischer Ort und ein Atlantis für Bach-Fans“ entstanden. Der Leiter der Thüringer Bachwochen glaubt, dass auch der Klang der Musik in der Himmelsburg einzigartig war. „Ich glaube jeder Bachfreund oder Freund alter Musik strebt nach diesem Gefühl, den damaligen Klängen nah zu sein oder wünscht sich, sie erlebt zu haben. Diesem Wunsch können wir nun mit der Rekonstruktion der Himmelsburg entsprechen“, sagt Drescher.

Online-Anmeldung ist ratsam

Dieses Erlebnis dank modernster Virtual-Reality-Technik, VR-Brille und Kopfhörern, ist täglich von 11 bis 18 Uhr möglich. Es ist eine Verbindung aus Science-Fiction und großer Geschichte. Der Eintritt in die Himmelsburg ist übrigens frei. Allerdings ist empfehlenswert, sich online über www.himmelsburg.de einen der drei Plätze im Container zu servieren. Wer einen Platz ergattert hat, den erwarten zehn Minuten Konzertgenuss mit der Musik Bachs vom Ensemble Cantus Thuringia in der virtuellen Himmelsburg.

Himmlische Klänge

Den Namen hat die Schlosskapelle auf Grund ihrer Höhe von 20 Metern. „Die Himmelsburg hatte einen akustischen Clou. Es gab eine Empore, die sogenannte Capella mit einer Orgel, die man aber von unten nicht sehen konnte. Die Gemeinde und der Hofstaat saßen unten und die Musik kam von oben – quasi unsichtbar musiziert. Damit wurde Bachs Musik wortwörtlich zu himmlischen Klängen und erzeugte sicherlich magische Momente bei den Zuhörern.“

Man sollte schwindelfrei sein

Per Daumendruck über eine Fernbedienung können die virtuellen Himmelsstürmer am Schillerplatz jeden Platz in diesem besonderen Bauwerk einnehmen. Und sie fühlen, wie es war, von ganz oben nach unten zu blicken. Nämlich, in dem man von seiner original Kirchenbank aufsteht und sich nach vorne lehnt. Es ist ein Schwindel erregendes Gefühl. Wem die Höhe grundsätzlich Angst macht, sucht nun unwillkürlich nach Halt. Den bietet dann eine Ballettstange, die an der Seite des Containers angebracht ist.

„Auf diesem Weg ist die virtuelle Rekonstruktion der Himmelsburg natürlich ein Meilenstein, weil wir mit ihr einen völlig neuen Blick auf Bach bieten können“, sagt Drescher stolz und ergänzt: „Man bekommt einfach ein echtes Gefühl für diesen Ort und kann voll eintauchen. Und dann ertönt plötzlich Bachs Kantate ,Himmelskönig, sei willkommen‘ in dieser besonderen Akustik – das ist einfach zutiefst bewegend.“

Ganz im Sinne des Heiligen Bernhard. Man betritt den Container mit den Füßen, aber erreicht die Himmelsburg mit dem Herzen. Denn für Bachliebhaber ist es wirklich der Eintritt ins Paradies.