In Wimsheim gibt es ­derzeit eine Visitation. Was ist das genau?

Wimsheim - Werner Malthaner hat von seinem Esstisch aus einen guten Blick auf jenen Bereich in Wimsheim, wo sich das Leben der evangelischen Kirchengemeinde abspielt: auf das Pfarrhaus, das Gemeindehaus und die Michaelskirche. Als er vor vielen Jahren in direkter Nachbarschaft in der Wimsheimer Ortsmitte baute, ahnte er noch nicht, dass er einmal Vorsitzender des Kirchengemeinderats werden würde. Inzwischen ist der 69-Jährige seit 2003 Mitglied in diesem Gremium und seit etlichen Jahren auch deren Vorsitzender. Trotz dieses langjährigen Engagements erlebt er jetzt zum ersten Mal eine Hauptvisitation.

 

Hinter diesem Begriff steckt eine normalerweise alle acht Jahre stattfindende Inspektion oder Prüfung der örtlichen Kirchengemeinde durch die übergeordnete Ebene. Geregelt ist dies in der Visitationsordnung der württembergischen Landeskirche. Wimsheim gehört ebenso wie die anderen ehemaligen Gemeinden des Altkreises Leonberg, die heute im Enzkreis liegen, zum Kirchenbezirk Leonberg. Dieser wird von Dekan Wolfgang Vögele und dem Schuldekan Andreas Hinz zusammen mit der Kirchenbezirkssynode und dem Kirchenbezirksausschuss geleitet. Vögele und Hinz nahmen kürzlich an einem Gemeindeforum in Wimsheim teil, das den Auftakt zu dieser Visitation bildete.

Gemeinde zählt 1400 Mitglieder

Rund 40 Teilnehmer waren gekommen, um die 1400 Mitglieder zählende Gemeinde vorzustellen und im Gespräch Perspektiven für die Zukunft zu entwickeln. Auf Plakaten stellten die verschiedenen Gruppen ihre Arbeit dar, schildert Werner Malthaner. „Wir haben eine große Vielfalt an Aktivitäten im Ort“, erzählt der Vorsitzende des Kirchengemeinderats. Das reiche von Familien- und Schulgottesdiensten bis zur Kinderkirche, vom Frauenfrühstück über den Besuchsdienst bis zur Seniorenarbeit und einem monatlichen Seniorennachmittag, vom Posaunen- über den Kirchenchor bis zum Chor Colours of Heaven. Seit mehr als zehn Jahren gebe es jeden dritten Donnerstag im Monat ein sehr gut besuchtes Gemeindemittagessen, zählt Werner Malthaner auf.

Einen Wermutstropfen gibt es allerdings, sagt Malthaner. Das sei die Jugendarbeit. So fehle beispielsweise eine Jungschar, weil es derzeit an Aktiven mangele, die dies in die Hand nehmen. Hier soll Abhilfe geschaffen werden, sagt Annette Rüb. Die Pfarrerin leitet zusammen mit Werner Malthaner die Kirchengemeinde. „Wir überlegen neue Modelle der Zusammenarbeit und denken etwa an die Gründung eines Fördervereins, der es uns langfristig ermöglicht, einen Diakon oder Jugendreferenten anzustellen.“ Auch arbeite man daran, zusammen mit der Kirchengemeinde in Mönsheim ein Jugendleiterprogramm zu entwickeln. Aber das brauche seine Zeit.

Visitation wurde immer wieder verschoben

Für die Pfarrerin, die eine 75-Prozent-Stelle hat und an der Wimsheimer Grundschule auch Religion unterrichtet, sind Visitationen nichts Außergewöhnliches. In Wimsheim habe man dies immer wieder verschoben, weil die Pfarrstelle im Ort längere Zeit unregelmäßig besetzt gewesen sei. „Der Dekan kommt in die Gemeinde und spricht mit den hauptamtlichen Mitarbeitern und den Gemeindemitgliedern“, schildert sie diesen Prozess. Der Schuldekan besuche den Religionsunterricht an der Schule sowie den Konfirmanden-Unterricht. Letzterer findet für die Wimsheimer Jugendlichen in Mönsheim statt.

Beim Gemeindeforum stellten sich nicht nur die Gemeindemitglieder selbst mit ihren Aktivitäten dar, sondern auch die Sicht von außen auf die Kirchengemeinde spielte eine Rolle. So kamen der Bürgermeister Mario Weisbrich und die Vorsitzende des Obst- und Gartenbauvereins Luise Pachaly zu Wort. Beide haben sich positiv geäußert, betont Werner Malthaner. Weisbrich habe auch die gute Nachbarschaft und Zusammenarbeit gelobt.

Bei der Visitation wird es eine Sitzung mit dem Kirchengemeinderat und einen Abschlussgottesdienst mit Dekan Vögele geben. Dieser ist für den 2. Juni vorgesehen. Es finden aber nicht nur viele Gespräche statt, sondern vieles muss auch schriftlich festgehalten werden. So erstellt die Kirchengemeinde einen sogenannten Gemeindeleitungsbericht, in dem die Ergebnisse und Anregungen aus dem öffentlichen Gemeindeforum aufgenommen werden. Der Gemeindeleitungsbericht dient dem Dekan und dem Schuldekan als Grundlage für ihre weiteren Gespräche und Besuche in der Kirchengemeinde.