Die sozialdemokratischen Parteichefs Esken und Walter-Borjans ringen mit der Frage, ob sie ausgerechnet Vizekanzler Olaf Scholz als Kanzlerkandidat ins Rennen schicken wollen. Für die beiden ist die Entscheidung eine heikle Angelegenheit.

Berlin - Pressekonferenzen des Hamburgers Olaf Scholz sind in den vergangenen Jahren häufig in etwa so unterhaltsam gewesen, wie einem Fischbrötchen beim Trocknen zuzugucken. In der Corona-Krise hat sich das geändert. Der Vizekanzler präsentiert nicht nur multimilliardenschwere Hilfsprogramme, die einen ganz schwindlig werden lassen. Der wegen seiner roboterhaften Rhetorik einst als Scholzomat verspottete Sozialdemokrat hat mit 62 Jahren auch noch einmal einen neuen Ton gefunden: Der Finanzminister spricht nun von „Bazooka“ und „Wumms“, wenn er die Regierungsbeschlüsse erläutert. Oder er zitiert die Popcombo Geier Sturzflug: „Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt, wir steigern das Bruttosozialprodukt.“Scholz macht damit Schlagzeilen. Neben Bundeskanzlerin Angela Merkel ist er der Krisenmanager in der Corona-Pandemie. Seine Beliebtheitswerte sind hoch, so hoch, dass sich viele in der SPD den Juristen als Kanzlerkandidaten wünschen. Sogar Vertreter des linken Lagers loben den Finanzminister, der früher zu ihrem Missfallen stoisch die schwarze Null verteidigte, wenn sie kräftig investieren wollten. Jetzt macht Scholz ohne mit der Wimper zu zucken Milliardenschulden, um die Wirtschaft vor dem Corona-Kollaps zu bewahren. Kein Frage: Er ist derzeit das Gesicht der SPD.